Kolumne: In aller Munde:Korallen-Chips selbst machen

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Und oben kommt der Korallen-Chip drauf: Hier toppt er ein Dessert. (Foto: Georg Berg/Mauritius images/Alamy Stock Photos)

Suppen, Eiscreme und sogar Pasta werden jetzt ständig mit Korallen-Chips dekoriert. Werden sie bald so omnipräsent sein wie die übermäßig verteilten Balsamico-Creme-Spritzer?

Von Kathrin Hollmer

Was auf dem Teller liegt, ist immer Ausdruck des Zeitgeists, das gilt für das Gericht selbst und noch mehr für das Drumherum. Zumindest etwas Deko findet man in jedem Restaurant, und sogar wenn sie ganz fehlt, sagt das etwas aus, frei nach dem Kommunikationswissenschaftler Watzlawick: Der Teller kann nicht nicht kommunizieren. In den Siebzigern wurden Kunstwerke aus Radieschen geschnitzt, in den Achtzigern wurde es exotisch, mit Physalis und Sternfruchtscheiben auf dem Tellerrand. In der Hochzeit der Nouvelle Cuisine wurden die Garnierungen filigraner, mit Soßentupfern und -strichen und einzeln drapierten Schnittlauchstängeln. Die Nullerjahre machten nicht nur die Molekularküche groß, sondern brachten auch die Balsamico-Creme auf die hiesigen Teller.

Ein paar Spritzer Crema di Balsamico sollten selbst aus den traurigsten Tomaten- und Mozzarellascheiben eine stolze Insalata Caprese machen. Also wurde geträufelt, mal mehr, mal weniger großzügig (leider oft mehr), irgendwann nicht nur auf italienische Vorspeisen, Pizza und Pasta, sondern - ja, eigentlich auf alles. Jeden Salat, das Schnitzel und sogar das Linsencurry in der Kantine. Dabei passt der süß-säuerliche Geschmack zu vielen Gerichten nicht und überdeckt ungewollt Aromen. Außerdem: Wenn ein Trend in der Bürokantine angekommen ist, ist er wirklich vorbei.

Es ist ganz einfach, sie selbst zu backen

Abgelöst wird die Balsamico-Creme gerade von "Korallen-Chips": zarte Hippen mit Korallenmuster, die zum aktuellen Trend zur Natur auf dem Teller passen. Dort liegen im Moment oft Blüten, Kräuter oder, etwas aufwendiger, essbares Moos (aus Biskuit-Teig mit Lebensmittelfarbe), essbare Erde (zerbröselter Schokokuchenteig) oder eben: Korallen-Hippen. Sie toppen das Lachstatar, die Suppe oder eine Kugel Eis und machen schon deshalb etwas her, weil man sie so nirgends kaufen kann. Man muss sie selbst backen, was einfacher ist, als man denkt. Sie bestehen nur aus drei Zutaten: Wasser, Öl und Mehl.

Für acht Chips vermischt man 60 ml Wasser, 60 ml Pflanzenöl und einen gut gehäuften EL Mehl (Typ 405) zu einem glatten Teig. Den gießt man esslöffelweise in die Mitte einer heißen Pfanne (mittlere Temperatur) ohne Öl. Er läuft auseinander und bildet Bläschen. Sobald das Wasser verdampft ist und sich keine neuen Bläschen mehr bilden, nimmt man ihn vorsichtig heraus und lässt ihn gut auf Küchenpapier abtropfen. Wenn man mehrere Chips bäckt, muss man die Pfanne jedes Mal vorsichtig trockenwischen.

Korallen-Chips passen zu pikanten und süßen Speisen. Für pikante kann man sie mit etwas Paprikapulver orange, mit Algenpulver grün oder mit Kurkuma gelb färben. Süß werden sie mit Zimt, Matcha- oder Kakaopulver. Nun können viele Gerichte etwas Crunch vertragen, gerade Suppen oder Pürees, auch Desserts wie Mousse au Chocolat oder Eis, und die filigranen Chips bringen, dezent eingesetzt, Haute-Cuisine-Flair auf den Teller. Auf Instagram sind sie schon überall: Sie schmücken, im Ganzen oder in Stücke zerbrochen, Sushi und Glasnudelsalat, rosa gebratenes Rinderfilet, einen Teller Pasta oder ein blasses Erbsen-Karotten-Gemüse, Kuchenstücke und Drinks. Noch erntet man dafür zuverlässig überschwängliches Lob in den Kommentaren ("mega", "einfach nur WOW"). Aber Vorsicht: Es dauert nicht mehr lange, bis der Korallen-Chip in der Kantine angekommen sein wird.

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