1. FC Union Berlin:Verloren, zweimal Rot und der Rasen ist auch kaputt

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Am Donnerstag die größte Duschkabine Berlins: Das Berliner Olympiastadion. (Foto: Annegret Hilse/Reuters)

Union Berlin erlebt gegen Rotterdam einen mittelprächtigen Europapokalabend. Im strömenden Regen hinterlassen die Köpenicker im Olympiastadion einen ramponierten Untergrund - doch abseits des Feldes verhindert das Wetter wohl Schlimmeres.

Von Javier Cáceres, Berlin

Herthas Trainer Pal Dardai pflegt gute Nachbarschaftsverhältnisse, im Kleinen wie im Großen. Im Kleinen zu seiner unmittelbaren Mitwelt im Berliner Westend; im Großen, in seiner Beziehung zum Ortsrivalen 1. FC Union Berlin. Vor ein paar Wochen bekundete Dardai, dass er Union die Ausflüge in die Conference League gönne, in den von der europäischen Fußballunion Uefa erstmals ausgerichteten Klub-Wettbewerb. Nur eine Bitte hatte Dardai, hinsichtlich seiner eigenen Interessen: Die Unioner sollten bei ihren Ausflügen ins Berliner Olympiastadion, in dem Hertha Hauptmieter ist, bitte nicht den Rasen ramponieren. Die Köpenicker mussten ins Westend ausweichen, weil die Uefa unter anderem einen Mindestanteil an Sitzplätzen verlangt, die das Stadion An der Alten Försterei nicht bietet.

Am Donnerstagabend spielte Union zum zweiten Mal in dieser Saison im weiten Rund, diesmal gegen Feyenoord Rotterdam, und dass die Köpenicker am Ende im Exil mit 1:2 unterlagen, hatten auch damit zu tun, dass der Platz am Ende der Partie in einem Zustand war, den nicht nur Dardai bemitleidenswert fand. Hertha muss am Sonntag gegen den Europa League-Teilnehmer Leverkusen (4:0 gegen Betis Sevilla) einen "wubbelischen" Acker erwarten, wie es Manager Fredi Bobic am Freitag formulierte. Der Grund: In den Stunden vor dem Spiel der Unioner hatten die Ombrometer in Berlin eine Menge zu tun.

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Für die Länderspiele gegen Liechtenstein und Armenien nominiert der Bundestrainer den Spieler aus Paris. Auch Freiburgs Christian Günter kehrt zurück, Lukas Nmecha ist neu dabei - ein Prominenter fehlt weiterhin.

Die Wetterstation Dahlem beglaubigte über Stunden eine Niederschlagsmenge von 8 Millimetern, was zwar nicht als Starkregen durchgeht, sich aber so anfühlte. Zum Schluss waren nicht nur tiefe Furchen auf dem Rasen des Olympiastadions zu sehen, sondern auch eine Szene, nach der die Unioner nicht nur im Wortsinn, sondern auch im übertragenen Sinn bedröppelt ausschauten. Union Torwart Andreas Luthe hatte eine Szene, die man bestens in jeden Buster-Keaton-Film montieren könnte.

In der 72. Minute hatte Luthe einen Rückpass erhalten und war mit dem Ball am Fuß durch den Strafraum stolziert. Dann machte er eine ruckartige Ausholbewegung, um gegen den Ball zu treten, es folgte eine Burleske: Luthe legte sich der Länge nach hin und krabbelte dem Ball hinterher, was angesichts des tiefen Bodens aussah, als würde er im Watt waten. Er konnte nur hinterherblicken, wie Cyriel Dessers den Ball ins Tor schob und den 2:1-Endstand erzielte. Union ist in der Gruppe E Tabellenletzter, von einem Einzug in die K.-o.-Runde kann der Klub nur träumen, wenn er bei Maccabi Haifa (25.11.) und gegen Slavia Prag (9.12.) Siege erzielt.

Trainer Urs Fischer war für seine Verhältnisse angefressen. Nicht wegen des Regens, dem er als passionierter Angler stoisch standzuhalten gelernt hat, und auch nicht wegen des Luthe-Malheurs ("Fußball ist ein Fehlerspiel"). Sondern vor allem wegen zweier "Unbeherrschtheiten", die in der Schlussphase Platzverweise gegen Kapitän Christopher Trimmel und Cedric Teuchert zur Folge hatten: Trimmel warf nach einem Schiri-Pfiff den Ball erzürnt auf den Boden und sah zum zweiten Mal Gelb; Teuchert trat nach. "Darüber wird zu reden sein", sagte Fischer.

Eigentlich agierte Union über weite Strecken überlegen

Es ärgerte ihn aber auch, dass sein Team die Überlegenheit gegen das Eredivisie-Spitzenteam nicht ummünzte. Man habe genug Möglichkeiten gehabt, - das erste Tor erzielte dann aber Luis Sinisterra für Feyenoord (12.). Auch nach dem wundervollen Ausgleichstreffer von Trimmel (42.) hatte Union alle Möglichkeiten, selbst das 2:1 zu machen, statt das 1:2 durch die Niederländer zu kassieren. Sagte Fischer, dessen Team am Sonntag beim Ex-Unioner Steffen Baumgart in Köln antritt.

Jenseits davon hinterließen auch die Feyenoord-Fans Furchen und Spuren in Berlin, und das nicht nur, weil sie die denkmalgeschützte East Side Gallery verschandelten, auf dem Teile der Berliner Mauer von Künstlern verziert wurden. Laut Berliner Polizei wurden rund um die Partie insgesamt 182 Personen festgenommen und zahlreiche Ermittlungsverfahren eingeleitet. Von Widerstand gegen Polizisten über gefährliche Körperverletzung, das Verwenden von Nazi-Symbolen bis hin zu Verstößen gegen das Sprengstoff- und das Betäubungsmittelgesetz war eine Menge aus dem Katalog des StGB dabei. Und doch blieb der Eindruck, dass der Regen Union zwar zwei Punkte auf dem Rasen kostete, aber jenseits des Stadions Schlimmeres verhinderte.

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