Kolumne "Eigener Herd":Fast schon eine Tarte Tatin

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Ganz so kunstvoll wie diese Apfeltarte sieht Gâteaux aux pommes am Ende nicht aus, das Ergebnis ist geschmacklich aber ähnlich. (Foto: xcavanimagesx/IMAGO/Pond5 Images)

Wie man aus fünf Boskop-Äpfeln, Zimt, Zucker, Honig und etwas Speisestärke ein großartiges Dessert bastelt.

Von Marten Rolff

Rezeptvideos sind ein zweischneidiges Vergnügen, denn oft ist die Faszination, die von ihnen ausgehen kann, gleichzeitig ihr Problem. Die Zeitspanne, in der sich auf Social Media entscheidet, ob ein (potenzieller) Follower hängen bleibt, liegt nicht selten bei weniger als einer Sekunde, weshalb erfolgreiche Videos meist eben noch ein wenig rasanter unterwegs sind als alle anderen - und noch stärker auf Effekte setzen.

So bleibt vieles banal, oft geht es schlicht um Gerichte, bei denen Optik wichtiger ist als Geschmack. Das andere Extrem - nicht weniger ermutigend - ist die schiere Brillanz. Leider war einem in den ästhetisch überwältigenden 40 Sekunden des Zeitraffer-Videos dieser tollen italienischen Bäckerin zunächst gar nicht aufgefallen, wie anspruchsvoll ihre Gemüsetartes sind. Schließlich sah alles so einfach aus. Und warum bloß erinnern die filigranen Teiggitter ihrer Tartes an venezianische Klöppelspitze und die auf der eigenen später an grobes Wurstgewebe oder den Fimo-Basteltag in der Kita? Tja, womöglich liegt es einfach daran, dass die Frau sich seit zwanzig Jahren mit Teig beschäftigt.

Doch wie nun orientiert man sich zwischen diesen Extremen? Findet all die schönen Rezept-Perlen, die das Genre zweifelsohne auch hervorbringt? Die Antwort ist eine Binse: Gute Küche, auch die einfache, erfordert Zeit, egal was einem Zeitraffer-Videos oder Kochbücher mit dem Titel "Das 15-Minuten-Menü" versprechen. Am Ende wird es darauf hinauslaufen, sich den 40-Sekunden-Clip 13 bis 22 Mal anzusehen, um ihn auf seine Machbarkeit zu überprüfen. Danach hilft nur: probieren, probieren, probieren.

Kakao-Crêpe-Torten und Citrus-Crème-brûlée

Die gute Nachricht ist: Oft lohnt sich das. Denn es gibt sie ja, die brillanten Präsentatoren, die Ästhetik und Faszination mit Machbarkeit und Nutzwert verbinden. Man muss eben (mehr als) zweimal hingucken. Zu ihnen gehört zum Beispiel der Lyoner Konditor und Küchenchef Armand_Hasanpapaj (322 000 Follower), der auf Instagram hauchzarte Kakao-Crêpes mit Chantilly- und Mascarpone-Creme zu eindrucksvollen Torten stapelt, ausgehöhlte Bio-Clementinen mit Citron Crème brûlée füllt oder selbstgemachte, goldbraune Mini-Foccaccias mit süßem Zwiebelconfit belegt; effektvoll, aber stets mit Substanz.

Ein besonders schönes Rezept ist sein teigloses Millefeuille aus geschichtetem Apfel (gâteaux aux pommes), für das man nur ein paar süßsauere Äpfel (Boskop, Elstar), Honig, Zimt, wenig Zucker und etwas Speisestärke (Maizena) braucht und nicht allzu viel Zeit. Das Ergebnis ist ein warmweicher, tiefgolden durchkaramellisierter Apfellaib, der schmeckt wie nicht zu süßes Fruchtkonfekt und sich toll zu verschiedenen Desserts kombinieren lässt.

Für das Rezept 4 bis 5 (je nach Größe) Boskop-Äpfel schälen und mit einem Gemüsehobel in feine Scheiben schneiden (am besten jeden Apfel auf zwei Seiten bis zum Kerngehäuse hobeln). In einer Schüssel 40 g Maizena mit 30 g Zucker (am besten Puderzucker, ist aber kein Muss) und 1,5 TL Zimt mischen. Eine Kastenform mit Backpapier auskleiden und den Boden mit 5 EL Honig (alternativ geht Maple oder Golden Sirup) bestreichen. Nun alle Apfelscheiben leicht überlappend in der Form schichten und jede Schicht dünn mit der Zimt-und-Zucker-Mischung bestreuen. Die letzte Schicht kann man auch mit etwas Honig bestreichen. Die Kastenform mit Alufolie abdecken und für etwa 1,5 Stunden im vorgeheizten Ofen bei 180 Grad (Umluft) backen. Am Ende die Tarte leicht abkühlen lassen, auf ein Brett stürzen und das Papier vorsichtig abziehen. Wenn die Tarte (sehr streng genommen ist es weder Tarte, noch Millefeuille, noch Gâteaux, aber "Fruchtfladen" will man eben auch nicht sagen, das wäre eine grobe Untertreibung) zu flach wirkt: Nicht irritieren lassen, in daumendicke Scheiben geschnitten wirkt sie besser. Dazu passen Vanilleeis, ein paar gehackte geröstete Walnüsse, Schlagsahne und ein Schuss Whisky.

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