Deutschland bei der U21-EM:Druck schon nach Spiel eins

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Youssoufa Moukoko verschoss bei der U21-EM früh im Spiel einen Elfmeter. (Foto: Meusel/Beautiful Sports/Imago)

Überzahl, zwei verschossene Elfmeter - und trotzdem steht es am Ende nur 1:1 für die U21 gegen Israel. Nach dem Spiel werden Youssoufa Moukoko und Jessic Ngankam im Netz rassistisch beleidigt - Verband, Vereine und Trainer stellen sich hinter sie.

Von Ulrich Hartmann

78 Prozent Ballbesitz, die komplette zweite Spielhälfte in Überzahl, 16:5 Torschüsse, 31:1 Flanken und zwei verschossene Elfmeter - wenn das Schicksal die deutschen U21-Fußballer am Donnerstagabend demütigen wollte, dann muss man sagen: Es hat ganze Arbeit geleistet.

Die U21 ist in ihrem Auftaktspiel der Europameisterschaft im georgischen Kutaissi gegen Israel nicht über ein 1:1 (1:1) hinausgekommen. Der Kapitän Yann Aurel Bisseck köpfelte in der 26. Minute den Ausgleich, nachdem er sechs Minuten zuvor vom israelischen 1:0-Torschützen Dor Turgeman ganz schön ausgetrickst worden war. "Klar sind wir erst mal enttäuscht", sagte der für Aarhus GF aktive Abwehrmann, "aber wir dürfen nicht zu lange darüber nachgrübeln, denn am Sonntag ist das nächste Spiel, das müssen wir gewinnen und ich habe keine Sorge, dass wir das hinkriegen."

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Zu diesem Zweck muss die unzufriedene Mannschaft allerdings zusätzlich auch noch die unschönen Nebengeräusche dieses Auftaktspiels verarbeiten, denn Mittelstürmer Youssoufa Moukoko von Borussia Dortmund, der in der 3. Minute den ersten zweier deutscher Elfmeter verschossen hatte, berichtete nach dem Spiel von rassistischen Kommentaren in seinen Social-Media-Kanälen. Auch der unglückliche Schütze des zweiten verschossenen Elfmeters, Jessic Ngankam von Hertha BSC, wurde beleidigt. Auf den Instagram-Profilen beider Spieler waren viele der Kommentare zu sehen. Schon am Dienstag war Innenverteidiger Bisseck nach seiner Berufung zum Kapitän auf Facebook massiv beleidigt worden.

Die beiden Vereine und der Deutsche Fußball-Bund positionierten sich unmittelbar hinter ihre beiden Profis, verurteilten die Kommentare und stärkten den Spielern den Rücken. "Wir stehen hinter euch, Jessic und Youssoufa!", hieß es von der Hertha, Borussia Dortmund schrieb: "Die Borussen-Familie steht hinter Dir, Youssoufa!"

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Losgegangen war die fußballerische Kombination aus Dominanz und Ineffektivität am Donnerstagabend direkt mit dem ersten Foulelfmeter in der 3. Minute, den Moukoko derart schwach schoss, dass Israels Torwart Daniel Peretz ihn nach korrekter Seitenwahl leicht parieren konnte. Zehn Minuten vor Schluss bekam die deutsche Mannschaft ihre zweite Chance vom Elfmeterpunkt, wieder ein Foulelfmeter. Diesmal legte sich der sieben Minuten zuvor eingewechselte Ngankam den Ball zurecht und schoss rechts halbhoch. Vielleicht ein bisschen besser als Moukoko, aber immer noch schwach genug, damit Peretz ihn wiederum nach Wahl der korrekten Ecke halten konnte. Den aussichtsreichen Nachschuss setzte Kevin Schade vom FC Brentford leichtfertig links neben das Tor.

Das Schicksal, muss man eigentlich konstatieren, hat die deutschen U21-Fußballer gar nicht demütigen wollen, es hat ihnen sogar viele Siegchancen geschenkt, aber sie haben sie nicht genutzt. Ganz kurz vor der Pause war Israels Eden Karzev mit Gelb-Rot vom Platz geschickt worden. Es war eine harte Entscheidung. Doch auch aus der Überzahl konnte die deutsche Mannschaft keinen Profit schlagen. "Der Frust sitzt tief", sagte der Trainer Antonio Di Salvo, "aber wir müssen den Kopf oben halten, wir müssen weiter dran glauben, wir müssen am Sonntag gegen Tschechien gewinnen."

Gruppengegner England ist auch ein Turnierfavorit

Müssen, müssen, müssen - so etwas kann ein Problem werden in einem Turnier, das mit einer herben Enttäuschung beginnt. Gegen die Tschechen, die gegen den Gruppenfavoriten und Titelkandidaten England 0:2 verloren, ist ein Sieg am Sonntagabend (18 Uhr, Sat1) in Batumi nun Pflicht. Auch gegen die Engländer zum Abschluss der Gruppenphase am Mittwoch ist ein Erfolg möglich, aber die Briten spielen auf einem anderen Niveau als Israel und Tschechien. Die deutsche Mannschaft steht ab sofort ultimativ unter Druck. Nun wird sich zeigen, wie gut die jungen Spieler mit solch einer Situation bereits umgehen können.

Auch die Beleidigungen gegen einige seiner Akteure wird der Trainer Di Salvo explizit thematisieren. "Wir sind eine Gemeinschaft, wir spielen alle gerne für Deutschland", sagte er, "natürlich werde ich mit den Jungs darüber sprechen, weil ich mir vorstellen kann, dass das die Mannschaft beschäftigt."

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