Tennis:Tränen vor Mama und Papa

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Tennis: Tränen nach dem Sieg: Die Chinesin Shuai Zhang

Tränen nach dem Sieg: Die Chinesin Shuai Zhang

(Foto: AFP)

Die Chinesin Shuai Zhang spielt seit 20 Jahren Tennis, nie kamen ihre Eltern zu einem Spiel. Nach dem Erstrunden-Match gegen die Turnierfavoritin Simona Halep will sie eigentlich ihre Karriere beenden. Dann gewinnt sie.

Von Gerald Kleffmann, Melbourne

Es war nur eine einzige Bemerkung. "Gratulation zum ersten Sieg in einem Grand-Slam-Erstrundenmatch", hatte der Stadion-Interviewer vor 12 000 Besuchern gesprochen. Die Information traf einen Nerv. Shuai Zhang verdeckte schlagartig ihr Gesicht mit den Handflächen. Sicher dachten die meisten in der Rod Laver Arena, dass sie gleich wieder auftauchen und lachen würde. Aber Shuai Zhang stand einfach da und versteckte sich. Schluchzte erst ein bisschen, dann intensiver. Und das war dann für Lui Shuo zu viel. Jetzt fing ihr Trainer auf der Tribüne auch noch zu heulen an.

Ja, die Australian Open erlebten in diesem Moment die bislang emotionalste Siegerpräsentation. Denn Shuai Zhang hatte ja gewonnen. Gegen die Nummer zwei der Welt, 6:3, 6:4 gegen die Rumänin Simona Halep. Die Geschichte hinter dem ergreifenden Moment löste sie schließlich selbst auf, nachdem sie ihre brüchige Stimme im Griff hatte.

Auf der großen Bühne war sie eine Dauer-Verliererin

Seit 2004 versucht sich Zhang aus Tianjin im Nordosten Chinas schon auf der Frauentour. Mit 14 Jahren stieg sie bei den unterklassigen ITF-Turnieren ein. Der chinesische Verband kümmerte sich um ihren Weg, ihre Karriere. Später glückten ihr einige kleinere Turniersiege bei Veranstaltungen, die mal 10 000 Dollar und mal 25 000 Dollar an Preisgeld ausschütteten. Als Profi musste sie lange warten, bis sie etwas wirklich Besonderes erreichte. Im September 2013 triumphierte Zhang in Guangzhou und holte tatsächlich einen Titel auf der WTA Tour, kurz darauf sogar den zweiten, in Nanjing. Es waren kleine WTA-Turniere, aber egal. Es waren WTA-Siege. Auf der großen Bühne indes war sie eine Dauer-Verliererin.

Fünfmal stand sie im Hauptfeld der French Open. Zweimal in Wimbledon. Dreimal bei den US Open. Bei allen zehn Versuchen scheiterte Zhang. Und als sie vor diesen Australian Open 14-mal in Serie verlor, vom 30. Rang in der Weltrangliste abrutschte und plötzlich im Niemandsland landete, wollte sie hinschmeißen. "Ich war so unendlich traurig", gab sie zu. Nur noch ein Versuch bei einem Grand Slam, in Melbourne, wo sie noch nie gespielt hatte. Ihre Eltern reisten extra an, zum allerersten Mal überhaupt zu einem ihrer Einsätze bei Turnieren. Nein, sie sahen ihr wirklich nie zu, versicherte sie. "Wenn ich in Melbourne nicht ein Match in der ersten Runde gewinne, höre ich besser auf", das hatte sie sich vorgenommen. Das war die Ausgangslage.

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