Walter Junghans sitzt in München immer noch oft im Stadion. Man sieht ihn bei Heimspielen manchmal durch die Zuschauerreihen laufen, manchmal wird er noch angesprochen. Sagen Sie mal, waren Sie nicht der ...? Ja, Walter Junghans war der, der mal Sepp Maier im Tor ablösen sollte. Das war kein so schlechter Plan damals, Junghans war jung, Maier wurde älter, nur litt die Ausführung des Plans ein wenig darunter, dass Sepp Maier nicht der Meinung war, dass man ihn überhaupt jemals ablösen müsste. "Hinter mir wird der Junghans zum Althans", witzelte der Maiersepp damals, 1977.
Und damit gleich zu Sven Ulreich.
Sepp Maier hat damals einen Tonfall geprägt, der sich über Jahrzehnte halten sollte. Nach Maier folgten erst ein paar kürzere Konkurrenzkämpfe, Junghans gegen Manni Müller, Raimond Aumann gegen Jean-Marie Pfaff, aber spätestens seit der Ankunft des großen Oliver Kahn sind eine Menge Jungsiegfriede in München zu Althänsen geschrumpft. Gospodarek, Scheuer, Wessels, Dreher, auch Rensing: Okay, sie waren alle gut, aber was in Drei-Ollis-Namen hätte es für einen Grund gegeben, sie spielen zu lassen? Und ganz ehrlich: Von welchem Trainer, dem sein Leben lieb ist, hätte man verlangen können, dass er zu Olli Kahn hingeht und ihn fragt, ob er sich vielleicht womöglich unter Umständen vorstellen könne, mal drei, zwei, okay: auch nur ein Spiel herzuschenken?
Das Lewandowski-Problem am anderen Ende des Spielfelds
Manuel Neuer ist kein Halsbeißer und Kragenschüttler, aber in einem gleicht er Kahn wie ein Zwillingsbruder: Auch Neuer will immer, immer spielen. Kein Spiel ist ihm zu klein, als dass er es nicht doch haben möchte. Für die Bayern ist das bei allem Luxus ein kleines Problem: Denn welchen Torwart von Format soll man überreden, nach München zu kommen, wenn man da zwar anstößig viel Geld verdienen, aber unanständig wenig spielen kann?
Es ist das Lewandowski-Problem, nur am anderen Ende des Spielfelds. Nach dem Viertelfinal-Hinspiel gegen Real Madrid ist ja aufgeregt diskutiert worden, ob der FC Bayern sich das leisten kann: ohne sogenannten Lewandowski-Back-up in die Saison zu gehen. Die Bayern haben dann sinngemäß geantwortet: Gute Frage, aber uns bleibt ja nix anderes übrig. Welcher Topstürmer, der gut genug wäre, Lewandowski in einem Champions-League-Viertelfinale zu ersetzen, ist gleichzeitig anspruchslos genug, um sich für den Rest der Saison auf die Bank zu setzen?
Und damit endgültig zu Sven Ulreich.
Ulreich, 28, wird am Wochenende gegen Mainz 05 im Tor stehen, er wird an den nächsten Wochenenden ebenfalls im Tor stehen, auch im Pokal-Halbfinale am Mittwoch gegen Dortmund. Neuer ist passiert, was ihm ebenso selten passiert wie Lewandowski: Er ist verletzt, Bruch des linken Mittelfußes, Saisonende.