Ladies & Gentlemen:Angesagt oder abgehängt

Lesezeit: 2 min

(Foto: Cos, Luis Morais)

Noch Retro-Schmuck oder schon Kitsch? Kordel- und Lederketten sind diesen Sommer wieder in.

Von Max Scharnigg und Julia Werner

Für sie: Schon veraltet

Jedes Jahr gibt es auf Tiktok und Instagram einen Sommerkettentrend. Fast alles war schon mal da: übereinander geschichtete, feine Goldketten in verschiedenen Längen, unregelmäßige Naturperlen, im vergangenen Jahr dann bunte Holzkugeln. Doch all das kann jetzt, wenn einem solche Petitessen wichtig sind, schön zurück ins Schmuckkästchen. Denn der aktuelle Trend ist reduziert auf das absolut Wesentliche - also auf einen Anhänger, der an einer Leder- oder Stoffkordel hängt. Die Tiktoker wissen das schon seit letztem Jahr, weil Jennifer Lawrence auf der Promo-Tour für ihren Netflix-Film "No Hard Feelings" genau das trug: einen kreisrunden, lackierten Holzanhänger an einem Band.

(Foto: Cos)

Die Älteren unter uns wird das an ihre Jugend in den Neunzigerjahren erinnern, als man sich mit Todesernst eine Lederkordel mit Perle um den Hals band. Aber natürlich sieht die moderne Version dann doch etwas anders aus als damals: Man trägt sie etwas lockerer, sodass der Anhänger auf dem Dekolleté liegt oder gleich auf Busenhöhe baumelt. (das hier zu sehende Modell ist von Cos). Der Witz liegt darin, sie nicht nur mit T-Shirt, sondern auch mit elegantem Blazer zu kombinieren - obwohl bisher die Strand-Hippies den Look für sich reserviert hatten. Die Kordel verleiht einem sofort die Aura der Bescheidenheit, Motto: Man braucht ja so wenig, um glücklich zu sein. Der Anhänger von Jennifer Lawrence war allerdings von Elsa Peretti für Tiffany, und um ganz ehrlich zu sein, ist es der schönste, den wir bisher gesehen haben.

Für ihn: Wieder jung

Die erste Kordelkette des Lebens, so will es das Gesetz, wächst während eines Urlaubs an den Jungmännerhals. Ersatzweise auch beim Besuch eines Musikfestivals. Bei diesen Gelegenheiten fühlt man sich als Mann traditionell erstmals locker, betrunken und erwachsen genug für das Thema Schmuck. Außerdem sind diese Umgebungen ja sozusagen fehlerverzeihend, und wenn sich der Vorstoß nicht bewährt, kann man Kettchen, Bänder und Co. ja im echten Leben schnell wieder verschwinden lassen.

(Foto: Luis Morais)

Die Kordel aus Leder oder Schnur macht es einem auch besonders leicht, denn sie enthält ja immer Spuren von Indiana Jones und Ureinwohnern und arbeitet im besten Fall also eine gewisse Urmännlichkeit heraus - bei gleichzeitiger Betonung der romantischen Ader, weil: Schmuck! Dass dieses simpel-halbwüchsige Accessoire nun wieder in den Sortimenten der Luxusausstatter auftaucht, hier etwa bei Mr Porter in einer Version mit emailliertem Anhänger, wirkt ein wenig wie ein demütiges Einlenken. Denn die letzten Jahre wurde versucht, mit Perlenketten und anderen großkalibrigen Klunkern das Schmucksortiment der Männer zu erweitern. So richtig mehrheitsfähig war das aber wohl doch nicht, sodass jetzt eben wieder durchdekliniert wird, worauf sich die meisten Männer phasenweise einigen können. Problematisch bleibt bei derartigen Ethno-Kordelketten aber der Look, mit dem sie meistens einhergehen: weit aufgeknöpfte Hemden, klaffende V-Ausschnitte, kollektive Unterhemdsärmeligkeit. Auf Festivals oder Ibiza mag dieser Look genau richtig sein, in der Stadt, im Alltag und jenseits der 40 wirken die meisten Männer darin plötzlich seltsam, ähm, abgehängt.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Ladies & Gentlemen
:Hoch die Hose!

Bei den Frauen schon bewährt, bei den Männern immer noch ungewohnt: Die aktuelle Mode lässt den Hosenbund wieder über den Bauchnabel oder noch höher laufen.

Von Max Scharnigg und Julia Werner

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: