Neuer Name für die Redskins:Weil's ums Geld geht

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Die Football-Franchise aus Washington ändert öffentlichkeitswirksam Name und Logo - keine große Sache im US-Sport, eigentlich. In diesem Fall aber schon.

Von Jürgen Schmieder

Plötzlich ging alles ganz schnell. Die Football-Franchise aus Washington hat am Montag angekündigt, den Spitznamen Redskins nicht mehr verwenden zu wollen. "Am 3. Juli haben wir den Beginn einer gründlichen Überprüfung des Teamnamens angekündigt. Heute geben wir bekannt, dass wir den Namen und das Logo der Redskins nach Abschluss dieser Überprüfung in den Ruhestand schicken werden", heißt es in einer Mitteilung des Vereins, die wie viele PR-Statements doch arg poliert klingt und ein paar Details verschweigt.

Es ist ja mitnichten so, dass diese Football-Franchise seit jeher progressiv gewesen wäre, ganz im Gegenteil: US-Präsident John F. Kennedy drohte im März 1961 mit Suspendierung, falls sich der damalige Eigentümer George Preston Marshall weiterhin weigern sollte, schwarze Akteure zu beschäftigen - es war die letzte Franchise der Footballliga NFL, die Afroamerikaner zuließ. Der jetzige Besitzer Dan Snyder wehrte sich lange Zeit beharrlich gegen die Umbenennung, im Jahr 2013 sagte er "niemals" und forderte die Leute auf, dieses Wort in Großbuchstaben zu schreiben.

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Den Begriff Redskins gibt es seit dem 17. Jahrhundert und bezog sich zunächst nicht auf die Hautfarbe, sondern auf die Kriegsbemalung der amerikanischen Ureinwohner. Über die Jahre änderte sich die Bedeutung, Dennis Seymor vom American Indian Center sagt, dass er nun eher verächtlich und beleidigend konotiert sei. Die kreative Beleidigung gehört zum Profisport wie das Streben nach Geld, aber der offizielle Name des Fußballvereins aus Bremen ist nun mal nicht "Fischköppe", sondern Werder.

Ein Brief, der sehr viele Details enthält

Eines der Details, das in der PR-Mitteilung des Vereins nicht erwähnt wird: Diese sogenannte "gründliche Überprüfung" hatte es nicht aufgrund der zahlreichen Proteste nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd durch einen weißen Polizisten gegeben und auch nicht, weil sich amerikanische Ureinwohner beschwert hätten. Das ist in den vergangenen 30 Jahren immer wieder passiert und jeweils ignoriert worden, der Unterschied nun: ein Brief, der weniger PR-Floskeln, dafür sehr viel mehr Details enthält.

87 Investoren, deren Vermögen auf insgesamt 620 Milliarden Dollar geschätzt wird, hatten den Brief an Unternehmen wie FedEx, Pepsi und Nike geschickt mit der eindeutigen Aufforderung, alle Geschäftsbeziehungen mit der Franchise einzustellen, bis der Name geändert wird. Das funktionierte: FedEx, das sich 1998 für 205 Millionen Dollar die Namensrechte am Stadion bis 2025 gesichert hatte, wollte sein Logo von der Arena entfernen. Firmen wie Amazon, Walmart, Nike und Target kündigten an, keine Fanartikel mehr verkaufen zu wollen. Es ging also nicht um Moral oder darum, das Richtige zu tun. Es ging ganz einfach ums Geld.

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Es passiert im US-Sport gar nicht mal so selten, dass sich der Name eines Sportvereins ändert - meist hat das mit den Umzügen in ein neues Stadion (und damit eine neue Stadt) zu tun: Aus den San Diego Chargers wurden vor ein paar Jahren die Los Angeles Chargers, die Oakland Raiders (die schon mal die Los Angeles Raiders gewesen sind) heißen nun Las Vegas Raiders. Oder, ganz skurril: Die Cleveland Browns zogen 1996 um und wurden die Baltimore Ravens (der Spitzname geht auf ein Gedicht des in Baltimore begrabenen Edgar Allen Poe zurück), doch nur drei Jahre später gab es in der NFL eine neue Franchise mit dem Namen Cleveland Browns.

Oder die Dallas Cowboys: Man sollte meinen, dass der Name selbsterklärend ist - doch das ist er nicht. Der Geschäftsmann Clint Murchison wollte 1958 die, nun ja, Washington Redskins kaufen, doch der damalige Besitzer Marshall weigerte sich - der Beginn einer wunderbaren Feindschaft. Murchison sicherte sich die Rechte am Lied "Hail to the Redskins" und erpresste Marshall damit, eine Football-Franchise in Dallas zu genehmigen. Marshall wollte zunächst den Namen Steers (sein Manager hatte indes Bedenken, einen Ochsen, also ein kastriertes männliches Rind, als Maskottchen zu haben), also wählte er Cowboys, weil die im Kampf mit den Redskins überlegen seien.

So geht das bisweilen zu im US-Sport, und der Footballverein in Washington hieß übrigens mal Boston Braves und war eine Sparte des Baseballklubs, der mittlerweile Atlanta Braves heißt. Nach einem Stadionumzug benannte sich die Football-Franchise im Jahr 1933 in Redskins um, weil Trainer William Dietz behauptet hatte, vom indigenen Volk der Sioux abzustammen. Vier Jahre später zog der Verein nach Washington. 87 Jahre sind eine sehr lange Zeit im US-Sport, auch deshalb wird über die Umbenennung heftig debattiert.

"Wir haben als Redskins gewonnen, aber letztlich ändern sich doch nur Name und Logo, aber nicht die Geschichte", sagt zum Beispiel Doug Williams, der erste schwarze Quarterback des Vereins. Er gewann dort in der Saison 1987 den Super Bowl und arbeitet mittlerweile im Management des Vereins: "Letztlich ändert sich doch nichts." Jeff Bostic dagegen, der bei allen Super-Bowl-Siegen des Vereins (die anderen beiden: 1982 und 1991) dabei war, sagt: "Ich werde sie immer Redskins nennen. Es war eine Ehre für mich, den Helm mit diesem Logo zu tragen."

Die Debatte ist freilich politisch, wie alles derzeit in den USA. Die einen halten die Abkehr vom Vereinsnamen für eine dringend notwendige Maßnahme, andere werten es als weiteres Indiz für die Verweichlichung der Gesellschaft und politisch korrekte Sprache ohnehin als Vorbote für das Ende des Abendlandes. US-Präsident Donald Trump kritisierte bereits, dass überhaupt über die Umbenennung nachgedacht wurde, er braucht diese Spaltung im Wahlkampf, wo er sich wieder als Bewahrer jener Werte präsentiert, die dieses Land seiner Meinung nach großartig machen. Aktuell hat er sich nicht geäußert - es heißt, dass er auf den neuen Klubnamen warten wolle.

Es heißt aus dem Umfeld der Washington-Franchise, dass der bald verkündet werde, um schon in der im September beginnenden Saison mit neuem Logo auflaufen zu können. Die Farben (weinrot und gold) sollen bleiben, das Logo mit dem Indianer darauf möglichst wenig verändert werden - weshalb viele Fans derzeit "Red Wolves" oder "Red Tails" (die ersten schwarzen Piloten im US-Militär während des Zweiten Weltkriegs) bevorzugen. Snyder wünscht sich einen Namen, der sowohl das amerikanische Militär als auch die Ureinwohner würdigt. Der dritte Favorit deshalb: "Warriors".

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