Zehn Zylinder in der Formel 1:Hauptdarsteller aus Gummi

Wer weiß in der Formel 1 angesichts der verrückten Reifen schon noch, welches das beste Auto ist oder gar der beste Fahrer? Sebastian Vettel rollt wenige Meter nach dem Ziel aus, Michael Schumacher hat einfach nur Pech - und den härtesten Job hat der Mechaniker.

Elmar Brümmer, Sakhir

Zehn Zylinder in der Formel 1

Sebastian Vettel

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(Foto: dpa)

Das nennt man den Grand Slam für Formel-1-Rennfahrer: Erste Pole-Position der Saison, erster Sieg seit 175 Tagen, erste WM-Führung in diesem Jahr. Sebastian Vettel bringt die Jochen-Rindt-Sonnenbrille scheinbar den nötigen Durchblick. Vor allem aber kommt er mit der ungeliebten Auspuffvariante an seiner rasenden Red-Bull-Dose plötzlich bestens klar. Er kann wieder das tun, für was er eigentlich bezahlt wird: "Ans Limit gehen. Und zwar konstant." Bis zum letzten Tropfen Benzin, wenige Meter nach dem Zielstrich rollt er aus. Das Timing stimmt auch wieder. Champion-Manier eben.

Zehn Zylinder in der Formel 1

Kimi Räikkönen

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(Foto: Getty Images)

Er hat keinen Bock auf Simulatortests. Statt im Briefing am Vorabend des Rennens sitzt er lieber zwischen Wasserpfeifen in einem Strandlokal. Elfter nach der Qualifikation, das ist für den Finnen nur eine Zahl. Deshalb hat er sich nach zwei Jahren Querfeldeinrennen nicht wieder zurück in den Kreisverkehr begeben. Echte Zweikämpfe, nur das will der PS-Autist. Konnte er haben, bei seinem Badminton-Kumpel Vettel hing er fast schon im Getriebe. Es hat noch nicht ganz gereicht. Aber Zweiter im vierten Rennen des Comebacks, das ist eine steile Lernkurve für den 32-Jährigen. Offenbar eine Typfrage.

Zehn Zylinder in der Formel 1

Michael Schumacher

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(Foto: dpa)

Pech, dachte der Rekordweltmeister, habe er in den ersten zwei Jahren seiner zweiten Karriere nun wirklich genug gehabt. Aber es scheint ein treuer Begleiter des Silberpfeils zu bleiben. Vier Rennen, keins ohne Probleme. Wo hat man schon gehört, dass ein Seilzug am Heckflügel reißt? Zusammen mit einem Getriebewechsel ergibt das den 22. Startplatz. So gesehen ist der Ehrenpunkt, erkämpft beim letzten Boxenstopp, eine ziemlich ordentliche Verzweiflungstat. Mit 43 Jahren hat er jetzt aber langsam genug von den Sperenzchen. Ein bisschen mehr Glück braucht es schon, den Rekordweltmeister zur Vertragsverlängerung zu bewegen.

Zehn Zylinder in der Formel 1

Roman Grosjean

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(Foto: dpa)

Wenn Sie zufällig nicht zu den permanenten Formel-1-Kunden gehören, dann müsste ihnen der Schweizer mit der französischen Lizenz eigentlich unbekannt sein. Zeit, sich bekannt zu machen. Die Grosjeans dieser Rennwelt werden nämlich ziemlich frech in dieser Achterbahnsaison, sie können auch wahlweise Paul di Resta oder Sergio Perez heißen. Die nächste Generation, Ausdruck dessen, dass das Mittelfeld offensiv wird, wenn regelmäßig Fahrer aus sechs oder sieben Rennställen in die Top Ten vorstoßen können. Den dritten Platz hatte er noch gar nicht auf der Rechnung, nachdem er erst vor einer Woche die ersten Punkte seiner Karriere mit dem Lotus eingefahren hat. Macht ja nix: "Als nächstes will ich den Sieg." Kalkulieren müsste er können, gelernt hat er nämlich Vermögensberater.

Zehn Zylinder in der Formel 1

Nico Rosberg

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(Foto: dpa)

So eine Doppel-Rennwoche ist schnell rum, schneller als früher die Lorbeerkränze verblüht wären. Der Silberpfeil in der Wüste hat nichts mehr viel mit dem Glanzpfeil von Schanghai zu tun, und Nico Rosberg ist als Sieger enthront. Aber erstmals, wenn man der ehrwürdigen BBC glauben schenken will, als Kämpfer entdeckt. Mit Lewis Hamilton und Fernando Alonso hat sich der Wiesbadener so gezofft, dass hinterher die Rennkommissare stundenlang tagten. Am Resultat ändert das wenig: Als Fünfter gestartet, als Fünfter abgewunken. Holt er die Party von China jetzt noch nach?

Zehn Zylinder in der Formel 1

Der Reifen

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(Foto: AP)

Reifen-Horoskope erstellen, das ist nicht gerade das, was Michael Schumacher zu seinen liebsten Sonntagnachmittagsbeschäftigungen zählt: "Man sollte sich fragen, ob die Reifen eine so wichtige Rolle spielen sollten. Wir fahren teilweise mit 60 Prozent des möglichen Tempos in die Kurven, weil du sonst bald nichts mehr hast und die Fetzten fliegen." Formel Unberechenbar, das ist momentan ganz witzig. "Es ist ein anderer Sport, es ist wie auf Eis", sagt Nico Rosberg. Auf Dauer aber hat die Gummi-Nummer einen Nachteil: Wer weiß schon, welches das beste Auto ist oder gar der beste Fahrer? Nur, wer wie Vettel den Schongang einlegt, oder wie Lotus das goldrichtige Temperaturfenster trifft, kommt über die Runden. "Sweet spot" nennen die erfolgreichen Experten das, was den anderen sauer aufstößt.

Zehn Zylinder in der Formel 1

Jean Todt

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(Foto: dpa)

Man kann die Welt auch aus der Warte des Funktionärs betrachten. Dann ist sie irgendwie sorgenfreier. Jean Todt ist mit seinen 66 Jahren kein bisschen leise. Der Franzose hat ausgewählten Journalisten eine Audienz am Rande des Krisen-Grand-Prix gegeben. Vergessen Sie also alles, was sie auf YouTube an Auseinandersetzungen gesehen haben, hier kommt die gültige offizielle Sichtweise der Dinge. Imageschaden, von wegen: "Die Formel 1 ist eine starke Marke, sie hat keinen Schaden genommen. Alle, mit denen ich im Fahrerlager gesprochen habe, sind sehr happy. Man sagte mir sogar, dass es ein Fehler gewesen wäre, wenn wir nicht nach Bahrain gekommen wären."

Zehn Zylinder in der Formel 1

Der Formel-1-Mechaniker

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(Foto: dpa)

Sebastian Vettel hat seinen Sieg explizit dem Team geschenkt: "Der gehört wirklich meinen Jungs." Er kennt das Schlafdefizit bei Red Bull, nachdem in den letzten Wochen ständig Heck-Meck in der Box herrschte. Neuer Auspuff ran, alter wieder hin, nächstes Teil probiert. Bei Force India sind vier Mechaniker in eine der Demonstrationen nahe Manama geraten, ein Molotow-Cocktail landete in ihrer Nähe. Zwei Mann reisten traumatisiert ab, die ganze Crew bewegte sich nur noch im Hellen. Und die Sauber-Techniker fuhren Slalom um brennende Reifen. Ein Knochenjob. Vom kompletten Reifenwechsel in drei Sekunden mal ganz abgesehen.

Zehn Zylinder in der Formel 1

Rubens Barrichello

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(Foto: AFP)

Wie haben wir ihn vermisst, den Pausenclown aus Sao Paulo. Immer für ein Gebet gut, für ein paar Krokodilstränen und einen beleidigten Gesichtsausdruck. Aber der ehemalige Schumi-Adjudant war so lange dabei wie niemand, 323 Rennen, bis er in die Indycar-Serie abgeschoben wurde. Von dort meldet er sich empört zurück. Weil die Formel-1-Teamchefs zu Sicherheitsfragen in Bahrain gern auf eine ähnliche Gefährlichkeit auf den Straßen Brasilien hingewiesen haben, fühlte sich Rubinho im Nationalstolz gekränkt: "Da entsteht ein falsches Bild." Richtig ist allerdings durchaus, dass Barrichello manchmal eine Gefahr auf der Strecke war - für die Schnelleren.

Zehn Zylinder in der Formel 1

Salman Bin Hamad Al-Khalifa

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(Foto: dapd)

Er gilt zwar als der "Gute" in der bahrainischen Königsfamilie, aber ist eben auch der, der den Grand Prix im Inselstaat zur Propagandaveranstaltung gemacht hat. Daher wusste er schon vor den 57 Runden: "Der Sieger hießt Bahrain." Das wird man zumindest in Heppenheim bestreiten wollen. Der Kronprinz hatte immerhin aber die Größe, sich der Kritik zu stellen. Und er hat dabei besser ausgesehen, als viele Formel-1-Beteiligte, die sich wegduckten. Was er zugegeben hat, ist immerhin: "Wir sind ein echtes Land mit echten Problemen." Eine Absage, glaubt er, hätte nur die Extremisten gestärkt. Vielleicht haben das aber gerade die Bilder übernommen, die von neben der Rennstrecke zu sehen waren. Da gibt es keine Sieger, nur Verlierer.

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