Tischtennis:Historisches Kräftemessen

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Gestatten: Källberg. Düsseldorfs Schwede wächst im Champions-League-Halbfinale gegen Neu-Ulm mehrmals über sich hinaus, unter anderem gegen Dimitrij Ovtcharov (im Vordergrund). (Foto: Hafner/Nordphoto/Imago)

In einem Champions-League-Halbfinale voller unglaublicher Wendungen scheidet der TTC Neu-Ulm überraschend gegen Düsseldorf aus. Erstmals in der Geschichte dieses Wettbewerbs muss ein Golden Match die Entscheidung bringen.

Von Andreas Liebmann

Kann man jemanden unterschätzen, der in der Tischtennis-Bundesliga, der stärksten Liga Europas, 13 von 15 Einzeln gewonnen hat? Wohl kaum. Und doch brachte es die Konstellation vor dem Champions-League-Halbfinale zwischen dem TTC Neu-Ulm und Rekordmeister Borussia Düsseldorf mit sich, dass zuvor über alles und jeden mehr geredet worden war als über ihn: Anton Källberg.

Beim Gegner war das einigermaßen klar: Dimitrij Ovtcharov war zu viele Jahre lang für keinen deutschen Klub mehr gestartet, als dass man den Olympiahelden von Tokio hätte übersehen können; und mit der geballten Weltklasse, die er in Neu-Ulm um sich geschart hat - dem nur für die Champions League verpflichteten Tomokazo Harimoto und dem aufregend begabten Truls Moregardh - galt der TTC ohnehin als großer Favorit. Dazu kam noch das aktuelle Theater um die TTBL-Sperren gegen Moregardh und Lin Yun-ju, dem Vierten im Bunde, die nach Neu-Ulms Pokalerfolg gegen Düsseldorf im Januar und damit nach der Wechselfrist regelwidrig die Bundesliga verließen (inzwischen ist auch Lins Zehn-Spiele-Sperre bestätigt).

Düsseldorf kommt mit Qiu und Boll - doch Källberg ist derjenige, über den man spricht

Und im Team der Düsseldorfer? Ist Dang Qiu nun mal Europameister von München. Und Timo Boll ist Timo Boll. Doch es war Källberg, der 25-jährige Schwede, der die Düsseldorfer erst maßgeblich auf Finalkurs brachte; der dann, in einem verrückten Rückspiel am Sonntag, eine Riesenchance auf diesen Finaleinzug wieder vergab; und der seine Borussia letztlich in der Verlängerung doch noch zu einem Sieg führte, dessen Zustandekommen man eigentlich in Spielfilmlänge erzählen muss. So hauchdünn zog Düsseldorf ins Finale gegen Saarbrücken ein, dass erstmals in der Champions-League-Geschichte das Äquivalent zum Elfmeterschießen zur Anwendung kam: ein Golden Match.

Mit 3:2 hatte Neu-Ulm das Hinspiel am Mittwoch gewonnen, beide Punkte für Düsseldorf kamen von Källberg: ein 3:0 gegen Ovtcharov und ein 3:2 gegen Harimoto, die Nummer vier der Welt. Boll dagegen unterlag, wie schon im Pokal, dem 20 Jahre jüngeren Moregardh, trotz 2:1-Satzführung und begeisternder Punkte.

Zum direkten Weiterkommen hätte Düsseldorf im Rückspiel am Sonntag also einen 3:0- oder 3:1-Sieg benötigt, und erneut startete Källberg furios: 3:2 gegen Ovtcharov. Diesmal erhöhte Qiu gegen Harimoto. Es sah schlecht aus für Neu-Ulm, fünf Matchbälle hatte Boll zur finalen Entscheidung - doch Moregardh wehrte alle ab und verkürzte. Und dann fing Harimoto Källberg kurz vor dessen Zieleinlauf noch ab. Nun sprach alles für Neu-Ulm - nur dass Ovtcharov den Sack nicht zumachte gegen Qiu, den er im Hinspiel und im Pokal noch bezwungen hatte. 3:2 also für Düsseldorf. Das Golden Match musste entscheiden: Je Spieler nur ein Satz gegen einen der anderen. Wer zwei dieser Minispiele gewinnt, ist weiter. Boll gegen Ovtcharov, dieses heiß ersehnte Duell, hätte am Ende alles entscheiden müssen. Doch zu dieser Paarung sollte es ein weiteres Mal nicht kommen. Weil Källberg (13:11 gegen Harimoto) und Qiu (11:8 gegen Moregardh) schon vorher für Düsseldorf alles klarmachten. Nach vier Stunden und zwölf Minuten.

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