Dritte Liga:Das Vertrauen ist weg

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Nichts zu holen im Stadion Rote Erde: Hier kann Morris Schröter vom TSV 1860 den Dortmunder Mario Suver nicht stoppen. (Foto: EU-Images/Imago)

Der TSV 1860 verliert 0:3 in Dortmund. Die Wut bekommt vor allem Trainer Mauricio Jacobacci ab, der in der Torwartfrage keine glückliche Figur abgegeben hat.

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In der 63. Minute war dann auch die Nummer 15 des TSV 1860 München geschlagen - aber den Schuss von Ole Pohlmann hätte sicher auch die Nummer eins nicht gehalten, die jetzt auf der Bank sitzt. Dann fiel noch ein weiteres Gegentor (78.), und noch eins (81.) - und die Stimmung bei den Löwenfans, die eine Winter-Odyssee zu Borussia Dortmund II hinter sich hatten, kippte komplett. Nun war es völlig egal, wer im Tor stand. Die Sechziger befinden sich nach diesem 0:3 (0:0) nicht mehr nur in einer innenpolitischen, sondern auch in einer sportlichen Krise, man ist nur noch zwei Plätze von den Abstiegsrängen der dritten Liga entfernt.

Die Löwen hatten eine beschwerliche Anreise gehabt. Das Spiel war sogar auf der Kippe gestanden, weil der planmäßige Flug wegen des Wintereinbruchs gecancelt worden war. Die Münchner flogen dann erst am Sonntag mit einem Privatflieger von Augsburg nach Dortmund. Doch zunächst waren ihnen keinerlei Strapazen anzumerken, im Gegenteil: Die Mannschaft präsentierte, offensiv gesehen, eine erste Halbzeit wie lange nicht, mit mehreren gut herausgespielten Chancen. So scheiterte der nach seiner Gehirnerschütterung wieder genesene Niklas Lang nach vier Minuten aus kurzer Distanz am Fuß des Dortmunder Torhüters Silas Ostrzinski, zwei Minuten später köpfelte der neu in die Startelf rotierte Julian Guttau völlig frei stehend etwas zu unpräzise.

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Der 20-jährige BVB-Keeper sollte bei seinem ersten Saison-Einsatz in der dritten Liga noch weitere Gelegenheiten bekommen, sich zu strecken, auch Tim Rieder (28.) und der diesmal auffällige Erol Zejnullahu (29.) prüften ihn ernsthaft. Die Gastgeber, die in Wahrheit im Stadion Rote Erde ein Auswärtsspiel hatten, weil mehr Löwen- als BVB-Fans dabei waren, hatten wiederum ihre Entlastungsangriffe. Dabei zeigte sich, dass der neue 1860-Stammtorwart David Richter auch so eine Art Privat-Flieger ist, wenn der Rest der Mannschaft nicht mehr helfen kann: In der ersten Eins-gegen-eins Situation klärte er noch, indem er ruhig stehenblieb (11.), danach hechtete er zweimal nach dem Ball und klärte spektakulär (18., 42.).

Leroy Kwadwo fehlt gegen Rot-Weiss Essen gelbgesperrt

Maurizio Jacobacci dürfte mit ihm zufrieden gewesen sein, vor der Pause meckerte der 1860-Coach allerdings dennoch viel herum: Zum einen hatte Abwehrspieler Leroy Kwadwo seine fünfte gelbe Karte gesehen (23.), er wird im Heimspiel gegen Rot-Weiss Essen fehlen; besonders ärgerlich war für Jacobacci aber die schlechte Chancenverwertung.

Ohnehin hat Sechzig - vor allem wegen der Verletzung von Angreifer Joël Zwarts - derzeit eher ein Offensiv- als ein Torwart-Problem. Doch mit der Torwart-Personalie hatte Jacobacci dennoch ein großes Fass aufgemacht, und das, obwohl die Entscheidung aufgrund der Leistungen Richters in seinen zuvor sechs Einsätzen durchaus nachzuvollziehen war. Schwerer nachzuvollziehen war die Moderation. Zunächst hatte Jacobacci nach Hillers dreiwöchiger Verletzung angekündigt, klar, der 26-jährige Stammkeeper werde ins Tor zurückkehren: "Es hat mit mehreren Prinzipien zu tun: Vertrauen, Respekt, Anerkennung, Korrektheit", und "das Verhältnis Trainer-Spieler" wäre andernfalls "auch infrage gestellt", hatte Jacobacci gesagt. Dann verlor Sechzig 0:1 im Landespokal beim FC Pipinsried, Hiller sah beim Gegentor nicht gut aus - und Richter stand im Liga-Derby gegen Unterhaching (0:1) wieder im Tor.

Torhüter David Richter und Leroy Kwadwo vom TSV 1860 messen sich im Dortmunder Schneegestöber mit BVB-Spieler Julian Hettwer. (Foto: eu-images/Imago)

Am Sonntag vor dem Anpfiff der Partie in Dortmund erklärte Jacobacci nun bei Magentasport, Hiller habe vor dem Pipinsried-Spiel "das Vertrauen ausgesprochen bekommen, aber es nicht zurückgegeben". Zwischenzeitlich hatte Hiller, seit 15 Jahren im Verein, bei Bild angedeutet, über einen Weggang nachzudenken. Und nun blieb die Frage offen, wer zuerst wem das Vertrauen entzogen hatte.

Und so dürfte das Hin und Her auch dazu beigetragen haben, dass sich in der Schlussphase der Partie die Wut der Fans vor allem an Jacobacci entlud: "Trainer raus, Trainer raus", war oft und laut zu hören. Der Abend in Dortmund endete mit wütenden Rufen und Fans, die über den Zaun klettern und den Spielern an die Wäsche wollten.

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