Kolumne "Eigener Herd":Knolle vorwärts

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Rote Bete mag als Saft und in Kombination mit Äpfeln ein Detox-Klassiker sein, doch in der Küche geht eindeutig mehr. (Foto: imago images/Ivannag82)

Rote Bete ist gesund und beliebt, doch selbst viele Fans wissen nicht, wie man die seltsam erdige Rübe zubereitet. Dabei lässt sie sich mit fast allem kombinieren. Eine kleine Rezeptreise.

Von Marten Rolff

Das Loblied auf die Rote Bete gehört zu den Allgemeinplätzen in der Küche. Seit die lange vergessene Rübe vor vielleicht 20 Jahren wiederentdeckt wurde, reißen die - manchmal fast schon zärtlich vorgebrachten - Komplimente nicht ab, wie gesund sie sei, vielseitig und köstlich sowieso. Nun ja, dito. Nicht ganz dazu passt die bis heute verbreitete Unsicherheit, wie denn diese seltsam süßlich-erdige Knolle genau zu verarbeiten ist. Zumal manche die Erdigkeit auch an ein ungelüftetes Kellerabteil erinnert, weshalb Rote Bete nicht nur Fans hat. Tatsache ist, dass man bei keinem anderen Gemüse so häufig gefragt wird, wie es sich denn kombinieren lässt und ob man vielleicht ein geeignetes Rezept wisse.

Die Antwort ist so einfach wie unbefriedigend allgemein: Rote Bete passt zu fast allem. Und man sollte sich angewöhnen, sie ähnlich bedenkenlos zu kombinieren wie Blattsalate, Gurke oder Kartoffeln.

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Aber beginnen wir mit den Basics. Den für mich entscheidenden Tipp habe ich vor vielen Jahren ausgerechnet in einem südindischen Kochbuch entdeckt: Einfach eine oder mehrere Beten schälen, mundgerecht würfeln, in einem Topf mit Salzwasser bedecken und - je nach gewünschter Bissfestigkeit - etwa 8 bis 15 Minuten köcheln lassen. Abgießen. Fertig ist der Grundstoff für die Bausteinküche mit Roter Bete.

Klar ist das banal. Unzählige deutsche Rezepte schlagen ebenfalls vor, Rote Bete zu kochen, allerdings im Ganzen und meist unter Zugabe von Kümmel, was zeitaufwendig ist und geschmacklich schon eine Richtung vorgibt. Die leicht salzigen Würfel hingegen sind schnell gegart, halten sich in der geschlossenen Dose einige Tage im Kühlschrank und sind ein Ausgangspunkt, von dem aus man in nahezu jede Richtung starten kann. Versprochen: Wer einmal frische Bete verarbeitet hat, lässt die eingeschweißte vorgekochte künftig im Gemüseregal liegen.

Kochen mit Bete-Würfeln ist wie Bauen mit Lego

Der schnellste Weg von Betewürfeln zum Salat führt über einen ordentlichen Klecks Sauerrahm verrührt mit gehackter Kresse als Dressing. Fertig. Das ist schlicht, aber effektiv, auch weil man sich durch die Schärfe der Kresse gleich den Pfeffer spart. Erweitern kann man ja immer, etwa durch lauwarme Kartoffelscheiben, durch kurz in der Pfanne angeröstete Sonnenblumenkerne, Rucola, Feld- oder Eichblattsalat. Das Dressing lässt sich sofort durch Vinaigrette ersetzen, toll für die Basis sind Oliven- oder Nussöl, Rotweinessig oder Balsamico, es ist endlos. Und wer es nordeuropäisch mag, kombiniert Bete- und Kartoffelwürfel mit Matjes, roten Zwiebelringen und Boskop. Dazu passt jetzt auch wieder Kümmel.

(Foto: N/A)

Wieder in eine völlig andere Richtung geht Kreuzkümmel (kurz anrösten, gern mit Bockshornkleesaat, und dann im Mörser mahlen). Mit der Bete teilt der Kreuzkümmel das erdige Aroma, doch seine Zitrusnoten und Fruchtigkeit haben auf sie eine Wirkung, als sei das muffige Kellerabteil an die Levanteküste verlegt und dort kräftig durchgelüftet worden. Apropos Levanteküche: Wo wir mit dem Kreuzkümmel jetzt quasi schon Richtung Nahost aufgebrochen sind, kann man dann auch anfangen, Pfeffer durch Chili zu ersetzen, alles mit etwas Zitronen- oder Limettensaft frisch abzurunden und Koriander zuzugeben.

Je weiter östlich man reist, desto fremder wirken die Zutaten. Wer Bete mit Kreuzkümmel, Joghurt, Dill und Zwiebeln oder Granatapfelkernen kombiniert, landet bei Raita. Und in dem südindischen Kochbuch, von dem zuvor die Rede war ("The Bangala Table"), geht es um Rote-Bete-Poriyal: Einfach schwarze Senfsaat, milde rote Chili, ein paar Zwiebelwürfel, wenige gelbe Linsen und viele Curryblätter kurz in etwas Sonnenblumenöl sautieren und damit die Betewürfel marinieren. Mit Kokosraspel ergänzen und mit Salz abschmecken, fertig ist die perfekte Curry-Beilage.

Das einfachste Rezept: Bete mit Schale auf die Grillkohle legen

Kochen mit Betewürfeln ist ein wenig wie das Bauen mit Lego. Fast alle Steine passen, wenn sie auch jeweils eine unterschiedliche Wirkung haben. Ein ganz neuer Kosmos eröffnet sich, wenn man von kalt zu warm wechselt und zum Beispiel die Betewürfel in der Pfanne erhitzt und mit frischen Thymianzweigen, gehackten Walnüssen und Feta oder Ziegenkäse kombiniert. Knoblauch dazu ist Geschmackssache, aber weil Bete so perfekt mit duftigem Thymian und harzigem Knoblauch harmoniert, gart der britische Koch Hugh-Fearnley-Whittingstall die Betewürfel mit beidem zusammen, allerdings im Ofen, im Alumantel mit etwas Olivenöl und Salz. Zu weiteren mediterranen Bete-Baukästen gäbe es viel zu sagen, doch leider fehlt hier der Platz dafür.

Experimentieren lautet die Devise. Und wenn doch mal die Lust dazu fehlt, bleiben immer noch die "Glut-Roten-Beten" des amerikanischen Koch-Idols Alice Waters ("The Art of Simple Food"), die aber nur an Grillabenden infrage kommen. Dafür die Bete im Ganzen und in der Schale direkt auf ein nur noch glühendes Holzkohlenest im Grill legen, 30 bis 40 Minuten garen und ab und zu wenden. Fertig ist die Rübe, wenn sich ein Messer butterzart reinstechen lässt. Bete schälen, aufschneiden und mit Essig, Öl, Salz und Pfeffer marinieren. Wunderbar!

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