Bochum schlägt Hoffenheim:Plötzlich wie berauscht

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Tadellose Arbeitsmoral: Der von anderen Klubs umworbene Kevin Stöger (mittig) bejubelt für Bochum seinen ersten von zwei Treffern gegen Hoffenheim. (Foto: Leon Kuegeler/Getty Images)

Ekstase, Zittern, Erleichterung: Nach einer Krisensitzung unter der Woche gewinnt der VfL Bochum gegen Hoffenheim zum ersten Mal seit Mitte Februar in der Bundesliga - und wahrt seine Chancen im Abstiegskampf.

Von Ulrich Hartmann

Auf dem Dach des Moulin-Rouge-Theaters in Paris mag die weltberühmte Windmühlenattrappe auseinanderbrechen, im unverwüstlichen Bochumer Ruhrstadion wurde am Freitag umso leidenschaftlicher und häufiger der französische Can-Can eingespielt: Gleich dreimal erklang die schwungvolle Torhymne. Und auch wenn es nach einer berauschenden 3:0-Führung gegen Ende noch einmal knapp wurde, zelebrierten die Bochumer mit dem 3:2 gegen die TSG 1899 Hoffenheim ihren ersten Sieg im neunten Spiel seit Mitte Februar und den ersten Sieg im dritten Spiel unter dem neuen Trainer Heiko Butscher.

"Gott sei Dank!", sagte Butscher über den Umstand, dass der chronisch fragile VfL nicht schon wieder eine Führung und noch dazu eine so deutliche hergegeben hatte. "Gott sei Dank!", assistierte auch Felix Passlack, der Urheber des 2:0. Noch bricht im Ruhrstadion nichts auseinander. Noch bewahrt sich der VfL im Abstiegskampf also alle Chancen.

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Zwei Gegentore in der Nachspielzeit, die vor drei Wochen in Köln aus einer 1:0-Führung eine 1:2-Niederlage gemacht hatten, haben als Kumulation des Bochumer Aufmerksamkeitsdefizitsyndroms zur Entlassung des Trainers Thomas Letsch geführt. Ein mageres 1:1 gegen Heidenheim und ein enttäuschendes 0:1 in Wolfsburg hatte Bochum danach unter Butscher hingelegt. Nun gegen Hoffenheim spielte der VfL plötzlich wie berauscht, nachdem sich die Mannschaft in der Woche zusammengesetzt hatte, um einmal Tacheles zu reden.

"Wir haben darüber gesprochen, wie wir Fußball spielen und wofür wir stehen wollen", verriet Abwehrmann Passlack. Und welchen Nerv auch immer die Spieler bei ihrer Aussprache getroffen hatten, am Freitagabend zeigten sie ihren schwungvollsten Fußball seit Langem. "35 Mal aufs Tor hat der VfL Bochum in der Bundesliga, glaube ich, noch nie geschossen", sagte Sportdirektor Marc Lettau.

Das Trauma der vielen verspielten Führungen? "Vorbei!", urteilen die Bochumer

Durch Treffer von Kevin Stöger (34. und 64. Minute) und Passlack (45+2.) führten die Bochumer schon 3:0, als nach einer guten Stunde die Phase des Zitterns begann. Nach Gegentreffern durch Hoffenheims Andrej Kramaric in der 73. und 84. Minute setzte im Ruhrstadion ein nervöses Raunen ein, als erlitten die ungefähr 23 000 Bochumer Anhänger kollektiv einen pawlowschen Reflex. Die vielen verspielten Führungen ihres Teams in dieser Saison haben sich eben eingebrannt. Diesmal? "Dieses Trauma ist vorbei!", diagnostizierte hernach der brasilianische Linksverteidiger Bernardo im Duktus eines Psychotherapeuten: "Heute können wir einen Punkt dahinter machen."

Kevin Stöger stach mit seinen beiden Treffern aus dem starken Kollektiv heraus, obwohl dem Vernehmen nach bereits feststeht, dass er den VfL im Sommer nach Vertragsende ablösefrei verlassen wird. Laut Medienberichten gilt der 30-Jährige als Kandidat bei Union Berlin - wenn die ebenfalls abstiegsbedrohten Köpenicker denn Bundesligist bleiben. In diesem Falle würde Stöger in einem Interessenkonflikt stecken, zumal er mit seinem VfL Bochum am kommenden Sonntag bei Union Berlin gastiert.

Nach dem Sieg gegen Hoffenheim sagte Stöger bloß: "Ich bin zu einhundert Prozent beim VfL Bochum, ich will mit dem VfL diese Klasse halten und kann versprechen, dass ich alles für diesen Verein tue."

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