WM 2010: Stadionwurst:Desasterfleisch im Bröselbrötchen

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Die Stimmung im größten WM-Stadion Soccer City ist unübertroffen, die Verpflegung aber heimtückisch: Die südafrikanische Version einer Stadionwurst stellt selbst geborene Experten vor Probleme.

Thomas Hummel, Johannesburg

Ein Deutscher, das ist weltbekannt, ist ein Wurstexperte. Deutschland = Bratwurstland. Selbst wenn der Deutsche im Ausland noch so häufig versichert, er gehöre der durchaus regen Vegetarierbewegung im Land an, hinter der Grenze ist und bleibt er ein Wurstexperte.

Der Name der Johannesburger Stadionwurst lässt Böses erahnen: Hot Dog. (Foto: ag.dpa)

Besonders trifft das auf den deutschen Fußballfan zu. Bevor in den modernen Stadien die Nullachtfünfzehn-Catering-Firmen einzogen, gehörte eine Stadionwurst zu einem Fußballnachmittag wie die Eintrittskarte. Seitdem die Stadien nicht mehr Stadien heißen, sondern Arenen, ist das Wurstvergnügen bisweilen zweifelhaft. Das Wort "Arenawurst" ist noch nicht erfunden. Inzwischen gibt es sogar einen "Verein zur Steigerung der Bratwurstkultur auf dem Fußballplatz".

Besinnung auf anständige Preise

Womit wir in Südafrika und speziell in Soccer City gelandet sind. So ein Spiel einer Fußball-Weltmeisterschaft, noch dazu in Afrika, ist ein intensives, alle Sinne betörendes Ereignis. An diesem Montag werden die Niederländer diese Erfahrung machen, die ihr erstes Vorrundenspiel gegen Dänemark in Johannesburg austragen. Doch spätestens, wenn die Spieler zum Aufwärmen den Ball auf das Spielfeld schlagen, stellt sich einem deutschen Gaumen die Frage: Wo gibt's was zu essen? Besser gesagt: Gibt's hier eine Stadionwurst?

Das Rätsel ist schnell gelöst: Ja, es gibt eine Stadionwurst, der Name lässt allerdings Schlimmes erahnen: Hot Dog. 25 Rand kostet das Ding, etwa 2,50 Euro, was für einen Besucher deutscher Arenen eine willkommene Besinnung auf anständige Preise bedeutet. Doch alles, was dann kommt, lehrt den Gästen aus dem Bratwurstland das Fürchten.

Rot-gelbe Tropfen auf Beton

Die nette Bedienung überreicht die Wurst in einem braunen Papierbeutel. Heraus kommt eine Wurst, die es vermutlich im 100er-Pack bei Aldi zu kaufen gibt, in einer Semmel, die nicht mal Aldi im 100er-Pack anbieten würde. Dazu gibt es in kleinen Plastik-Tütchen Senf und Ketchup, womit geschmacksmäßig das Schlimmste verhindert werden kann.

Ungefähr auf halbem Wege bröselt die Semmel derart auseinander, dass selbst zehn Finger nichts mehr zusammenhalten können. Rot-gelbe Tropfen platschen auf den Boden, die Volonteers am Ausgang des Blocks blicken etwas säuerlich herüber. Vielleicht denken sie: Mensch, der kommt doch aus Germany, der muss doch eine Wurst essen können! Wir aber versichern: die Soccer-City-Vegetarierbewegung hat ihr erstes Mitglied.

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