Für ihn: Der König im Kamelhaar
Die Männer haben in diesem Jahr entweder gar nicht geglänzt (alle agierenden Kriegstreiber) oder durch blasse Abwesenheit (Kanzler). Oder sie haben es mit dem Bling-Bling übertrieben, so wie Pharrell Williams, der sich von Louis Vuitton einkaufen ließ und jetzt peinliche diamantenbesetzte Krokoledertaschen macht. Notabene: Jeder kann durch einen falschen Move für immer uncool werden. Nur König Charles ist immun gegen den Verlust der männlichen Würde. Nicht nur den karnevalistischen Akt der Krönung überstand er mit Anmut. Er übersteht schon seit Ewigkeiten alles. Egal, ob er auf Biomärkten Käse kostet, in Neuseeland Nasenküsse verteilt oder auf einer südpazifischen Insel Bastschürze überm Anzug trägt: Er sieht einfach immer fabelhaft aus.
Warum ist er unser Mann des Jahres? Weil er in einer Zeit, in der Dresscodes nur noch dazu da sind, in einer erbärmlichen Interpretation von Lässigkeit gebrochen zu werden, stets Kurs hält. Erstens trägt er vierzig Jahre alte Mäntel auf, was nachhaltig ist, aber natürlich nur mit Qualitätsware geht, die ja immer mehr zur Mangelware wird. Zweitens finden nur grobe Gemüter seine Anzug-Kamelhaarmantel-Kombos spießig und seine Dinosaurier-Krawatte exzentrisch. Die feineren Geister schätzen die maximale Hingabe, die in jedem Detail vom Einstecktuch bis zur Farb- und Musterabstimmung steckt. Könige wissen: Nur in zweiter Linie kleidet man sich für sich selbst - in erster, um dem Gegenüber Respekt zu erweisen. Von dieser Einstellung können wir im neuen Jahr mehr, sehr viel mehr gebrauchen. In diesem Sinne: God save the King.
Für sie: Die Prinzessin aus Pennsylvania
Taylor Swift wurde 2023 endgültig zum Hochleistungs-Star. Sie hält mit ihren Verkaufszahlen und Tourneen mittlerweile 101 Weltrekorde und ist in nahezu jeder Hinsicht groß: groß gewachsen, großartig und auch großzügig, was Spenden an Bedürftige oder Bonuszahlungen an ihre Crew angeht. Zusätzlich zu ihrer musikalischen Vielseitigkeit ist sie auch im Besitz eines unverwüstlich guten Aussehens und eines annähernd funktionierenden moralischen Kompasses, bei einem Auto würde man von Vollausstattung sprechen. Und wenn man ein wenig am Pathos-Wein gesüffelt hat, könnte man sagen: Die Swift hält als Letzte das alte USA-Schild hoch, ist also Beste in allen Klassen, hat dabei aber immer so ein Selfmade-Kaugummi-Lächeln. Außerdem ist sie, na ja, eben auch ziemlich weiß und mainstreamtauglich. Letzteres haben Amtsvorgängerinnen wie etwa Lady Gaga und Billie Eilish ja stets ein bisschen verweigert.
Frau Swift aber: Scheinbar frei von Marotten, immer voll auf die Zwölf und spätestens seit der Romanze mit dem Footballstar superamerikanisch, aber auch superselbstbewusst - Girlboss liebt halt, wen sie will. Ihr modischer Stil ist so wechselhaft wie der musikalische. In New York und jenseits aller Bühnen wirkte sie dieses Jahr oft so casual wie eine urbane 34-Jährige, die eben Erfolg im Job hat - befreit von Trenderfüllung und mit koketten Spuren vom Mädchen nebenan. Auf der Bühne der "Eras Tour" hingegen - viel Glitzerbody und sonstige jugendfreie Korsagen. Als würde sie sagen: Wenn's sein muss, mache ich euch eben auch noch die Victoria's Secret Show. Warum? Weil sie es kann. Es gab schon schlechtere role models für Mädchen.