Saarbrücken gewinnt die Champions League:Hundemüde schlägt Hundemüde

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Darko Jorgic (mit Schläger) war im entscheidenden Duell der wachere Spieler und sicherte Saarbrücken die Champions-League-Trophäe. (Foto: Revierfoto/Imago)

Zum zweiten Mal nacheinander holt sich der 1. FC Saarbrücken den wichtigsten Titel im Klub-Tischtennis. Im Finale schlagen die Saarländer erneut Borussia Düsseldorf - wobei alle Spieler mit Jetlag und Zeitumstellung zu kämpfen haben.

Von Ulrich Hartmann

Als einer der besten Tischtennis-Spieler der Welt verfügt der Slowene Darko Jorgic über besonders viel Gefühl in den Händen. Als der 25-Jährige allerdings am Montagabend auf einem Siegerpodest in der Saarlandhalle eine Flasche Schaumwein öffnen sollte, gab er sie lieber schnell an einen kompetenteren Teamkollegen weiter und ersparte sich das Gefummel an Folie, Draht und Korken.

Jorgic war der Held des Tages beim zweiten aufeinanderfolgenden Champions-League-Triumph des 1. FC Saarbrücken. Nachdem der FCS das Endspiel vor 2450 Zuschauern mit drei Ballwechseln Vorsprung hauchdünn 3:2 gegen Borussia Düsseldorf gewonnen hatte, dröhnte aus den Boxen der Tote-Hosen-Hit "Tage wie diese". Das ist zwar eigentlich ein originäres Düsseldorfer Lied, aber auch dies ließen die Borussen ihren Bezwingern freundlich durchgehen. Jorgic war beseelt: "Im entscheidenden fünften Satz des entscheidenden fünften Matches mit drei Punkten Unterschied gegen Anton Källberg zu gewinnen, ist einfach unglaublich." Zuvor hatte der Weltranglisten-Fünfzehnte im Halbfinale gegen den TTC Neu-Ulm auch schon das entscheidende fünfte Match gegen Dimitrij Ovtcharov gewonnen und im Endspiel gegen Düsseldorf das Auftaktmatch gegen Dang Qiu.

Der Saarbrücker Tischtennis-Traum könnte freilich ein Trauma bei den Düsseldorfern auslösen, denn wie schon vor einem Jahr haben die Borussen Matchbälle vergeben zum größten Triumph im Klub-Tischtennis. 2023 hatte Düsseldorfs Dang Qiu gegen Saarbrückens Patrick Franziska drei Matchbälle nicht genutzt, diesmal ließ Düsseldorfs Anton Källberg gegen Jorgic zwei Matchbälle liegen.

Düsseldorf gegen Saarbrücken ist der Clásico des deutschen Tischtennis

Das Endspiel am Ostermontag war seit 2017 bereits das zehnte Final-Duell in drei Wettbewerben zwischen den beiden Klubs. Düsseldorf gewann gegen Saarbrücken ein Mal die Champions League (2021), drei Mal das Pokalfinale ('17, '18, '24) und drei Mal die Meisterschaft ('21, '22, '23); Saarbrücken gewann gegen Düsseldorf ein Mal den Pokal ('22) und zwei Mal die Champions League ('23, '24). Am 30. Juni in Frankfurt dürfte es im Endspiel um die deutsche Meisterschaft zum elften Final-Duell kommen. Düsseldorf gegen Saarbrücken ist der Clásico des deutschen Tischtennis.

Die Mannschaft des FCS präsentiert den Pokal. (Foto: Sebastian Bach/Fussball-News Saarland)

Diesmal wurde das Endspiel einschließlich der Halbfinals am Tag zuvor erstmals als Final Four ausgetragen. Dieser Champions-League-Showdown stand auch unter dem Eindruck des immer erdrückenderen World-Table-Tennis-Turnierkalenders. Denn bis kurz vor dem Champions-League-Finalturnier mussten je zwei Spieler von Saarbrücken, Düsseldorf und Neu-Ulm noch bei einem obligatorischen Individual-Wettbewerb im südkoreanischen Incheon mitspielen. Vom Flughafen Seoul-Incheon nach Frankfurt mussten die Saarbrücker Franziska und Jorgic, die Düsseldorfer Qiu und Källberg sowie die Neu-Ulmer Ovtcharov und Truls Möregardh Ende vergangener Woche 14 Stunden heimfliegen und dabei acht Stunden Zeitunterschied überwinden - und dann wurde in der Nacht zum Sonntag ja auch noch die Uhr um eine Stunde vorgestellt.

Timo Boll gehörte in Saarbrücken zu den Geschlagenen. (Foto: Revierfoto/Imago)

Beim Neu-Ulmer Ovtcharov glaubte man eine jetlag-bedingte Müdigkeit dann auch zu erkennen, er verlor im Halbfinale sang- und klanglos gegen Saarbrücken beide Einzel gegen Franziska und Jorgic. Neu-Ulms Halbfinal-Aus mit den Weltklassespielern Ovtcharov, Möregardh und Quadri Aruna war durchaus eine Überraschung. Erwartet worden war Düsseldorfs klarer Sieg gegen den Außenseiter TTC Wiener Neustadt.

Die Saarbrücker machten insgesamt den frischesten Eindruck, und im Zustand erheblicher Euphorie ist so ein Jetlag dann sowieso nicht mehr so unangenehm. Während die hundemüden Düsseldorfer Dang Qiu, Anton Källberg und Timo Boll am Montagabend enttäuscht heimfuhren, feierten die hundemüden Saarbrücker Darko Jorgic, Patrick Franziska und Yuto Muramatsu ihren Triumph. Mit versierten Handgriffen ließen sie die Korken knallen.

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