Australian Open:Verbannt auf Court 13

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Schlaggewaltig: Elena Rybakina, die Nummer 25 der Weltrangliste. (Foto: Brenton Edwards/AFP)

Die in Russland geborene Kasachin Elena Rybakina ist zwar die aktuelle Wimbledon-Siegerin - wird bei den Australian Open aber wie eine Aussätzige behandelt.

Von Gerald Kleffmann, Melbourne

An diesem Montag steigt auch Elena Rybakina beim Start der Australian Open gleich ins Turnier ein. Unabhängig davon, wie sie ihre Erstrundenpartie gegen die Italienerin Elisabetta Cocciaretto bestreiten wird, kann sie sich schon auf eine Frage vorbereiten, die ihr gestellt werden dürfte: Wie sie das empfindet, als aktuelle Wimbledon-Siegerin nicht in einer der großen Arenen oder wenigstens auf einem der mittelgroßen Showcourts gespielt zu haben - sondern abgelegen auf Court 13.

Man muss sich im Melbourne Park tatsächlich gut auskennen, um diesen Platz auf Anhieb zu finden. Rybakina, so hat sie die Tenniswelt im Sommer 2022 kennengelernt, wird dann sicher nur höflich lächeln und diplomatisch etwas Unverfängliches antworten, bezeichnend ist ihr Fall trotzdem - dafür, dass nicht alle gleich behandelt werden in diesem Geschäft. Ihr Verhängnis dürfte sein, dass sie eine gebürtige Russin ist, die nun zwar schon seit 2018 für Kasachstan antritt. Aber das reicht offenbar, um auffallend häufig auf der Tour wie eine Aussätzige behandelt zu werden.

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Der Krieg Russlands gegen die Ukraine strahlt wahrlich in vielen Facetten aus. Grand-Slam-Sieger im Tennis werden in der Regel jedenfalls nicht auf die hintersten Plätze geschickt, wie es Rybakina, die freundliche 23-jährige Frau mit Geburtsort Moskau, erfahren muss.

Die Weltranglisten-Erste Iga Swiatek geht als große Favoritin in den Wettbewerb

Natürlich ist sie auch in der nun präsentierten Netflix-Serie "Breakpoint" keine der Protagonistinnen, wobei es sich bei diesem Format ohnehin nicht um eine klassische Dokumentation handelt. Der Streamingdienst schloss mit einzelnen Tennisprofis Verträge ab und begleitete diese eine Saison lang. Vor einem Jahr in Melbourne begann dieses kommerzielle Projekt, das sich an der Netflix-Erfolgsserie "Formula 1: Drive to Survive" orientiert. Unterhaltsam ist "Breakpoint", doch fast schon absurd mutet an, dass eben viel Relevantes fehlt. Der exzentrische Nick Kyrgios taucht in Überdosis auf; dafür weder Novak Djokovic, der vor einem Jahr ja mit seiner Abschiebung das größte Drama vorab zu den Australian Open geboten hatte - noch Rafael Nadals spektakulärer Triumph. Auch die Australierin Ashleigh Barty kommt nicht vor, obwohl sie den Titel holte und später ihre Karriere beendete.

In Szene gesetzt werden dafür Spielerinnen wie die Australierin Ajla Tomjlanovic und die Spanierin Paula Badosa. Dass diese beiden nun verletzungsbedingt auf die Australian Open verzichten müssen, ist natürlich auch ein Rückschlag für die Vermarktungsoffensive von Netflix, mehr noch aber fürs Turnier. Es fehlen ja bereits diverse namhafte Akteurinnen.

Wie Barty hat auch die Amerikanerin Serena Williams ihre Karriere beendet. Deren Schwester Venus Williams wollte per Wildcard mit 42 Jahren noch mal antreten, aber sie verletzte sich jüngst. Angelique Kerber, Siegerin 2016, passt wegen Schwangerschaft, auch die Japanerin Naomi Osaka, die zweimal in Melbourne triumphierte (2019, 2021), erwartet ein Kind. Die Rumänin Simona Halep ist nach einem positiven Dopingbefund suspendiert. Die Top Ten, das spricht indes für die Qualität des Feldes, ist vollständig anwesend, die Weltranglisten-Erste Iga Swiatek, überragende Spielerin 2022 mit acht Titeln (darunter Paris und die US Open), geht als große Favoritin in den Wettbewerb. Und trifft zunächst am Montag (9 Uhr MEZ) auf die Westfalin Jule Niemeier, die ihr 2022 in New York einen Satz abnahm.

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