Tennis:Ein Fest für Aufschlagexperten

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An Nummer eins gesetzt: Der Schweizer Dominic Stricker hat in Basel gerade Casper Ruud geschlagen. (Foto: Pierre Albouy/Reuters)

Das Challenger-Turnier in Ismaning ist weltweit das einzige, das auf Teppich gespielt wird. Wer sich hier nicht gleich mit dem ersten Schlag einen Vorteil verschafft, tut sich schwer.

Von Thomas Becker

Am Rand stehen, nicht auffallen, aber immer ein paar Bälle in der Hand haben und die zum richtigen Zeitpunkt im richtigen Bogen dem Spieler zukommen lassen: So sieht sie aus, die Jobbeschreibung eines Ballkindes. Die Jungen und Mädchen mit den stets hinter dem Rücken verschränkten Armen nimmt man als Zuschauer eines Tennismatches eigentlich nur dann wahr, wenn irgendetwas schief geht oder sie Opfer eines Wutanfalls seitens eines Spielers werden. Ansonsten sind sie einfach da - sollte man meinen.

Beim Challenger-Turnier Wolffkran-Open in Ismaning war dies nicht immer der Fall, erzählt Turnierdirektor Christoph Poehlmann: "Dass wir nun auf den Termin gerutscht sind, den früher das Turnier in Eckental inne hatte, hat unser Ballkindproblem gelöst - wegen der Herbstferien." Früher habe man mit den Spielen nicht vor 13 Uhr starten können und sei abends oft erst sehr spät fertig geworden, erzählt Poehlmann, "das war fast der Genickbruch."

Gut 40 Ballkinder seien in der Turnierwoche nötig, 24 werden pro Tag gebraucht, sechs für jede Partie. Wenn er in den Jahren zuvor bei den Schulen wegen Unterrichtsbefreiung für potenzielle Ballkinder vorstellig geworden war, sei er nicht auf Gegenliebe gestoßen: "Unser Turnier hat halt nicht den Klang wie die BMW Open." Dort war Poehlmann seit 2008 für die Ballkinder zuständig, mittlerweile ist er aufgerückt zum "Chief of Officials".

Bei den zum siebten Mal ausgetragenen Wolffkran Open ist er von Anfang an dabei, seit drei Jahren als Turnierdirektor. Und wie alle Kollegen muss er damit umgehen, dass sich in Sachen Teilnehmerfeld kurz vor Turnierbeginn ständig alles ändert: Der an eins gesetzte Tscheche Tomas Machac (Nummer 64 der Weltrangliste), im Achtelfinale von Wien gerade knapp an Stefanos Tsitsipas gescheitert, hat wohl genug Punkte für die Australian Open gesammelt und sagte ab, ebenso wie der Südafrikaner Lloyd Harris (Nr. 141), der in Runde zwei der US Open noch gegen einen gewissen Carlos Alcaraz verlieren durfte. Auch der auf Rang 373 abgerutschte Lokalmatador Peter Gojowczyk klagte kurzfristig über Schulterprobleme; er hätte sich durch die Qualifikation kämpfen müssen.

Leo Borg musste am Sonntag feststellen, dass es in Ismaning ordentlich zur Sache geht

Dass es dort schon ordentlich zur Sache geht, musste am Sonntag ein Spieler mit berühmtem Namen feststellen: Borg, Leo Borg. Der 20-Jährige mit dem bekannten Papa Björn rangiert auf Platz 358, hat im Juli mit einer Wildcard daheim in Schweden den ersten Sieg auf der ATP-Tour gefeiert. In Ismaning setzte es eine glatte 1:6, 4:6-Niederlage gegen den Österreicher Neil Oberleitner, einen 1,93 Meter hohen starken Aufschläger - ein gewaltiger Vorteil, da Ismaning das einzige Turnier weltweit ist, das auf Teppich gespielt wird. "Das ist unser Alleinstellungsmerkmal", sagt Poehlmann - und ein Fest für Aufschlagexperten. Wer sich hier nicht gleich mit dem ersten Schlag einen Vorteil verschafft, tut sich schwer. So wie Borg junior. "Den hat vorher noch nie jemand auf Teppich spielen sehen", sagt Pöhlmann. Satte 24 Jahre hat der Teppichboden in der Ismaninger Halle schon auf dem Buckel, er sieht aber aus wie neu. "Unser Platzwart steinigt aber auch jeden, der mit den falschen Schuhen auf den Platz will", scherzt Veranstalter Peter Aurnhammer.

Tennis
:Auf dem Teppich

Bei den Wolffkran Open in Ismaning hat der Münchner Tennisprofi Max Rehberg seinen bislang größten Erfolg erreicht. Den Sprung ins Männertennis hat der 19-Jährige damit wohl endgültig gemeistert.

Von Jonah Bastisch

Lokale Größen wie Max Rehberg und Marko Topo seien da schon im Vorteil, "weil sie von klein auf an Teppich gewöhnt sind", glaubt Poehlmann. Beide Nachwuchshoffnungen haben eine Wildcard für das Hauptfeld bekommen, dort allerdings gewaltige Aufgaben vor der Brust: Der 20-jährige Vorjahresfinalist Rehberg, derzeit die Nummer 631 der Welt, muss am Dienstag die Aufschläge des Zwei-Meter-Mannes Maxime Cressy (ATP-Rang 113) in den Griff bekommen, der gleichaltrige Marko Topo bekommt es am Mittwoch wie schon bei den BMW Open mit Oscar Otte zu tun, auch nicht gerade ein schlechter Aufschläger.

Nummer eins der Setzliste ist nun der Schweizer Dominic Stricker, zuletzt als Casper-Ruud-Bezwinger in Basel auffällig geworden. Der Weltranglisten-90. hatte schon beim Hartplatz-Turnier in Bergamo gemeldet, doch eine Poehlmann-Nachfrage bei seinem Coach, dem Allgäuer Dieter Kindlmann, ließ die Sache kippen: "Er meinte im Scherz, wenn wir ihm Tickets für das Bayern-Spiel organisieren können, dann kommt er", erzählt der Turnierdirektor. Die Bayern-Karten besorgte Poehlmann trotzdem - Stricker konnte sie dann aber nicht nutzen, weil er in Basel zu gut spielte. "Aber das holen wir nach", sagt Poehlmann und grinst, "nächstes Jahr."

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