Bruno Labbadia übernimmt VfB Stuttgart:Den einstigen Retter begleitet Skepsis

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Zum zweiten Mal VfB-Trainer: Bruno Labbadia. (Foto: Hannibal Hanschke/dpa)

Mit der Verpflichtung von Bruno Labbadia als Cheftrainer schließt der VfB Stuttgart seinen Personalumbau ab. Aus seiner ersten Amtszeit beim VfB schlagen ihm nicht nur Sympathien entgegen.

Von Christoph Ruf, Stuttgart

Es ist tatsächlich so gekommen, wie es fast alle Beobachter rund um die Mercedesstraße 109 zu Stuttgart seit vielen Tagen zu wissen glaubten: Bruno Labbadia ist der neue Trainer des schwäbischen Bundesligisten, der in den vergangenen acht Wochen eine muntere Personalrochade betrieben hat. Nach der Freistellung von Trainer Pellegrino Matarazzo im Oktober war vergangene Woche die Trennung von Sportdirektor Sven Mislintat verkündet worden. Am Wochenende vermeldete der VfB dann die Verpflichtung des bisherigen Paderborner Sportdirektors Fabian Wohlgemuth - und am Montag mit der Verpflichtung Labbadias die Vertragsauflösung von Michael Wimmer, der den VfB interimistisch als Chefcoach betreut hatte. Labbadia erhält einen Vertrag bis 2025 und bringt seinen langjährigen Co-Trainer Bernhard Trares sowie Benjamin Sachs und Athletiktrainer Günter Kern mit.

"Der VfB ist bekanntermaßen nicht irgendein Klub für mich", wird Labbadia in einer Vereinsmitteilung zitiert. "Ich möchte nun dazu beitragen, dass der VfB in der Bundesliga bleibt. Wir werden sofort mit der Arbeit beginnen und alles für den Trainingsauftakt am 12. Dezember vorbereiten."

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Der 43-Jährige kommt vom SC Paderborn und tritt die Nachfolge von Sven Mislintat an. Seine erste Aufgabe wird die Suche nach einem neuen Cheftrainer sein.

Es wäre geflunkert, würde man behaupten, dass die Verpflichtung Labbadias in Schwaben allerorts Begeisterung auslösen würde. Schon aufgrund der Vielzahl der Vereine, die er bislang trainiert hat - jeder dritte derzeitige Bundesligist hatte ihn schon einmal als Coach - muss der 56-Jährige mit einem Image als Verlegenheitslösung leben, das bei näherem Hinsehen allerdings ungerecht erscheint. In Leverkusen, Hamburg und Berlin arbeitete er über viele Monate erfolgreich, in Wolfsburg zog er sich nach Dissonanzen mit Manager Jörg Schmadtke auf eigenen Wunsch zurück.

Den VfB trainiert Labbadia, der in dieser Saison auch schon in Verhandlungen mit Schalke 04 gestanden hat, zum zweiten Mal. 2011 rettete er den heutigen Tabellen-16. vor dem Abstieg und führte ihn 2012 in den Europapokal sowie 2013 ins DFB-Pokalfinale. Größere Erfolge hatte der VfB seither übrigens nicht mehr zu feiern. In der darauffolgenden Spielzeit musste Labbadia dennoch schon im August nach drei Niederlagen am Stück gehen - eine Panikreaktion, wie sie neun Jahre später auch viele Beobachter in der Entlassung von Pellegrino Matarazzo sahen.

Wenn Labbadia in den kommenden Wochen die Skepsis vieler VfB-Fans dennoch erst einmal zerstreuen muss, liegt das weniger an den nackten Ergebnissen während seiner ersten Amtszeit als daran, dass viele Spiele unter seiner Ägide vergleichsweise unattraktiv waren. Der Kader gebe keine andere Spielweise her, rechtfertigte sich der gebürtige Darmstädter damals.

Nun, in seiner zweiten Amtszeit beim VfB, agiert er unter umgekehrten Vorzeichen: Die Schwaben haben in dieser Saison einen spielerisch guten Kader beisammen, dem es aber an Struktur und Wehrhaftigkeit fehlt. Labbadia soll nun eine Hierarchie etablieren und mehr erfahrene Spieler einbinden.

Trainer Labbadia und Sportdirektor Wohlgemuth kennen und mögen sich

Dem neuen Sportdirektor gelang es derweil in Paderborn, mit geringen Finanzmitteln einen spielstarken, offensivfreudigen Kader zusammenzustellen. Beim VfB dürfte Wohlgemuth nun einen Großteil der Kompetenzen übernehmen, die zuletzt immer mehr an Vorstand Alexander Wehrle übergegangen waren. Der hatte seit Monaten nicht den Eindruck erweckt, als sei er wirklich an einer weiteren Zusammenarbeit mit Mislintat interessiert - obwohl dem neben einigen Fehlschlägen viele gute Transfers (Wataru Endo, Silas, Gregor Kobel, Konstantinos Mavropanos) gelungen waren. Doch die Sprachbarriere zwischen den vielen frankophonen Spielern und den anderen trug zur Grüppchenbildung bei. Hartnäckig hielt sich zudem der Eindruck, dass Mislintat bei Aufstellungen oder Einwechslungen mehr Einfluss nehmen wollte, als ihm zustand. Labbadia und Wohlgemuth kennen sich aus gemeinsamen Wolfsburger Zeiten, dass sie ein gutes Verhältnis zueinander haben, dürfte einer der Gründe dafür sein, dass sie beide verpflichtet wurden.

Eine ihrer ersten Aufgaben dürfte nun atmosphärischer Natur sein. Die Angst, nach der relativen Kontinuität der zurückliegenden Jahre wieder in die vergangen geglaubte Konzeptlosigkeit zurückzufallen, ist derzeit innerhalb und außerhalb des Vereins deutlich zu spüren. Und tatsächlich sind in Thomas Hitzlsperger, Mislintat und Matarazzo nun die drei Personen weg, die dem VfB in den vergangenen dreieinhalb Jahren seine Identität als Nachwuchsverein auf hohem Niveau wiedergegeben hatten. So wurde das Nachwuchsleistungszentrum, das zuvor jahrelang nach Kräften ignoriert worden war, wieder nahe an die Profis herangeführt, auch um zu verhindern, dass der nächste in Bad Cannstatt ausgebildete Joshua Kimmich wieder anderswo eine große Karriere startet.

Deutet man die Signale aus der Vereinsführung richtig, will der VfB diesem Konzept treu bleiben, es aber mit anderen Personen fortführen, die es flexibler und damit besser umsetzen. In Labbadia und Wohlgemuth meint man sie nun gefunden zu haben.

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