Union gegen Köln:"Mit aller Gewalt - Klassenerhalt"

Lesezeit: 3 min

Erlösung an der Alten Försterei: David Fofana erzielt das 2:0 für den 1. FC Union Berlin. (Foto: Boris Streubel/Getty Images)

Zweikämpfe? Welche Zweikämpfe? Union Berlin ist auch im Abstiegsduell gegen den 1. FC Köln anfangs nur ein Schatten seiner selbst, gewinnt aber dennoch mit 2:0. Das dürfte die Debatten um den FC-Trainer Steffen Baumgart verschärfen.

Von Javier Cáceres, Berlin

Am kommenden Samstag steigt im Stadion An der Alten Försterei des 1. FC Union Berlin das traditionelle Weihnachtssingen. Es wird in einem Zustand relativer Glückseligkeit stattfinden. Nach einem Semester zum Vergessen vermochten es die Köpenicker am Mittwochabend, zum Abschluss des Jahres den 1. FC Köln - und damit einen direkten Konkurrenten im Kampf gegen den Abstiegskampf - mit 2:0 zu besiegen. Der Sieg, der die Diskussionen am Rhein über Kölns Trainer Steffen Baumgart verschärfen dürfte, täuschte aber in keiner Weise darüber hinweg, dass die Saison für die Unioner noch überaus lang zu werden droht. Dafür war die Leistung bis zur Führung durch Benedict Hollerbach (56.) und dem folgenden Treffer zum 2:0-Endstand durch David Fofana viel zu diskutabel. Die beste Nachricht des Abends aus Unioner Sicht: Der Puffer auf die Abstiegsränge wird zum Jahreswechsel drei Punkte betragen.

Die Partie begann in Stummfilm-Atmosphäre. Aus Protest gegen die Entscheidung der Deutschen Fußball-Liga (DFL), sich einem ausländischen Investor zu öffnen, verabredeten die Zuschauer einen zwölfminütigen Stimmungsboykott. Der Stummfilm, der sich ihnen vor allem zu Beginn der Partie auf dem Rasen bot, wies wiederum eine Verwandtschaft mit Werken aus dem Trash-Genre auf. Was unter anderem daran lag, dass Union den Kölner Gästen Ball und Initiative überließ - wobei nicht ganz klar war, ob das ein Akt vorweihnachtlicher Großzügigkeit war oder ein besonders perfider Versuch, den Gegner zu zermürben, indem man seine Unzulänglichkeiten vorführt. Nach einer halben Stunde lag der Ballbesitz der Kölner bei rund 60 Prozent. Doch eine richtige Idee entwickelten sie nicht.

Newsletter abonnieren
:Morgen im Stadion

Der besondere Blick der SZ-Sportredaktion auf den Bundesligaspieltag, jeden Freitag als Newsletter. Kostenlos anmelden.

Erst zur 38. Minute kamen sie zur ersten Chance, als Denis Huseinbasic im Strafraum zum Schuss kam, aber dem Ball keinen Druck verleihen konnte. Unions Torwart Frederik Rönnow tauchte ab und lenkte den Ball zur Seite. Fünf Minuten später war Rönnow wieder gegen Huseinbasic zur Stelle, diesmal bei einem Schuss aus der Distanz. Den Nachschuss von Jan Thielmann konnte Rönnow ebenfalls parieren.

Union hatte gegen Köln sogar Probleme, in die Zweikämpfe zu kommen

Und Union? War ein Schatten seiner selbst. Die einstige Kompaktheit existierte in der gesamten ersten Halbzeit bloß als Erinnerung an eine entfernte Vergangenheit. Ausweis dessen waren die eklatanten Probleme, überhaupt in Zweikämpfe zu kommen - einst eine Paradedisziplin der Köpenicker. Sie war diesmal ein Hohn auf den martialischen Spruch, den die Ultras Unions auf ein Transparent geschrieben und vor Beginn der Partie auf der Waldseite des Stadions in die Höhe gehalten hatten: "Mit aller Gewalt - Klassenerhalt."

Man konnte den Unionern allenfalls zugutehalten, dass ihr Nervenkostüm nach den dramatischen Fehlschlägen des letzten Semesters gelitten hat. Es half auch nichts, dass Unions Trainer Nenad Bjelica eine Stammelf gefunden zu haben scheint. Im Vergleich zur Niederlage vom Wochenende beim VfL Bochum - ein 0:3-Desaster - nahm er nur eine Änderung vor: Stürmer Sheraldo Becker, der als möglicher Zugang von Eintracht Frankfurt gehandelt wird, stand nicht im Kader. Für ihn spielte Andras Schäfer.

Benedict Hollerbach feiert sein 1:0 für Union. (Foto: Michael Taeger/Jan Huebner/Imago)

Zur zweiten Halbzeit allerdings reagierte Bjelica. Für den neuerlich glücklosen Kevin Behrens kam die Chelsea-Leihgabe David Fofana. Doch noch ehe er sich vernünftig in Szene setzen konnte, war schon wieder Rönnow gefordert. Nach einer Flanke von Thielmann setzte Davie Selke zu einem fürwahr komplizierten Kopfball an - Rönnow parierte spektakulär (51.). Erst danach läutete in der Alten Försterei der Wecker - in Form des Führungstores von Hollerbach (56.).

Es war ein Treffer, der sich nicht mal ansatzweise angedeutet hatte - unter anderem auch deshalb, weil Hollerbach eigentlich nichts außer Schnelligkeit aufs Tapet gebracht hatte. Als Volland auf der linken Seite aber den Ball ein paar Mal behauptet und in den Strafraum gepasst hatte, war der 22-jährige Hollerbach zur Stelle. Er düpierte seinen Bewacher mit einer einfachen Körpertäuschung und jagte den Ball aus kurzer Distanz und spitzem Winkel unter die Querlatte.

Bjelica versteifte sich nämlich darauf, die Defensive zu stärken

Kurz danach hatte Hollerbach nicht nur eine weitere Chance - sondern auch Feierband. Bjelica versteifte sich nämlich darauf, die Defensive zu stärken. Er wechselte Christopher Trimmel, Alex Kral und auch Leonardo Bonucci ein. Das Resultat war frappierend. Denn Union kam über Konter zu Chancen, erst durch Josip Juranovic (71.), dann durch Kral und Volland (72.), schließlich durch Fofana (76.). Nun war es der Kölner Keeper Marvin Schwäbe, der mit guten Rettungstaten ins Blickfeld rückte. In der 78. Minute aber war er gegen Fofana machtlos: Der Ivorer bekam auf der rechten Seite einen Ball von Juranovic direkt in den Lauf gespielt - und setzte ihn vom rechten Eck des Fünfmeterraums in den rechten Winkel. Der Rest war bloß Kölner Melancholie.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

1. FC Union Berlin
:Und jetzt: 40 Punkte sammeln

Union Berlin zeigt beim 2:3 gegen Real Madrid seine Champions-League-Form und unterliegt erneut äußert knapp. Trotzdem ist die Europareise nun zu Ende - und der Klub muss sich seinem stets proklamierten Saisonziel widmen.

Von Javier Cáceres

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: