Rechtskolumne:Raten fürs Haus zurückhalten - darf man das?

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Wand für Wand wächst das Haus. Bezahlt wird in Raten: Erst wenn ein Bauabschnitt fertiggestellt ist, muss das Geld dafür überwiesen werden. (Foto: Rolf Poss/imago images)

Der Bau des Eigenheims geht nicht so schnell voran wie geplant oder es zeigen sich ärgerliche Mängel? Wie man Druck machen kann.

Von Eva Dignös

Das große Abenteuer beginnt mit einer kleinen Unterschrift. Oft steht noch keine einzige Wand, wenn der Bauvertrag für das eigene Haus oder die eigene Wohnung unterzeichnet wird. Man lässt sich ein auf ein Projekt, das sich über Monate, wenn nicht Jahre hinziehen kann, mit vielen Unwägbarkeiten und gewaltigen Auswirkungen auf den Kontostand.

Immerhin gilt auf dem Bau noch nicht das Prinzip der Vorkasse: Bezahlt wird in Raten, und zwar immer erst dann, wenn der jeweilige Bauabschnitt fertiggestellt ist. "Das Bauunternehmen ist in der Vorleistungspflicht. Die Höhe der Rate soll dem Wertzuwachs entsprechen", sagt Wendelin Monz, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht in Potsdam und Vorstand des Bauherren-Schutzbundes, einer gemeinnützigen Verbraucherorganisation, die sich für die Interessen privater Bauherren einsetzt. Das Vorgehen klingt in der Theorie logisch und nachvollziehbar - und wirft in der Praxis gleich ein paar Fragen auf: Wie weiß der Laie, ob die vereinbarte Rate tatsächlich dem Wert der Wände, Fenster und Böden entspricht, um die das Haus in den vergangenen Wochen gewachsen ist? Was passiert, wenn der Bau stockt? Oder Leitungen falsch verlegt wurden? Muss man trotzdem zahlen?

Vereinbart wird der Zahlungsplan zusammen mit dem Bauvertrag. Wobei "vereinbart" den Vorgang eigentlich nicht ganz korrekt beschreibt: "Als privater Bauherr kann man den Zahlungsplan in der Regel nicht selbst bestimmen, sondern bekommt ihn von der Baufirma vorgegeben und hat allenfalls in einzelnen Punkten noch die Möglichkeit nachzuverhandeln", sagt Monz.

Festgelegt werden keine Zahlungstermine, sondern Baufortschritte sowie der Anteil an der Gesamtsumme, der nach Abschluss der Arbeiten entrichtet werden muss. Geht es langsamer voran als geplant, muss auch noch nicht gezahlt werden.

Teure Leistungen wie die Ausstattung des Badezimmers sollten separat im Zahlungsplan genannt werden

Trotzdem gibt es einige Punkte im Zahlungsplan, die sich Bauherren vor der Unterschrift genau anschauen oder, noch besser, von Menschen mit Fachkenntnis prüfen lassen sollten. Denn ob er tatsächlich ausgewogen ist, also nicht mehr Geld verlangt wird, als das Objekt gerade an Wert gewonnen hat - das lässt sich für einen Laien nur schwer einschätzen, ist aber ein ganz entscheidender Faktor: "Zahlen Bauherren zu viel, ist das Geld im Falle einer Insolvenz des Bauunternehmens in der Regel verloren", sagt Monz. Es fehlt dann für die Fertigstellung von Haus oder Wohnung.

Ein Anhaltspunkt: Der Rohbau einschließlich Dach sollte nicht mehr als 50 Prozent der Gesamtkosten ausmachen. Und noch einen Tipp hat der Baurechtsexperte: Teure Leistungen wie Heizung, Böden oder Badezimmerausstattung sollten nach Möglichkeit auch irgendwo explizit im Zahlungsplan genannt werden. "Sonst zahlt und zahlt man, die Arbeiten werden aber nicht erledigt. Wenn das Unternehmen dann kurz vor der Fertigstellung pleitegeht und die Heizung immer noch nicht eingebaut ist, dann steht man oft vor hohen zusätzlichen Kosten."

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Vorlagen, an denen sich der Laie orientieren kann, gibt es ansonsten nicht: Je nach Projekt sehen Zahlungspläne ganz unterschiedlich aus. Bei einem Fertighaus beispielsweise, das in kurzer Zeit hochgezogen werden kann, sind es weniger, aber dafür höhere Raten als bei einem Einfamilienhaus, an dem viele verschiedene Handwerker beteiligt sind.

Aber einige gesetzliche Vorgaben gibt es durchaus. So darf die erste Rate erst verlangt werden, wenn tatsächlich schon Arbeiten ausgeführt wurden. "Manchmal ist sie schon mit der Unterschrift unter den Bauvertrag fällig", sagt Monz: "Das ist nicht zulässig." Die erste Rate muss auch nicht komplett überwiesen werden: Fünf Prozent der Bausumme darf der Bauherr bei einem Verbraucherbauvertrag - darunter versteht man einen Vertrag zur Errichtung eines neuen Gebäudes oder für erhebliche Umbaumaßnahmen - gleich einmal einbehalten, als sogenannte Fertigstellungssicherheit. Alternativ kann das Unternehmen eine Bürgschaft anbieten. "Für den Verbraucher ist das Geld immer die sicherere Alternative. Allerdings darf die Baufirma entscheiden, in welcher Form diese Sicherheitsleistung gewährt wird."

Um welchen Betrag sie die Abschlagszahlungen kürzen sollten, ist für Bauherren oft schwer einzuschätzen

Gekürzt werden dürfen die Abschlagszahlungen, wenn während des Baus Mängel auftreten, und zwar "bis zum Doppelten der Mängelbeseitigungskosten", sagt der Baurechtsexperte. Wobei Bauherren - zumindest wenn sie Bau-Laien sind - auch hier wieder vor dem Problem stehen, solche Kosten nur schwer einschätzen zu können. "Wenn man niemanden hat, der den gesamten Bau fachlich begleitet, dann braucht man dafür oft einen Gutachter", sagt Monz.

Die letzte Rate muss beim Verbraucherbauvertrag mindestens zehn Prozent der Gesamtkosten betragen. Sie wird erst bezahlt, wenn der Bau abgenommen ist - "das ist zusammen mit den schon zu Baubeginn zurückgelegten fünf Prozent also die Summe, die der Verbraucher zur Verrechnung mit eigenen Ansprüchen, etwa wegen Mängeln, verwenden kann", sagt Monz.

Nicht nur ein Bauunternehmen kann auf dem langen Weg zum Traumhaus in finanzielle Schwierigkeiten geraten, sondern auch der Auftraggeber. Aufschub bei den Ratenzahlungen ist im Zahlungsplan jedoch nicht vorgesehen. Die Konsequenzen können gravierend sein, warnt Monz: "Wenn der Verbraucher nicht zahlt, dann kann der Auftragnehmer die Arbeit einstellen, unter Umständen sogar vom Vertrag zurücktreten und Schadenersatz verlangen."

Die Autorin hat etwas gegen Stürme im Wasserglas. (Foto: Bernd Schifferdecker (Illustration))
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