Olympische Winterspiele:Das wäre dem Senior nicht passiert

Lesezeit: 2 min

Lange geplante Erbfolge (1): Vizepräsident Juan Antonio Samaranch Jr. (links) könnte 2025 IOC-Präsident Thomas Bach ablösen. (Foto: Pierre-Philippe Marcou/AFP)

Juan Antonio Samaranch Junior will der nächste IOC-Präsident werden - auf den Spuren seines skandalumtosten Vaters. Der Rückzug Barcelonas aus dem Rennen um die Winterspiele 2030 erschwert das Vorhaben allerdings.

Kommentar von Thomas Kistner

Barcelona, so wurde es jetzt aus Spanien gemeldet, verabschiedet sich aus dem Bewerberkreis um die Winterspiele 2030. Das trifft das Internationale Olympische Komitee schwer. Zwar kann es weitere Interessenten für dieses Event vorweisen, aber das ist halt nicht dasselbe: Sapporo/Japan, Vancouver/Kanada und Salt Lake City/USA verbleiben - alle hatten sie die Winterspiele schon mal, die letzten beiden sogar erst 2002 bzw. 2010. Japan war mit Tokio gerade erst Gastgeber der Sommerspiele. Und der mögliche Interessent Georgien: Sind dort nicht gerade andere Themen gesetzt?

Ukrainer bei der Schwimm-WM
:Und dann fließen die Tränen

Sein Trainingspool ist zerbombt, sein Vater kämpft an der Front - trotzdem gewinnt der Ukrainer Romantschuk Bronze über 800 Meter. Das liegt auch an der besonderen Freundschaft zu seinem deutschen Konkurrenten.

Von Sebastian Winter

Gemessen daran besaß die spanische Bewerbung echte Strahlkraft: ein Kandidat aus Westeuropa, wo sich die Bevölkerung seit Lillehammer 1994 aus dem Wintergeschäft verabschiedet und per Referenden immerzu die olympischen Umweltzerstörungsorgien angeprangert hatte. Auszunehmen ist hier die italienische Alpenregion, die immer gern als letzte Bastion des Ringe-Clans einspringt, nach Turin 2006 ist 2026 Mailand/Cortina d'Ampezzo dran.

Barcelona hatte ein Novum zu bieten: Winterspiele in den Pyrenäen! Das wäre ein Ausbruch aus dem Trott gewesen. Es hätte sich vom IOC als Signal verkaufen lassen, dass Europa wieder für Winterspiele glüht, zudem hätte es den vor Monaten erlittenen Makel heilen können, dass ausgerechnet Peking - das eher nicht für die frommen Werte steht, die das IOC auf seine Fahne gepinselt hat -, die einzige Olympiastätte auf dem Globus ist, die Sommer- und Winterspiele hat ausrichten dürfen. In Barcelona hätte Europa, immerhin die Wiege der Spiele, gleichziehen können; die Sommerspiele fanden dort ja bereits 1992 statt.

Lange geplante Erbfolge (2): IOC-Patron Juan Antonio Samaranch (links) und das damalige IOC-Exekutivmitglied Thomas Bach 1998 in Nagano. (Foto: dpa)

Und schließlich wäre die Dramaturgie perfekt gewesen, weil sie im IOC selbst eine zentrale sportpolitische Weichenstellung vereinfacht hätte. Die Sommersause 1992 hatte der damalige Olympia-Boss Juan Antonio Samaranch trickreich nach Katalonien befördert. Und auch diesmal hätte sich ein Samaranch die Barcelona-Spiele ans Revers heften können: Juan Antonio junior. Der Filius des einstigen Ringe-Regenten (1980 - 2001) will eine erkennbar lang geplante olympische Erbfolge antreten: Wenn im Jahr 2025 Thomas Bach, politischer Ziehsohn des alten Machthabers Samaranch, vom Thron steigen muss, soll der Siegelring an den katalanischen Junior übergehen. Mit Heimat-Spielen im Gepäck wäre das einfacher gewesen.

Nur: Samaranch und das spanische Olympiakomitee (COE) waren nicht in der Lage, die Heißsporne in der Heimat zu befrieden. Gescheitert ist die Pyrenäen-Party an Fragen wie der, wer die attraktivsten Wettbewerbe austragen darf, die Regierungen von Aragonien und Katalonien hatten sich hier heillos zerstritten.

Dann halt wieder Japan. Oder, auch wurscht, Nordamerika mit Kanada und den USA, wo 2026 bereits eine gigantomanische Fußball-WM mit 48 Nationalteams ausgetragen wird - und zwei Jahre später, 2028, in Los Angeles die Sommerspiele stattfinden. Ob sie von Samaranch junior eröffnet werden, ist auch nicht mehr so sicher. Barcelona sei nicht an starken Rivalen gescheitert, hielt COE-Chef Alejandro Blanco verbittert fest. "Diese Bewerbung haben wir zuhause zerstört!"

Dem alten Patron wäre das nicht passiert.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

MeinungTour de France
:Countdown bis zum ersten Massencrash

Zwei deutsche Radprofis äußern Kritik an der Streckenführung der anstehenden Tour de France - und zwar zu Recht. Der diesjährige Parcours enthält unnötige Gemeinheiten.

Kommentar von Johannes Aumüller

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: