Blumensträuße:Ein Bund Eskapismus

Lesezeit: 4 min

Sommer, bitte kommen! Noch braucht man etwas Geduld, bis die Blumen in dieser Vase auf dem Fensterbrett stehen. (Foto: Al Wayztravelin/mauritius images)

Dringend gute Laune erforderlich? Ein bunter Strauß ist eine willkommene Ablenkung in schwierigen Zeiten. Wie man Blumen richtig in Szene setzt und was man beachten muss, damit die Blüten länger schön bleiben.

Von Julia Rothhaas

Auf dem Küchentisch leuchten rote Tulpen in einer Glaskaraffe vom Flohmarkt, im Wohnzimmer entfalten sich in einem Krug nach und nach rosafarbene Quittenblüten an langen Zweigen, auf dem Nachtkästchen wiederum beruhigt der Blick auf zarte Rosenköpfe den krisengeplagten Kopf vorm Einschlafen. Wenn die Welt tobt, braucht es noch mehr als sonst: frische Blumen. Damit das Bunt auf dem Tisch besonders schön zur Geltung kommt - und besonders lange schön bleibt -, helfen ein paar Kniffe.

Was für ein Strauß darf es sein?

Eine Handvoll Bunt ist der perfekte Kurzurlaub vom Weltgeschehen. Gelb und Blau, Pink und Violett: Der alte Spitzbub Frühling weiß sehr genau, dass Knallfarben das Herz gerade höher hüpfen lassen. Auch bei Karin Heimberger stehen der Jahreszeit entsprechend Zwiebelblumen in den Vasen wie Tulpen und Narzissen, Ranunkeln und Freesien, "die öffnen sich nach und nach und duften einfach wunderbar". Die Herausgeberin des liebevoll gestalteten Blumenmagazins Let it bloom beobachtet seit einigen Jahren, wie sich die Vorstellungen vom perfekten Strauß verändert haben - weg vom starr gesteckten Bouquet hin zu natürlich wirkenden und locker gesteckten Sträußen oder auch nur einzelnen Blüten in der Vase. Wer seinen Strauß selbst zusammenstellen will, dem empfiehlt sie: "Am besten erst Blattwerk in die Vase geben, um ein Gerüst zu schaffen. Dann tut man sich leichter, einzelne Blüten zu arrangieren."

Blumensträuße lassen sich eine Weile lang gut variieren, indem man Verblühtes herausnimmt und neue Blüten dazusteckt. (Foto: Mandy Reschke/mauritius images / Westend61)

Welche Vase für welche Blumen?

Vasen kann man nicht genug haben, findet Karin Heimberger. "Was für andere Schuhe sind, sind für mich Vasen", so die Münchnerin. Für eine ausgewogene Vielfalt reichen allerdings ein paar klassische Formen; ausgefallenere wie die wellenförmige Glasvase von Alvar Aalto für Iittala lassen sich hingegen schwer befüllen.

Kunsthandwerk
:Guter Ton

Valencia lässt sich in diesem Jahr als "Weltdesignhauptstadt" feiern. Besonders machen dabei Keramikkünstler auf sich aufmerksam, die Traditionen auf den Kopf stellen

Von Karin Janker

Die bauchige Vase: Üppige Sträuße machen sich in bauchigen Vasen gut; die Stiele haben genug Platz und die Blumen bekommen ihren Auftritt, ohne aneinander zu kleben. Perfekt geeignet ist sie für schwere Blüten wie Pfingstrosen oder Hortensien, die am Rand Halt finden.

Die hohe, gerade Vase: Hier fallen locker gesteckte oder minimalistische Sträuße zur Seite, aber nicht auseinander. Auch einzelne Blüten mit aufrecht stehenden Stielen oder Zweige wie die gelb leuchtende Forsythie fühlen sich hier wohl.

Der Krug: Solche Vasen findet man in großer Vielfalt auf dem Flohmarkt. Sie nehmen zwar viel Platz im Küchenschrank weg, dafür kommt Langstieliges wie Lilien, Gladiolen oder Gräser besonders gut zur Geltung. Beim Arrangieren am besten einzelne Stiele über Kreuz stellen, damit der Strauß dann besser steht. Wer es nicht übers Herz bringt, die undichte Lieblingsvase wegzuschmeißen: Einfach ein leeres Marmeladen- oder Gurkenglas hineinstellen und als Vase in der Vase verstecken.

Dänischer Klassiker unter den bauchigen Vasen: "Omaggio" von Kähler, 20 Zentimeter hoch (ab ca. 30 Euro). (Foto: Hersteller)

Für Minimalisten: Floristen nutzen für besseren Halt gern einen Steckigel, ein Rund aus Metall mit Nägeln, das auf den Boden kommt und auf das man einzelne Stiele spießen kann. Es gibt auch extra Ikebana-Vasen mit Einsatz, in den einzelne Blüten gesteckt werden. Allerdings kann man Blumen auch stützen, indem man (Floristen-)Tape kreuz und quer als Gitter über die Vasenöffnung klebt. Alternativ knüllt man etwas Hasendraht zusammen, legt das Gebilde auf den Boden und nutzt die Öffnungen im Metall als Stütze.

Die Mini-Vasen: Ob einheitliches Set vom Designer oder zusammengewürfeltes Durcheinander vom Flohmarkt - Mini-Vasen in unterschiedlichen Formen und Größen eignen sich für kleinere Blumen wie Schneeglöckchen, Primeln, Traubenhyazinthen oder Vergissmeinnicht. Außerdem finden hier abgebrochene Blüten, Mitbringsel vom Mittagsspaziergang oder Überbleibsel aus verblühten Sträußen ihren Platz.

Wie bleibt ein Strauß länger schön?

Solange es noch kalt draußen ist, müssen sich viele Sorten erst mal an die wärmere Raumtemperatur gewöhnen. Die britische Blumenexpertin und Autorin Louise Curley ("Frische Blumen!", Gerstenberg-Verlag, aktuell nur gebraucht zu erwerben) rät, Tulpen zunächst für einige Stunden fest in Zeitungspapier zu wickeln und in einen Eimer Wasser zu stellen. Damit sollen sie länger schön und gerade bleiben. Tulpen wachsen im übrigen in der Vase weiter. Ein bisschen einbremsen kann man sie, in dem man ihnen nicht zu viel Wasser auf einmal gibt. Alternativ kann man die Stängel unterhalb der Blüte mit einer Nadel vorsichtig durchbohren.

Ausgefallene Form: Die Vase "Muse" von Fundamental Berlin wird von Glasbläsern in Böhmen hergestellt (149,90 Euro). (Foto: Hersteller)

Dicke verholzte Rosen- oder Fliederstiele für die Vase platt klopfen - davon hält Louise Curley hingegen nichts. Vielmehr erschwere man den Stielen so die Wasseraufnahme und bietet Bakterien durch die dann im Wasser treibenden Teilchen Futter (deswegen auch immer die untersten Blätter entfernen, bevor man Blumen in die Vase gibt!). Besser: im flachen Winkel anschneiden und etwa 2,5 cm tief in der Mitte spalten. Blumen wie Mohn, Rosen oder Dahlien bleiben länger frisch, wenn ihre Enden für wenige Sekunden in heißes Wasser getaucht werden, so Curley.

Apropos Wasser: Neben dem Frischhaltemittel vom Floristen schwören manche auf etwas Zucker und einen Schuss (Apfel-)Essig oder einen Krümel Aspirin. Tatsächlich bleibt der beste Trick: alle zwei Tage die Vase reinigen, die Stiele frisch abschneiden und das Wasser wechseln. Weiß jeder, macht nur keiner. Wer Narzissen kauft, stellt sie nach dem Anschnitt am besten erst mal gesondert in eine Vase, da sie Schleim absondern, den andere Blumen nicht gut abhaben können. Blumensträuße sollte man nicht zu nahe an Obst und Gemüse platzieren, weil manche Sorten das Reifegas Ethylen freisetzen - was die Nachbarn schneller welken lässt.

Sind die Blumen endgültig verblüht, macht man sich und seinem nächsten Strauß eine große Freude, wenn die Vase richtig sauber ist. In den Ablagerungen, die Pflanzenstiele hinterlassen, stecken Bakterien, die die Lebensdauer von Schnittblumen verkürzen. Altes Hausmittel, weil nicht jede Vase in die Spülmaschine kann: Wasser samt unverdünnten Tafelessig oder zwei bis drei Esslöffel Zitronensäure oder Backpulver für ein paar Stunden hinzugeben, dann ausspülen.

Für abgeknickte Blüten und Mitbringsel vom Spaziergang: Mini-Vasen-Set in Taupe von Studio Drei (54 Euro). (Foto: Hersteller)

Wo kauft man am besten seine Blumen?

Lange Transportwege, Pestizid-Booster, Ausbeutung von Mensch und Natur: Wer Blumen daheim stehen haben will, darf sich schon auch fragen, unter welchen Bedingungen sie angebaut wurden und ob die Rose aus Ecuador tatsächlich ein sinnvoller Kauf ist. Freude an Blumen - das bedeutet manchmal eben auch Verzicht, so wie man das Schälchen Erdbeeren halt auch nicht im Dezember kauft. Viele Floristen setzen jedoch vermehrt auf saisonale wie regionale Blumen (u.a. slowflower-bewegung.de).

Die Britin Louise Curley ermuntert Gartenbesitzer hingegen, Schnittblumen selbst anzubauen, und empfiehlt für den Einstieg Dahlien, Bartnelken, Schmuckkörbchen, Kornblumen, Rittersporn und Duftwicken. Derlei Farbexplosionen lassen sich leider noch ein bisschen Zeit, bis sie uns Freude bereiten. Bis dahin gilt, was schon Komponist Max Reger befand: "Es geht auch ohne Blumen. Aber nicht so gut."

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Selfcare
:Schaum mal!

Sie ist nicht nur der kleinste Kurort der Welt, sondern auch gut gegen die Nebenwirkungen der Pandemie. Ein Loblied auf die Badewanne.

Von Julia Rothhaas

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: