WM in Katar:Die Nebendarsteller des Finales

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Hinweis auf seine Torwart-Attribute: Emiliano Martinez bei der Siegerehrung. (Foto: IMAGO/JB Autissier/IMAGO/PanoramiC)

Der argentinische Torwart zeigt eine gewagte Geste, der letzte Bayer der WM verschießt einen Elfmeter, der Schiedsrichter macht alles richtig: Sechs Kurzporträts zum Endspiel.

Von SZ-Autoren

Vor den Augen der Honoratioren

Dieser Tage kursierte das Gerücht, dass der FC Bayern sich nach der Verletzung von Manuel Neuer auch nach Emiliano "Dibu" Martínez, 30, erkundigt habe. Es heißt, er wäre nicht abgeneigt, einem Klub beizutreten, der um internationale Trophäen kämpft. Allein: Er hat seinen Vertrag bei Aston Villa (England) bis 2027 verlängert; 2020 kostete er schon 20 Millionen Euro Ablöse. Das Format für die Bayern hätte er: Martínez lieferte die Szene des Finals, als er in der Nachspielzeit ikonisch gegen Randal Kolo Muani rettete. Martínez behielt im Elfmeterschießen die Nerven. Und er deutete bei der Siegerehrung vor den Augen der Honoratioren an, dass er die Attribute hat, die Bayern-CEO Kahn, als Ex-Torwart ein Mann des Fachs, zur DNA des Rekordmeisters zählt: "Eier."

Javier Cáceres

Gepfiffen wie früher

Szymon Marciniak mit Frankreichs Keeper Hugo Lloris. (Foto: FRANCK FIFE/AFP)

Szymon Marciniak pfiff wie aus der Zeit gefallen, und das war das größte Lob, das man ihm machen konnte. Der Schiedsrichter leitete das Endspiel im Grunde so, wie er es auch in einem anderen Fußball-Zeitalter hätte tun können - vor der Einführung des Video-Assistenten. Der Pole, 41, erkannte alle wichtigen Situationen, darunter drei Strafstöße, ohne dabei auf den Bildschirm schauen zu müssen. Er entschied auf Foulspiel durch Ousmane Dembélé und Nicolas Otamendi, er sah in der Verlängerung das Handspiel von Gonzalo Montiel. Und er ertappte Marcus Thuram beim Versuch einer Schwalbe. Der Stürmer von Borussia Mönchengladbach sah Gelb und musste lachen, als er aufflog. Protestieren wäre ohnehin zwecklos gewesen.

Sebastian Fischer

Sinnbild der Generation, die oft scheiterte

Jubel mit Herz: Ángel Di María nach dem 2:0 (Foto: IMAGO/Matthias Koch/IMAGO/Matthias Koch)

Ángel Di María verpackte als Kind die Kohle, die der Vater sackweise verkaufte, in Drei- und Zehn-Kilo-Verpackungen. Und wenn er sie nicht verkaufte, fehlte es daheim oft genug an Essen. An Fahrten mit dem Auto zum Training war nicht zu denken: Die Mutter fuhr ihn auf dem Rad zum Training, neun Kilometer weit zu den Plätzen von Rosario Central. Er triumphierte, ging nach Europa, spielte unter anderem bei Real Madrid - und aktuell bei Juventus Turin. Er war Sinnbild einer Nationalmannschaftsgeneration, die immer wieder scheiterte, unter anderem beim WM-Finale 2014. Nun, mit 34, holte er im Finale einen Elfmeter heraus und traf zum 2:0. Er weinte auf dem Platz und nachher auf der Bank. Er weinte auch, als er später den Pokal in Händen hielt.

Javier Cáceres

Nachbar aus Bondy

Randal Kolo Muani. (Foto: Manu Fernandez/AP)

Kylian Mbappé und Kolo Muani kommen aus der gleichen Gegend, beide wurden in Bondy geboren, dem Pariser Banlieu. Und was wäre das für eine Geschichte gewesen. Der eine, Mbappé, schießt Frankreich mit drei Toren in ein verlorenes Spiel zurück. Und der andere, Kolo Muani, der hätte das Spiel in der 124. Minute auf den Kopf stellen können. Doch sein Schuss wurde geblockt vom argentinischen Torhüter Emiliano Martinez. Einen Fuß war der Stürmer davon entfernt, der Final-Entscheider zu werden. So fragt sich die Welt trotzdem, wo dieser unverschämt talentierte Mann schon wieder herkommt. Und in Frankfurt können sie ihr Glück wahrscheinlich gar nicht fassen, diesen unverschämt talentierten Mann in ihrem Kader zu haben.

Martin Schneider

Rollenwechsel im Elfmeterschießen

Entscheidender Schütze: Gonzalo Montiel. (Foto: Clive Brunskill/Getty Images)

Gonzalo Montiel, 25, hätte der tragische Held des Finales werden können. Er verursachte in der Nachspielzeit den Handelfmeter, der in der 118. Minute zum 3:3 für Frankreich führte. Doch das Endspiel hielt für den Verteidiger des FC Sevilla die Rolle des Helden parat. Er war der vierte Schütze der Argentinier - und traf zum 4:2. Er beendete damit eine 36-jährige Warterei. Er verwandelte seinen Elfmeter mit der gleichen Persönlichkeit, die er schon als Zehnjähriger gezeigt hatte, als er nach der Schule zweieinhalb Stunden zum Training bei River Plate hin und zweieinhalb Stunden zurückfuhr. Bis er nach zwei Jahren darum bat, ins Internat von River einziehen zu dürfen. Er hatte die Busfahrten satt. Am Sonntag fuhr er im offenen Siegerbus durch die Straßen von Doha.

Javier Cáceres

Der letzte Bayer

Kann's nicht fassen: Kingsley Coman. (Foto: HANNAH MCKAY/REUTERS)

Er hatte schon mal in einem großen Finale getroffen, aber das konnte man schwer vergleichen. Im Champions-League-Endspiel 2020 mit dem FC Bayern gelang Kingsley Coman das entscheidende Tor mit geschlossenen Augen per Kopf, diesmal musste er hinsehen und schießen. Er vergab den zweiten französischen Versuch im Elfmeterschießen, es war der letzte Auftritt eines Spielers des deutschen Rekordmeisters bei der WM. Benjamin Pavard saß nur auf der Bank, Dayot Upamecano verhinderte ein Gegentor mit einer monströsen Grätsche. Coman wurde eingewechselt und leitete das 2:2 mit einem gegen Lionel Messi gewonnenen Zweikampf ein. Aber sein Elfmeter passte zum enttäuschenden Abschneiden für zahlreiche Münchner in Katar.

Sebastian Fischer

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