Tennis:Nadal gibt in Wimbledon auf

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"Ich kann nicht riskieren, zwei oder drei Monate komplett raus zu sein": Rafael Nadal verkündet rief am Donnerstagabend kurzfristig seinen Rückzug vom Turnier in Wimbledon. (Foto: Pool/Reuters)

Eine Bauchmuskelverletzung macht einen Start des Spaniers im Halbfinale unmöglich. Der Australier Nick Kyrgios steht somit erstmals in einem Grand-Slam-Endspiel.

Von Gerald Kleffmann, Wimbledon

Die 23 Jahre alte Kasachin Jelena Rybakina saß gerade im Pressekonferenzraum und referierte darüber, wie sie es geschafft hatte, die Rumänin Simona Halep 6:3, 6:3 im Halbfinale zu besiegen und in ihr erstes Finale bei einem Grand-Slam-Turnier vorzustoßen, als unter den Reportern das Getuschel begann. Rafael Nadal werde gleich seinerseits eine Pressekonferenz abhalten, in diesem Raum, hieß es. Da er an diesem Donnerstag nicht gespielt hatte und es keinen offensichtlichen Grund für eine Ansprache an die Medien gab, war klar: Nadal hatte etwas Bedeutsames zu verkünden, das freilich längst keine Überraschung mehr war. Spätestens seit dem Mittwoch, als der Spanier unter Schmerzen sein Viertelfinalmatch gegen den Amerikaner Taylor Fritz nach fünf Sätzen gewonnen hatte, war bekannt: Sein Bauchmuskel machte ihm wirklich zu schaffen.

Um 19.22 Uhr tauchte Nadal auf, der Saal war gepackt voll, sofort sagte der 36-Jährige: "Leider, das kann sich jeder vorstellen, da ich ja nun hier bin, muss ich aus dem Turnier rausziehen. Wie jeder gestern sah, habe ich Schmerzen im Bauchbereich." Bereits am Nachmittag war die Darstellung aufgetaucht, er hätte gar einen sieben Millimeter langen Riss im Bauchmuskel erlitten. Dieses Ausmaß der Verletzung bestätigte Nadal nicht, er bejahte nur: "Ich habe einen Riss im Bauchmuskel." Damit endet auch der Versuch, den Kalender-Grand-Slam zu schaffen, also alle vier großen Titel binnen eines Jahres zu gewinnen. Nadal hatte 2022 bei den Australian Open und den French Open gesiegt.

Er sei jetzt erst vor die Medien getreten, da er den ganzen Tag über nachgedacht habe, welche Entscheidung er treffen solle. Nun klang er klar: "Ich traf meine Entscheidung, weil ich fest glaube, dass ich nicht zwei Matches in Serie unter diesen Umständen gewinnen kann." Er meinte: das Halbfinale gegen Nick Kyrgios an diesem Freitag und ein mögliches Finale am Sonntag. Der Australier Kyrgios steht damit automatisch als erster Finalist fest (das nun einzige Halbfinale bestreiten Novak Djokovic und Cameron Norrie). Für den 27-Jährigen, einem der schillerndsten Charaktere auf der Tour, wird es das erste Endspiel bei einem Grand-Slam-Turnier sein.

Nadal sagt: "Wenn ich weitermache, wird die Verletzung schlimmer und schlimmer."

Die Verletzung sei vor einer Woche aufgetreten, aber noch habe er sie "kontrollieren" können, sagte Nadal. Nach der Partie gegen Fritz ergaben Untersuchungen offenbar: "Diese kleine Sache wurde zu einer größeren Sache." Nadal grübelte auch deshalb, weil er in seiner verletzungsreichen Karriere oft genug bewiesen hatte, trotz gewisser Beschwerden seinen Körper über Grenzen treiben zu können. Erst beim vergangenen Grand-Slam-Turnier in Paris, bei den French Open, hatte er nach seinem 14. Titelgewinn verkündet, dass er sich vor jedem Match seinen chronisch angeschlagenen linken Fuß fit spritzen ließ. Noch am Donnerstagmittag hatte er nun kurz trainiert und ausgelotet, ob sein Bauchmuskel eine volle Belastung ermögliche. "Es ist offensichtlich", sagte er, "wenn ich weitermache, wird die Verletzung schlimmer und schlimmer."

Drei bis vier Wochen werde er nun kürzer treten, dann hoffe er, dass ihm diese Auszeit ermögliche, "meinen normalen Kalender zu machen". Damit dürfte Nadal bei den US Open Ende August antreten können. Für eine Woche wolle er nicht spielen, dann plane er mit leichtem Training von der Grundlinie. Nadal verteidigte auch seine Entscheidung, dass er seine Partie gegen Fritz fortgesetzt hatte - obwohl ihm Vater Sebastián und Schwester María Isabel das Zeichen gegeben hatten, er solle aufhören. "Ja, das war die richtige Entscheidung", sagte er, "weil ich das Match beendet habe" - als Sieger. Jetzt, an diesem Donnerstag, blieb ihm keine andere Wahl.

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