Marcel Schäfer verlässt VfL Wolfsburg:Ein Kracherchen beim Werksklub

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Aus beim VfL Wolfsburg: Sport-Geschäftsführer Marcel Schäfer. (Foto: David Inderlied/dpa)

Marcel Schäfer muss in Wolfsburg gehen, weil er offenbar zur neuen Saison einen Wechsel zu RB Leipzig anstrebt. Auch die mäßige sportliche Bilanz des VfL seit seiner Beförderung wird ihm angekreidet.

Von Thomas Hürner

Wer durch die Geschäftsstelle des VfL Wolfsburg läuft, begegnet auch dem früheren Fußballprofi Marcel Schäfer. Schäfer ist dort ein häufig zu besichtigendes Bildmotiv in den Fluren und Räumlichkeiten, mal hängt ein gerahmtes Foto von ihm an der Wand, mal wurde er großflächig mit seinen Teamkollegen plakatiert. Die Schnappschüsse stammen allesamt aus dem Mai 2009 und werden mit einigem Stolz präsentiert: Die Wolfsburger gewannen damals ihre erste und bislang einzige deutsche Meisterschaft, weil sie den knallharten Trainer Felix Magath, die Tore des schlitzohrigen Stürmers Grafite und die Pässe des genialen Spielmachers Zvjezdan Misimovic hatten.

Rückblickend wird das jedenfalls gerne so gesehen, nur in der Autostadt erinnert man sich da ein bisschen anders. Der Defensivmann Marcel Schäfer, sagen Wolfsburger Lokalpatrioten, war damals der zentrale Baustein dieser Mannschaft, weil er nahezu alle Tugenden verkörpert hat, die beim Werksklub von Bedeutung sind: Kratzbürstigkeit, Willensstärke und Lust an harter Arbeit. Auch deshalb waren Fans und Verantwortliche überzeugt, dass Schäfer, 39, der ideale Wolfsburger Sportchef sein würde.

Seit Mittwoch ist klar: Der Mann, der die Wolfsburger Zukunft planen sollte, verlässt den Klub, bei dem er als eine von nur wenigen Identifikationsfiguren der Vereinsgeschichte gilt. Schäfer lasse "seine Aufgaben mit sofortiger Wirkung ruhen", heißt es im offiziellen VfL-Kommuniqué. Seine Aufgaben übernehme fortan Sportdirektor Sebastian Schindzielorz "in engem Schulterschluss mit Cheftrainer Ralph Hasenhüttl".

Aus dem geruhsamen Wolfsburg werden eher selten Krachermeldungen in die Republik gesendet, das war zumindest ein Kracherchen. Denn laut Kicker und der Wolfsburger Allgemeinen hat Schäfer ein Angebot vorliegen, das er interessanter findet als den Job in Wolfsburg: Mit Ligakonkurrent RB Leipzig soll es bereits erste Gespräche für ein Engagement von Sommer an gegeben haben. Seinen Wechselwunsch habe der Manager demnach jüngst auch dem Wolfsburger Aufsichtsratspräsidium mitgeteilt, und dort war man offenbar wenig begeistert von Schäfers Vorschlag, einen fließenden Schichtwechsel am Saisonende einzuleiten. Stattdessen wurde Schäfer vom Kontrollgremium um den früheren VW-Finanzchef Frank Witter nun mit sofortiger Wirkung freigestellt.

Marcel Schäfer, lautet eine weit verbreitete Ansicht, habe viel zu lang an Trainer Niko Kovac festgehalten

Es ist davon auszugehen, dass Schäfers berufliche Umorientierung bei den Führungskräften des örtlichen Autokonzerns auch deshalb auf Unmut stieß, weil sein Wirken bislang nicht gerade famose Ergebnisse gebracht hat. Dank der Subventionen von VW zählt der VfL Wolfsburg zu den privilegierteren Vereinen in der Bundesliga, aber seit Schäfer im Februar 2023 vom Sportdirektor zum Sport-Geschäftsführer befördert wurde, sprang lediglich ein enttäuschender achter Platz in der Vorsaison raus - und in dieser Spielzeit müssen die Wolfsburger aufpassen, dass sie nicht noch tief in den Abstiegsstrudel hineinrutschen.

Marcel Schäfer, so lautet eine verbreitete Ansicht, habe die sportliche Krisenlage verschlimmert, indem er viel zu lang am erfolglosen Trainer Niko Kovac festhielt. Die eiserne Treue zum Coach wirkte mitunter wie eine forcierte Emanzipation Schäfers von seinem Förderer und Vorgänger Jörg Schmadtke, der ihn mehrere Jahre lang als Nachfolger in Wolfsburg aufgebaut hat. Schmadtke eilt das (übertriebene) Klischee voraus, mit Trainern bei Misserfolgen nicht gerade zimperlich umzugehen. Von Sommer an könnten sie wieder mehr miteinander zu tun haben: Angeblich könnte Schmadtke bei RB Leipzig bald in beratender Funktion einsteigen.

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