Zweite Bundesliga: 1860 München:Im Jahr VI n.W.

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Die DFL-Sanktion für die Löwen ist ein Warnschuss zur rechten Zeit. 1860 München verheizt dutzende Funktionäre - und kann sich dennoch nicht von der Vergangenheit lösen.

Gerald Kleffmann

Längst steht fest, dass 1860 München kein normaler Klub ist, er zieht das Unglück magnetisch an. Mysteriös ist, dass kein Aufreger dem anderen gleicht, Sigmund Freud hätte seine Freude an diesem Patienten gehabt. Nun also wurden der Mannschaft zwei Punkte abgezogen, was an 1982 erinnert.

Die lange Zeit prägende Figur bei 1860 München: Ex-Präsident Karl-Heinz Wildmoser. Er starb am 28.07.10. (Foto: ddp)

Damals wurde den Löwen allerdings die Lizenz ganz genommen und das Team in die Bayernliga verbannt. So schlimm ist es fast 30 Jahre danach nicht gekommen, doch die Lizenz steht mehr denn je auf wackligem Fundament. Die DFL-Sanktion ist ein Warnschuss in der Neuzeit, nachdem die Ligazentrale jahrelang geduldig dem Treiben in München zugesehen hat. Jetzt reicht es der Oberaufsicht eben mal.

Nachdem der einstige (und kürzlich verstorbene) Patron Wildmoser im Zuge der Bestechungsaffäre um den Arena-Bau vom Thron gestoßen war, schwor sich die Löwen-Gemeinde, mit undurchsichtigen Handlungen müsse Schluss sein. Diese Einstellung wurde verstärkt durch die Tatsache, dass immer mehr Schulden aus der Hinterlassenschaft Wildmosers auftauchten und jedes Kind hier weiß, dass die Arena das finanzielle Grab der Löwen wird.

Mittlerweile läuft das Jahr VI n.Wildmoser, an die 50 Funktionäre wurden seit 2004 verheizt - und doch ist der Verein in vielem nicht weiter. Nach wie vor geht es permanent darum, die Vergangenheit aufzuarbeiten. Dass sämtliche Kontrollmechanismen im Klub beim Lizenzierungsverfahren versagten und den Punkteabzug ermöglichten, zeigt insbesondere: In der Führungsetage stimmt nach wie vor nicht die Mischung zwischen Präsenz - und Kompetenz.

Manfred Stoffers, der frühere Geschäftsführer, war ein Egomane, der vieles verbockt hat. Ein Alleintäter war er nicht. Das Präsidium rühmte sich oft genug damit, wie geschlossen der Löwen-Tross sei und unterstützte Stoffers' Cowboy-Kurs - Sechzig gegen die Welt - bis zum Schluss. Dem Aufsichtsrat stand bis vor kurzem ein gewisser Herr Öfele vor, der nun sein Amt ruhen lässt und beweisen will, dass er nicht in den mutmaßlich größten deutschen Aktienskandal verwickelt ist. Eine Fußnote, aber bezeichnend. Die Wegweiser und Aufpasser bei 1860 benötigen offenbar selbst Kontrolleure.

© SZ vom 20.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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