Dortmund hält an Trainer Terzic fest:Der Versuch von Kontinuität

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Das Trio bleibt zusammen: Trainer Edin Terzic, Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke und Sportdirektor Sebastian Kehl (von links) werden in dieser Konstellation weiter ihre Arbeit beim BVB machen. (Foto: Dennis Ewert/RHR-Foto/Imago)

Trotz großer Kritik an der Spielweise und zuletzt auch enttäuschenden Ergebnissen bleibt Edin Terzic Trainer von Borussia Dortmund. Der Klub will sich im Winter verstärken - und steht direkt nach der Pause vor drei wegweisenden Spielen.

Von Freddie Röckenhaus, Dortmund

Borussia Dortmunds Führung hat sich am Donnerstag in einer Jahresabschlusssitzung für eine Fortsetzung der Zusammenarbeit mit Trainer Edin Terzic entschieden - trotz des bisher nicht befriedigenden Saisonverlaufs. Auch Sportdirektor Sebastian Kehl kann mit seiner Arbeit unverändert weiter machen. Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke bleibt damit vorerst seiner Linie treu, Terzic als langfristigen Trainer installieren zu wollen.

Die zuletzt fußballerisch erneut enttäuschenden Unentschieden, das 1:1 in Augsburg und das 1:1 gegen abstiegsgefährdete Mainzer, hatten bei vielen Fans zu Frustration geführt und erheblichen Druck aufgebaut. Meldungen, vor allem veröffentlicht beim Bundesliga-Partnersender Sky, wonach eine Gruppe prominenter Spieler vom Trainer eine andere, eher offensivere Spieltaktik eingefordert habe, machten die Runde. Watzke und sein Berater Matthias Sammer kamen aber am Donnerstagnachmittag offenbar zu dem Schluss, sich von solchen Stimmen und von den allenfalls durchwachsenen Leistungen der Mannschaft nicht beeindrucken zu lassen.

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Von Freddie Röckenhaus

Nach den Weihnachtsferien beginnt das Training beim BVB ab dem 2. Januar wie gewohnt unter der Leitung von Terzic, danach geht es ins Trainingslager nach Marbella, am 13. Januar steht das letzte Hinrunden-Spiel gegen Darmstadt an, danach folgen zwei Spiele gegen den abstiegsbedrohten 1. FC Köln und den Nachbarn VfL Bochum. Alles außer drei Siegen gegen diese drei Gegner wäre ein weiterer Rückschlag. Schon jetzt hat der BVB einen eigentlich unaufholbaren Rückstand von 15 Punkten auf Tabellenführer Bayer Leverkusen. Auch der wirtschaftlich wichtige vierte Platz, der sicher zum Erreichen der Champions League führt, ist gefährdet. Hier hat Dortmund bereits sechs Punkte Rückstand auf RB Leipzig, sieben sind es bis zum VfB Stuttgart auf Rang drei.

Bis auf Oliver Glasner gab der Trainer-Markt keine gute Alternative zum "Weiter so" her.

Sportchef Kehl arbeitet an Möglichkeiten, im Winter-Transferfenster die Mannschaft zu verstärken. Die Zugänge des Sommers sind bisher nicht die erhoffte, insbesondere nach dem Weggang von Jude Bellingham (Real Madrid) benötigte Verstärkung. Ramy Bensebaini und Marcel Sabitzer standen oft in der Kritik, Felix Nmecha, aus Wolfsburg für stattliche 30 Millionen Euro Ablösesumme losgeeist, kam schon verletzt nach Dortmund und fällt seit Wochen aus. Der Last-Minute-Einkauf des Bundesliga-Torschützenkönigs der Vorsaison, Niclas Füllkrug, wird positiver gesehen, aber auch der frühere Bremer hat es bisher nur auf sparsame fünf Treffer gebracht. Der vor 18 Monaten als Torjäger geholte Sebastien Haller ist nach einer überstandenen Krebstherapie derzeit weit vom Bundesliga-Niveau entfernt.

Zudem flog Dortmund im Achtelfinale des DFB-Pokals nach einer desolaten Vorstellung in Stuttgart (0:2) aus dem Wettbewerb. Nur in der Champions League, wo der BVB in Paris, dem AC Mailand und Newcastle United drei sehr starke Gegner zugelost bekommen hatte, lieferte die Mannschaft unter Terzic zum Teil gute Leistungen ab und erreichte sogar als Gruppensieger das lukrative Achtelfinale. Dort geht es nun im Februar gegen den niederländischen Tabellenführer PSV Eindhoven, trainiert vom ehemaligen BVB-Kurzzeit-Coach Peter Bosz.

Bosz war 2017 in Dortmund mit einer gnadenlos offensiven Taktik zwar furios gestartet, dann aber an der taktisch vernachlässigten Defensive gescheitert. Terzic kämpft derzeit mit umfassenderen Problemen. Offensiv und im Spielaufbau kann der BVB unter seiner Führung nicht überzeugen, auch defensiv hapert es. Dortmund hat von allen Top-Mannschaften mit Abstand die wenigsten Tore (30) geschossen und mit Abstand die meisten Gegentore (25) bekommen. Am vergangenen Dienstag gegen Mainz reagierte das Publikum auf die uninspirierte Spielweise in der zweiten Halbzeit mit einem Pfeifkonzert.

Vorerst hat sich Watzke aber offenbar entschieden, weiter auf Kontinuität zu setzen. Nach dem bisher letzten Meistertrainer Jürgen Klopp hatte Dortmund (seit 2015) selten lange Geduld mit seinen Trainern, egal ob mit Thomas Tuchel, Bosz, Marco Rose oder Lucien Favre, der immerhin zweieinhalb Jahre blieb. Derzeit allerdings steht weniger die Ergebniskrise im Mittelpunkt als die meist enttäuschende Art und Weise des Fußballs. Terzic werden unverhohlen taktische Defizite nachgesagt. Der Trainermarkt bietet allerdings mitten in der Saison wenige Alternativen. Bis auf den zuletzt bei Wolfsburg und Frankfurt erfolgreichen Oliver Glasner scheint es kaum Kandidaten für den Trainerposten zu geben. Nicht wenige bezeichnen die Entscheidung pro Terzic deshalb auch als "weiter wurschteln". Aber der Trainer kann zu Recht darauf verweisen, dass er schon zweimal, 2021 und 2023, in der Rückrunde zu einer Aufholjagd angesetzt hat.

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