TSV 1860 München:Neue Heimat

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Künftig in Blau: Joel Zwarts, hier noch für den Jahn im Testspiel gegen den FC Augsburg im Einsatz. (Foto: Klaus Rainer Krieger/Imago)

Trainer Maurizio Jacobacci bekommt nach langer Suche seinen gewünschten Mittelstürmer: Joël Zwarts wechselt aus Regensburg zu den Löwen. Die Jahn-Fans sind erzürnt über den Ablauf des Weggangs.

Von Christoph Leischwitz

Ganz so abstrus, wie es der Postillon am Dienstagmittag postete, war die Sache dann doch nicht. Das Satiremagazin hatte mit der Überschrift "Vertrag endlich fix: Harry Kane geht nach München" am Dienstagmittag ein Foto vom englischen Angreifer und dem ehemaligen 1860-Geschäftsführer Günther Gorenzel gezeigt, Gorenzel erklärte demnach: "Harry Kane ist jetzt ein Löwe." Dass die Nachricht nicht stimmen konnte, zeigte sich daran, dass Gorenzel gar nicht mehr Sportdirektor der Sechziger ist. Aber: Die Blauen haben es in Wahrheit tatsächlich noch vor den Roten hinbekommen, ihren Wunschstürmer zu verpflichten. Wobei es wiederum in der Oberpfalz viele Menschen gibt, die diesen Transfer für einen schlechten Witz halten.

Joël Zwarts, 24, wechselt innerhalb der dritten Liga vom SSV Jahn Regensburg nach München-Giesing. Dass der Niederländer das Zeug dazu hat, viele Tore in der dieser Liga zu schießen, darf man annehmen, er hat zumindest in der zweiten niederländischen Liga 31 Mal in 106 Partien getroffen und bringt aus seinem ersten Jahr in Regensburg auch etwas Zweitliga-Erfahrung mit. Dass sie nun auf seine Qualitäten verzichten müssen, ist aber nicht der Hauptgrund, warum sie in Regensburg nun so erzürnt sind. Dort war man davon ausgegangen, dass Zwarts' Abschiedsabsichten damit zu tun haben, näher an seiner Heimat leben zu können, aus privaten Gründen. Das dürfte mit einem Wechsel zu einem direkten, gut 100 Kilometer südwestlich gelegenen Ligakonkurrenten nun ad absurdum geführt sein.

Dem Vernehmen nach war das Angebot der Sechziger für Zwarts allerdings so gut, dass er nun mobiler ist, sprich: es sich schlicht öfter leisten kann, nach Hause zu fliegen. Er teilte bei Instagram jedenfalls mit, der TSV sei "die beste Option für mich und meine Familie" gewesen, und ergänzte: "Glauben Sie nicht alles, was die Leute sagen und schreiben, vieles ist nicht wahr."

Es darf davon ausgegangen werden, dass der Jahn und der TSV 1860 in etwa über einen gleich großen Etat verfügen; dass die Sechziger Zwarts nun ein Angebot machten, das dieser nicht ablehnen konnte, legt nahe, wie viel ihnen diese Verpflichtung buchstäblich wert war. Über die Ablöse und weitere Details zur Vertragsauflösung wurde Stillschweigen vereinbart; sie soll im mittleren fünfstelligen Bereich liegen, jedenfalls deutlich unter den 300 000 Euro, die der Jahn einst für Zwarts an Excelsior Rotterdam überwiesen hatte. Geld für Harry Kane dürfte bei Sechzig dennoch nicht mehr übrig sein.

"Ich bin dem SSV Jahn und allen Verantwortlichen dankbar für die Zeit hier in Regensburg. Ich möchte nun aber eine neue sportliche Herausforderung suchen und mich in einem neuen Umfeld beweisen." So wird Zwarts in der Pressemitteilung des Jahn zitiert. Das ist auffällig nichtssagend. Wie aus der Oberpfalz zu hören ist, war nach der Verpflichtung des Angreifers vor zwei Jahren der Funke nie so richtig übergesprungen - auch deshalb soll es zur Leihe nach Den Haag gekommen sein, wo er in 35 Pflichtspielen acht Tore erzielte, wobei er nur in der Hälfte der Partien in der Startelf stand.

"Zwarts hat den ganzen Verein an der Nase herumgeführt, und das in Perfektion", schreibt ein Mitglied des Jahn-Blogs

Manche Fans hatten geglaubt, dass sich nach dem Weggang von Trainer Mersad Selimbegovic Ende der vergangenen Saison mögliche Probleme erledigt hätten. Dem war aber wohl nicht so. Dem Vernehmen nach war Zwarts so wechselwillig, dass man davon ausging, dass er sich nicht mehr wirklich reinhängen würde für den Verein. Das lindert die Wut bei den Jahn-Fans erst einmal nur wenig. "Zwarts hat den ganzen Verein an der Nase herumgeführt, und das in Perfektion", schreibt ein Mitglied des Jahn-Blogs. "Er hat die sportliche Leitung getäuscht, und, vielleicht noch schlimmer, die Fans enttäuscht."

Fragwürdig bleibt nach wie vor, warum Zwarts in der Saisonvorbereitung so viel Einsatzzeit bekommen hatte, wenn ohnehin die Gefahr bestand, ihn noch zu verlieren. Am 1. August hatte der Angreifer im Toto-Pokal gegen den Landesligisten Unterpleichfeld (6:0) noch ein Tor geschossen, zwei Tage später, vor dem ersten Drittliga-Spieltag gegen Unterhaching (1:1), bat er um die Vertragsauflösung. Der Jahn war durchaus vorbereitet. Nach SZ-Informationen ist schon zeitnah mit der Verpflichtung eines Zwarts-Nachfolgers zu rechnen.

Die Löwen wiederum hatten lange nach einem Mittelstürmer gesucht. Schon Ende Juni, beim Trainingslager in Oberösterreich, hatte sich Trainer Maurizio Jacobacci einen Angreifer gewünscht, "der mir die Tore macht". Der außerdem Grundschnelligkeit besitzt und "im Spielaufbau hilft", indem er "die Tiefe attackiert", und der die Bälle halten kann. Zwarts ist immerhin 1,90 Meter groß, er wird auch lange Schläge festmachen können. In Regensburg hatten sie gleichzeitig aber auch schon die eine oder andere Schwäche ausgemacht. Besonders laufstark sei er nicht gerade, heißt es, beim Anlaufen des Gegners zeige er nicht gerade die größte Motivation. Vielleicht gelingt es Jacobacci, das zu ändern.

"Die intensiven Bemühungen" und die Gespräche mit dem Trainer hätten ihn überzeugt, sagt Zwarts nämlich über Sechzig. Er wird schon am Mittwoch ins Training einsteigen und die klassische Mittelstürmer-Nummer 9 tragen. Die erste Drittliga-Partie mit dem neuen Verein führt Zwarts übrigens recht nah an die Heimat: Es findet am 19. August beim MSV Duisburg statt.

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