Ladies & Gentlemen:Hoch die Hose!

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(Foto: Imago/Abacapress, Imago)

Bei den Frauen schon bewährt, bei den Männern immer noch ungewohnt: Die aktuelle Mode lässt den Hosenbund wieder über den Bauchnabel oder noch höher laufen.

Von Max Scharnigg und Julia Werner

Für sie: Höchstbequem

Auf ein Extrem folgt bekanntlich das andere, nicht nur in der Mode. Nach Jahren der auf den Laufstegen aggressiv angepriesenen tief sitzenden Hüfthosen geht der Bund jetzt also seit einiger Zeit wieder nach oben. Das ist eine Erleichterung, zogen sich die beiden wichtigsten Revivals, also Neunzigerjahre und Y2K (Nullerjahre), ja in mancherlei Hinsicht so zäh wie Kaugummi. Trotz dieser Zähheit wollte sich aber bis auf ein paar Hardcore-Fashionistas keine Frau wirklich dringend zurück in die Welt der beim Sitzen freiliegenden Po-Ritzen und rausblitzenden Unterhosen begeben.

(Foto: Imago/Abacapress)

Der stets wegweisende Designer Jonathan Anderson hat es als einer der Ersten nun wieder eingesehen und gibt dem Volk beim Label Loewe jetzt, was es wirklich will: Hosen, so high-waisted, dass sie fast bis zur Brust gehen. Um den Streckeffekt noch zu verstärken, ist der Schritt extralang. Wahrscheinlich hat es noch nie eine bequemere Hose gegeben, die, im Gegensatz zu vielen anderen Oversized-Modellen, dabei trotzdem ganz und gar elegant aussieht. Die Lösung für das Zu-langer-Pulli-Problem (verdeckt den Blick aufs Herzstück der Frau, die Taille) ist, wie wir hier sehen, auch schon eingebaut: die ganz oben eingesetzten Taschen bieten genug Platz für untätige Hände, wodurch das Oberteil immer schön oben gehalten wird, zum Schutz der Silhouette. Es ist also eine Hose zum achtsamen Flanieren und eher nicht zum Rumschlurfen mit Smartphone in der Hand. Aber so ein Verhalten ist ja auch ein bisschen gestrig und passt ohnehin besser zu Hüftjeans.

Für ihn: Detailfragen bleiben

Man hat's aber auch nicht leicht als Mann. Gerade erst hat man sich an den Anblick der hochgelegten Hosenbünde bei den Frauen gewöhnt und diese Silhouette als Mischung aus feministischer Wohlfühlmaßnahme und modischem Retroreiz begriffen, da trifft einen der Schlag selber: Die Laufstege waren zuletzt voll von Herrenhosen, deren Bund nicht mehr auf den Hüften, sondern auf Höhe des Bauchnabels und noch darüber verlief. Dieses, äh, Upgrade des Bundes ist natürlich nur eine logische Folge der neuen Hosenmode. Seit die Beine wieder weit schlackern und ausschwingen und allesamt aussehen wie Opas Anzughosen, macht der bisherige körpernahe Sitz knapp über dem Po keinen rechten Sinn mehr. Und wenn man ehrlich ist: Der hohe Hosenbund ist gar keine neuartige Spinnerei, sondern entspricht sowieso viel mehr der klassischen Herrenmode.

(Foto: Imago)

Wenn man sich erst wieder an den Anblick gewöhnt hat, bietet er eine deutlich elegantere Ausstrahlung und streckt die Gesamterscheinung. Problematisch ist aber durchaus, dass die hohe Hose ja den ganzen Look beeinflusst und heute eben nicht, wie früher, standardmäßig unter einer Anzugjacke getragen wird. Ein Hemd, das ungewohnt früh in die Hose geht, ist noch mal eine ziemliche optische Umstellung. Auch nicht alle Gürtel lassen sich in dieser Höhenlage gut einsetzen, im Grunde wären Hosenträger wohl oft besser. Die Mode, hier etwa ein Look von Loewe, tut natürlich, als wäre es das Normalste auf der Welt und lässt Tanktops, T-Shirts und sogar Pullover salopp unter der Brust verschwinden. Alle anderen dürfen sich aber langsam an dieses Hochgefühl herantasten.

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