Tennis in Wimbledon:Nicht mehr die gleiche Serena

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Früh gescheitert: Serena Williams (Foto: Carl Court/AFP)

Die Französin Alizé Cornet wirft überraschend Serena Williams raus. Die Weltranglistenerste macht an diesem vom Regen zerschnittenen Tag viel zu viele Fehler. Bei den deutschen Spielerinnen erreicht nur Angelique Kerber das Achtelfinale - Vorjahresfinalistin Sabine Lisicki muss sich gedulden.

Von Michael Neudecker, London

Alizé Cornet ist aktuelle Deutsche Meisterin, sie hat mit dem TC Fidonia Bocholt 2014 in der Tennis-Bundesliga der Frauen den Titel geholt, übrigens auch in den beiden Jahren zuvor, das ist nicht schlecht. Alizé Cornet ist die Nummer eins in Bocholt, sie ist die Nummer 24 der Weltrangliste, in Wimbledon dieses Jahr ist sie eine von gleich elf Spielerinnen im Hauptfeld, die für Bocholt in der abgelaufenen Saison gemeldet waren, das ist ganz gut. Seit Samstag ist Alizé Cornet außerdem: die größte Überraschung des diesjährigen Wimbledon-Turnieres.

Die Französin Cornet, 24, trat an einem von ständigem Regen zerschnittenen Tag gegen Serena Williams an, die Nummer eins der Welt, und gewann: 1:6, 6:3, 6:4, nach zwei Stunden und vier Minuten reiner Spielzeit. Zwischendurch war das Match wegen des Regens unterbrochen worden, und als es wieder weiterging, "da hatte ich so schwere Beine", sagte danach Cornet, "ich habe mich so müde gefühlt", aber dann, "irgendwie", hat sie es doch geschafft, frischer zu wirken als Serena Williams. "Die größte Überraschung des Turniers, ich kann nicht glauben, dass ich das geschafft habe", sagte sie, schüttelte den Kopf, "wissen Sie: ich".

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Serena Williams sagte: nicht viel. Ob sie erklären könne, was passiert sei? "Nein. Ich hab's versucht, es hat nicht funktioniert." Ob sie sich geärgert habe, auf Court No. 1 spielen zu müssen statt auf dem Centre Court, der ein Dach hat? "Nein, überhaupt nicht." Ob die anderen Spielerinnen zu ihr aufgeschlossen hätten oder sie schwächer geworden sei? "Jede versucht, gegen mich das Match des Lebens zu spielen. Ich muss das nächste Mal einfach viel, viel besser sein."

Dabei hatte sie ja gut begonnen, im ersten Satz noch sah es so aus, als stelle Cornet keine wirkliche Hürde für sie dar, als ließe sie die dritte Runde ähnlich schnell hinter sich wie schon so oft in ihrer beeindruckenden Karriere. Serena Williams hat 17 Grand-Slam-Titel gewonnen, mehr als alle anderen derzeit aktiven Spielerinnen, in Wimbledon ist sie zuletzt 2005 in der dritten Runde ausgeschieden, vor neun Jahren.

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Aber Serena Williams hat auch eine bislang merkwürdige Saison hinter sich, eine, in der sie in Brisbane, Miami und Rom ihre Karrieretitel 58, 59 und 60 gewann; in der sie aber auch bei den Australian Open in der vierten Runde gegen Ana Ivanovic ausschied und bei den French Open gegen Garbine Muguruza aus Spanien, damals Nummer 35 der Welt. Und jetzt: Als der zweite Satz begann, spielte nicht mehr die gleiche Serena Williams wie im ersten Satz. Sie machte Fehler, bald gelang Cornet das erste Break, nach 37 Minuten hatte Cornet den zweiten Satz 6:3 gewonnen.

Die Zuschauer auf Court No. 1 raunten, es sah jetzt so aus, als habe sich das Match gedreht, und der Eindruck blieb, als der dritte Satz begann. Irgendwann führte Cornet 5:2, aber Serena Williams gab nicht auf, das immerhin. Sie verkürzte bei eigenem Aufschlag auf 3:5, schaffte ein Break zum 4:5, dann schlug wieder Cornet auf. Schnell führte Cornet 30:0, da tat Serena Williams noch einmal das einzige, was sie jetzt noch tun konnte: Sie ging zu ihrem Stuhl und holte einen neuen Schläger aus der Tasche, aber es half nichts mehr. Kurz darauf setzte Cornet den Ball hinter die Netzkante, Williams rannte vor, und schlug den Ball ins Netz.

"Sie hat mir ein bisschen geholfen", befand Cornet, "sie hat mehr Fehler gemacht als ich." Williams machte insgesamt 29 sogenannte unforced errors. Im Achtelfinale am Montag trifft Cornet nun auf die Kanadierin Eugenie Bouchard, die Andrea Petkovic wenig Chancen ließ. In einem Match, das zwischendurch wegen des Regens viereinhalb Stunden lang unterbrochen war, gelang es Petkovic zu selten, der offensiv schlagenden Bouchard ausreichend Widerstand zu leisten, "ich habe nicht so schlecht gespielt", sagte Petkovic danach, "aber sie war so gut, so aggressiv". Petkovic verlor 3:6, 4:6.

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Zeitgleich trat Angelique Kerber auf Court 16 gegen die Belgierin Kirsten Flipkens an, sie gewann 3:6, 6:3, 6:2. Kerber trifft nun im Achtelfinale auf die Russin Maria Scharapowa. Und auch Sabine Lisicki wird am Montag spielen, was allerdings unter anderem am Regen liegt: Lisickis Match gegen Ana Ivanovic begann am Samstag so spät, dass es wegen Dunkelheit beim Stand von 1:1 im zweiten Satz abgebrochen werden musste. Lisicki hatte den ersten Satz 6:4 gewonnen, sie hat also durchaus gute Chancen am Montag. Und sie ist nun schon dort, wo sie nach ihrer bislang mäßigen Saison nur wenige erwartet hatten: in der zweiten Woche von Wimbledon.

Hier geht es zu allen Ergebnissen aus Wimbledon.

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