Tomaten oder Butter vergessen? Kein Problem, ein Klick, und Drohnen liefern das Gewünschte binnen Minuten direkt vor die Haustür. Fehlende Zutaten für das Abendessen könnten also bald aus der Luft kommen. Was manche heute noch für Luftschlösser halten, könnte in nicht allzuferner Zukunft Realität werden, zumindest wenn es nach dem Online-Händler Amazon geht. Der weltweit agierende Konzern hat gerade erst ein Patent für fliegende Warenhäuser angemeldet, die solche Drohnen bestücken.
Visionen und neue Technologien, wie die Lebensmittelversorgung einer wachsenden Weltbevölkerung aussehen könnte, haben Hochkonjunktur. Der Kampf um die Marktanteile der Zukunft ist in vollem Gang. Zugleich kontrollieren immer weniger Konzerne das Milliardengeschäft mit der Ernährung. Das zeigt der Konzernatlas, den eine Allianz von Sozial-, Hilfs- und Umweltorganisationen am Dienstag vorgelegt hat. Herausgeber sind Heinrich-Böll- und Rosa-Luxemburg-Stiftung, der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Oxfam, Germanwatch und die Monatszeitung Le Monde Diplomatique.
Sorgen bereitete den Autoren der Untersuchung vor allem die anhaltende Fusions- und Übernahmewelle in der Agrar- und Lebensmittelindustrie. "Wir haben es mit einem unglaublichen Prozess von Machtkonzentration zu tun, der die ganze Produktion vom Acker bis zum Supermarktregal betrifft. Konzerne bestimmen immer mehr, wie wir in Zukunft ernährt werden", sagt Barbara Unmüßig, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung. Sie verweist darauf, dass fünf der zwölf teuersten Übernahmen börsennotierter Konzerne in den vergangenen zwei Jahren die Agrar- und Ernährungsbranche betrafen.
Die Übernahme von Monsanto durch Bayer war dabei mit 66 Milliarden Dollar nicht die teuerste. Doppelt so groß war das Transaktionsvolumen beim Zusammengehen der Rivalen Dow und Dupont. Die Bierallianz von AB Inbev und SAB Miller brachte es auf 177 Milliarden Dollar. "Die wachsende Marktmacht einiger weniger Großunternehmen gefährdet eine bäuerliche, sozial und ökologisch ausgerichtete Landwirtschaft", sagt der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger.
Der Konzernatlas zeigt, dass das Bild von einer vielfältigen und bäuerlich geprägten Landwirtschaft überholt ist. Es sind einige wenige internationale Firmengruppen, die bestimmen, wie Pflanzen angebaut, Tiere gehalten und Lebensmittel verarbeitet und gehandelt werden. Das bleibt nicht ohne Konsequenzen für die Verbraucher. "Es wird uns suggeriert, dass es beim Essen nach wie vor eine große Vielfalt gibt. Tatsächlich ist die Wahlfreiheit aber eingeschränkt, weil in vielen Packungen oft das Gleiche drin ist", sagt Unmüßig, "die Großen können zudem stärker Preise diktieren". Das bekämen auch Bauern und andere Erzeuger zu spüren, die schon heute unter dem Preisdruck leiden, der von einigen wenigen Einzelhändlern ausgeht.