Ladies & Gentlemen:Die Bier-Barbie und der Ibiza-Kutscher

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Simone Ballack und Heiko Grote auf dem Oktoberfest. (Foto: Hannes Magerstaedt/Getty Images)

Was trägt man im Käferzelt? Völlig egal, denn eine echte Tracht ist auf dem Oktoberfest sowieso nicht vorgesehen.

Von Max Scharnigg und Julia Werner

Für sie: Es lebe die Bier-Barbie!

Die Wiesn ist für die Geschmackspolizei eine niemals endende Zumutung: dieser schlechte Stil überall! Diese Spitzenschürzen, die zu offenherzigen Dekolletés im Landhausstil-Dirndl, die glänzenden Gesichter, die Fleischfresserei! Und die gefühlt eine Million Plastiknägel auf der legendären Damenwiesn der Regine Sixt, die zu den Takten von Roberto Blanco mitklackern, ist das wirklich Deutschlands weibliche Society-Elite? Ja, man kann das Ganze so schlecht gelaunt angehen, muss sogar, wenn man von all dem sehr weit weg ist. Aber wenn man mittendrin ist, dann gibt es nichts Langweiligeres, als Stilsicherheit inmitten all der ästhetischen Beleidigungen beweisen zu wollen, also sagen wir: in einem schlichten Baumwolldirndl, Ballerinas, einer hochgeschlossenen Body-Bluse und - neu - hübschen Mittsommernachtsblumenkränzen auf dem Kopf. Das alles hat mit bayerischer Tradition ja genauso wenig zu tun wie die Plastikdirndl, die sich Oktoberfest-Touris am Bahnhof kaufen. Die ganze Veranstaltung ist nun mal, was sie ist: eine lustige Kostümparty, für die man sich aus vollem Herzen entscheiden sollte. So wie Simone, Ex-Frau von Fußballer Michael Ballack, die sich hier an der Seite ihrer neuen Liebe in einem Outfit präsentiert, an dem einiges los ist. Spitzenschürze, Vichy-Karos, Stiefeletten und kompletter Blusenverzicht ergeben dann doch traditionellen Fußballergattinnen-Stil. Das Wichtigste aber ist die Farbe Pink, der Wiesn-Trend Nummer eins, klar, immer noch wegen des Barbie-Films. War der vielleicht doch kein feministisches Meisterwerk, fragt man sich also leise. Aber natürlich nur, wenn man sehr weit weg ist.

Für ihn: Alles kann, nichts muss

Vieles an diesem Wiesn-Outfit des Unternehmers Heiko Grote ist interessant, allem voran die Tatsache, dass man hier auf den ersten Blick eigentlich überhaupt keine bajuwarische Assoziation mehr hat. Schwarze Loafers, eine Lederhose, die getragen wird wie eine Bermuda, dazu ein Hemd, das in Farbe und Knopfreichtum eher als Bergmannstracht durchgehen könnte - kompletter Wahnsinn, einerseits. Andererseits ist es auch nicht weiter schlimm, denn die Wiesntracht war bekanntlich immer und noch mal mehr in den letzten Jahren, irgendwie ein Fantasieoutfit, das sich aus diversen Zutaten, Epochen und modischen Kompromissen zusammensetzt. Anders gesagt: Es ergibt im Käferzelt gar keinen Sinn, in den Outfits nach Authentizität zu suchen, das wäre so, als würde man bei McDonald's auf ein Butterbrot mit Schnittlauch beharren. Deswegen ist es übrigens auch keine kulturelle Aneignung, wenn Joe aus Texas in nagelneuer Volltracht durch das Schottenhamel-Zelt walzt - es gibt schlicht niemanden, der auf diese Kostümierung originären Anspruch erheben würde. Natürlich bemühen sich gewisse Teile der Münchner Schicki-Fraktion schon, so zu tun, als wären in ihrer Biografie tatsächlich Spuren vom Tegernsee enthalten. Dazu werden dann Großvaters Kropftücher und zerbeulte Hüte vom Dachboden wie Reliquien vorgezeigt. Aber dieses Beharren darauf, dass man selbst eine legitime und annähernd richtige Tracht trägt, während die anderen nur zugereist sind, ist doch zutiefst peinlich. Viel ehrlicher und lässiger ist es, wie Herr Grote anzukommen: in einem Look, der ziemlich deutlich macht, dass man Ibiza grundsätzlich dem Irschenberg vorzieht. Darauf eine Hugo-Mass!

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