Zweite Liga:Gutbürgerlich Richtung Drittklassigkeit

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Ziemlich am Boden: Aygün Yildirim und seine Regensburger Kollegen stecken tiefer denn je im Tabellenkeller. (Foto: Andy Buenning/Eibner/Imago)

Jahn Regensburg verliert das wichtige Spiel beim Abstiegskonkurrenten Hansa Rostock. Trainer Selimbegovic bemüht Durchhalteparolen, während von den Fans mehr zu vernehmen ist als von der Klubführung.

Von Stefan Galler

Schon die allerersten Reaktionen nach dem Schlusspfiff machten deutlich, wie sehr diese Niederlage ins Kontor geschlagen hatte: Benedikt Gimber, immerhin Kapitän und Leitfigur beim SSV Jahn Regensburg, entgegnete auf die Frage eines Sky-Reporters, was ihm Mut machen würde für die verbleibenden drei Spiele, ziemlich unverblümt: "Direkt nach dem Spiel sehr wenig." Und auch Stürmer Andreas Albers wirkte ziemlich angeschlagen: "Es muss viel besser werden in den nächsten Spielen, sonst haben wir nichts zu tun in der zweiten Liga."

Vermutlich meinte der Däne, dass man in der zweiten Liga nichts zu suchen habe, wenn man sich nicht steigere - denn genau dieser Gedanke drängte sich bei der 0:2 (0:1)-Auswärtsniederlage am Samstag bei Hansa Rostock auf: Dass der Jahn einfach in zu vielen Partien zwar mitspielen, aber in letzter Konsequenz doch nicht wirklich mithalten kann, selbst mit einem Gegner, der in dieser Saison wahrlich auch noch keine Bäume ausgerissen hat. Aber der Trend sprach schon vor dem Spiel für das Team von der Ostsee, das gegen die Oberpfälzer den dritten Sieg nacheinander einfuhr und nun schon vier Zähler über dem Strich liegt.

Dagegen Regensburg: Sechs Partien ohne Sieg, vier Punkte weg vom rettenden Ufer, desillusionierte Spieler und ein Trainer, bei dem man sich fragt, ob er selbst überhaupt noch an eine Wende glaubt: "Mit dieser Leistung können wir keine Spiele gewinnen, vor allem nicht hier in Rostock", sagte Mersad Selimbegovic nach der Partie am Samstag. "Auf allen Ebenen war die Mannschaftsleistung zu wenig. Es fehlte heute auch der Zug zum Tor. So ist es am Ende verdient, zu verlieren."

Die Partie sei ein "Abnutzungskampf" gewesen, bilanzierte der Jahn-Übungsleiter, das 1:0 habe man hergeschenkt, weil man einen Einwurf selbst "scharfgemacht" habe. Dann schlug Rostocks Lukas Hinterseer zwar über den Ball, doch Kai Pröger erfasste die Situation schneller als alle Regensburger Verteidiger und schloss aus kurzer Distanz zur Hansa-Führung ab (34.). Schon lagen die Gäste wieder hinten, und das in einem Spiel, in dem es bis dahin keine wirklichen Torchancen gegeben hatte.

Eine solche vergab nach der Pause Regensburgs Kaan Caliskaner, als er nach Flanke von Scott Kennedy völlig frei zum Kopfball kam, diese jedoch zu hoch ansetzte (56.). Doch das war es auch schon, was zwingende Gelegenheiten zum Ausgleich betrifft. Rostocks Einwechselspieler John Verhoek erhöhte schließlich auf 2:0, weil er nach einem abgefälschten Schuss von Kevin Schumacher und Parade von Jahn-Torwart Jonas Urbig den Schädel hinhielt (80.). "So wie es bei uns im Moment ist, fällt der Ball dem Stürmer auf den Kopf und nicht einem von unseren zwei Verteidigern", lamentierte Trainer Selimbegovic in der Pressekonferenz nach dem Spiel.

Im Internet toben die Fans: "Unsere Spielerqualität ist einfach unter aller Kanone und nicht zweitligatauglich."

Von diesem Gegentor erholte sich der Jahn nicht mehr, und die Anzeichen verdichten sich, dass am Ende von fünf Jahren Zweitklassigkeit der Abstieg stehen wird, auch wenn der Coach die in dieser Situation gewohnten Durchhalteparolen bemühte: "In den letzten drei Spielen wollen und müssen wir jetzt jeweils drei Punkte holen. Wenn wir alles reinhauen, haben wir diese Chance noch", sagte er. Im Verein sei man "immer noch überzeugt, dass wir es schaffen können".

Das sieht der Anhang der Regensburger anders. Im Internetforum "Jahnfans.de" reagieren diese ungehalten auf den drohenden Abstieg: "Es gibt keine Ausreden: Unsere Spielerqualität ist einfach unter aller Kanone und nicht zweitligatauglich! So ehrlich muss man sein", schreibt ein User. Als Verantwortliche werden neben dem Trainer, dem mehrere Anhänger die Kompetenz absprechen, eine Zweitligamannschaft zu führen, auch Präsident Hans Rothammer und die sportliche Leitung um Tobias Werner genannt. Zu hören war von den Entscheidern am Wochenende: nichts.

Auch diese fehlende Reaktion werfen die Fans den Chefs vor. Zumindest im Netz schlagen die Emotionen hoch. Dass der SSV Jahn abgesehen davon ziemlich geräuschlos auf dem Weg in die dritte Liga ist, überrascht in der Oberpfalz nicht jeden. Ein User schreibt: "So sind wir halt. Gutbürgerlich, brav, langweilig. Kein Verein und keine Fanszene der Welt hätte da so lange zugesehen."

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