Es gibt ein schönes Foto von Max Rehberg, erst vor zwei Wochen ist es entstanden: Man sieht den 19-Jährigen mit den dunklen Locken, wie er mit gestreckten Beinen auf dem Boden sitzt, im Vordergrund eine Flasche Sekt, im Hintergrund das Tennisnetz - und in seiner innigen Umarmung ein großer Pokal. Das Bild dokumentiert seinen ersten Titel auf der Profitour, den er im französischen Forbach gewonnen hat, ohne Satzverlust. Vielleicht ist es ja der Anfang von etwas Großem. Rehberg zählt aktuell zu den größten deutschen Tennistalenten. Er ist hinter dem gleichalten Marko Topo der am besten platzierte Teenager des Deutschen Tennis-Bunds.
Vielleicht muss man das Bild sogar noch etwas genauer beschreiben, denn der Boden, auf dem er sitzt, ist ein blauer Teppichbelag, ein inzwischen selten gewordener Untergrund auf der Profitour - der Rehberg aber gut liegt. Flache Schläge, kurze Ballwechsel, das mag der Münchner, der in Landsham im Landkreis Ebersberg lebt. Auf so einem Teppich (diesmal in Rot) hat nun in der zurückliegenden Woche auch sein Heimspiel stattgefunden, die Wolffkran Open in Ismaning, an denen er mit einer Wildcard teilnahm. Rehberg stand dort am Sonntag völlig überraschend im Endspiel, er musste sich mit 6:7 und 3:6 dem topgesetzten Franzosen Quentin Halys geschlagen geben, und doch hat er damit den bislang größten Erfolg seiner Karriere erreicht. Denn das Turnier in Ismaning zählt zur Challenger-Ebene der ATP-Tour, ist also höher angesiedelt als das Future-Turnier in Forbach, und bislang hatte er in dieser Kategorie noch nie ein Halbfinale erreicht.
Von Turnier zu Turnier hat sich Rehberg zuletzt in der ATP-Weltrangliste nach vorne gespielt. Im Januar stand er noch auf Platz 1370, der Finaleinzug von Ismaning brachte ihn bereits auf Rang 436. "Es ist nicht selbstverständlich, mit 19 Jahren bis ins Finale eines ATP-Challenger-Turniers zu kommen", sagte er. Die harte Arbeit habe sich in den vergangenen Wochen ausgezahlt, "ich bin sehr stolz auf mich und mein Team". Es sei schwierig, sich als junger Spieler auf der Tour zu beweisen. "Gerade der Sprung zu den Herren war enorm, weil es einfach ein anderes Spiel ist." Inzwischen hat er sich aber darauf eingestellt - und in Ismaning gleich in Runde eins den an zwei gesetzten Tschechen Tomas Machac besiegt. "Ich habe selten daran geglaubt, solche Spieler schlagen zu können, aber im Laufe der letzten Monate ging das vom Kopf her bei mir immer besser." Das bekamen danach auch routinierte Spieler wie Robin Haase oder Vasek Pospisil zu spüren.
Er kannte die Halle, er kannte die Zuschauer - und nutzte die Unterstützung des Publikums
Für den gebürtigen Münchner war das Turnier in Ismaning etwas ganz Besonderes. "Der Support in der Halle hat mir sehr geholfen", sagte er, "ich weiß nicht, ob ich ohne die Unterstützung der Zuschauer so weit gekommen wäre." Er kenne nicht nur die Halle sehr gut, sondern zum Teil auch "die Leute, die zuschauen - das alles war für mich ein großer Vorteil".
Auffällig während der Turnierwoche war die Lockerheit, mit der Max Rehberg von Sieg zu Sieg eilte. Keine Anzeichen von Nervosität, stets fokussiert auf den nächsten Punktgewinn. Auch hierbei hat sich etwas verändert. "Früher habe ich immer viel rausgeschaut und mich um die anderen Plätze gekümmert oder auf die Zuschauerränge geschaut, um zu sehen, wer da ist", stellte er fest. "Ich versuche inzwischen, meinen Blick auf dem Platz zu lassen und nicht abzuschweifen. Wenn ich mal einen wichtigen Punkt verliere, dann atme ich tief durch und meckere nicht die ganze Zeit, sondern sage: Der nächste Punkt gehört mir."
Immer wieder zeigte Rehberg in Ismaning seine Emotionen. Das sei wichtig für sein Spiel, glaubt er. Sich nach Punktgewinnen zu pushen, helfe ihm dabei, das Adrenalin hochzuhalten. "Es darf nur nicht so sein, dass ich ins Negative ausschlage." Was in Ismaning sehr gut gelang, auch im Endspiel am Sonntag. "Ich habe etwas gemischte Gefühle", sagte er danach zwar, denn "es tut weh, das Finale verloren zu haben". Sein Gegner habe aber "unfassbar" gespielt. "Ich glaube, das dauert jetzt ein paar Tage, dann kann ich es besser einordnen."
So viele Spiele ohne Niederlage wie in Forbach und nun in Ismaning, das sei inzwischen ein ungewohntes Gefühl für ihn gewesen, aber er könnte sich schnell wieder daran gewöhnen. Unter die ersten 750 der Welt wollte er kommen in diesem Jahr, das habe er nun schon weit übertroffen, sagte Rehberg, betonte aber gleich, "dass ich natürlich nicht nachlassen darf". Auch nach dem Turnier in Ismaning wird er wohl auf dem Teppich bleiben - zumindest sprichwörtlich.