Teamwettbewerb der Ski-WM:Neureuther kritisiert Trainer

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Gute Fahrt, aber nicht schnell genug: Felix Neureuther kann das Aus des DSV-Teams nicht verhindern. (Foto: dpa)
  • Nach dem Ausscheiden in der ersten Runde des Teamwettbewerbs bei der Ski-WM in Vail kritisiert Felix Neureuther die Mannschaftsaufstellung mit Veronique Hronek, Linus Strasser und Viktoria Rebensburg.
  • Hronek erlitt nach einem Fahrfehler einen Kreuzbandriss.
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Von Thomas Hummel

Das Gesicht verhärtete sich, der Ausdruck zeigte Fassungslosigkeit und Enttäuschung. Mattias Hargin ließ noch einen Kraftausdruck in den Schnee fliegen, erst danach ging er zum Gratulieren rüber. Rüber zu den Kanadiern, die gerade Hargins favorisierte Schweden besiegt hatten.

Kanada war die große Überraschung im Mannschafts-Wettbewerb der Ski-Weltmeisterschaft. Erin Mielzynski, Phil Brown, Candace Crawford, Trevor Philp - man muss schon ein echter Ski-Experte sein, um mit diesen Namen etwas anfangen zu können. Mielzynski hat 2012 einmal einen Slalom in Ofterschwang gewonnen, die anderen fielen im Weltcup noch nicht auf. Trotzdem gewannen sie als Team in Vail/Beaver Creek Silber, nur im Finale knapp geschlagen von den übermächtigen Österreichern. Hargins Schweden schafften immerhin noch Rang drei.

In den Runden zuvor hatten die Kanadier die Schweden, die Italiener - und die Deutschen besiegt. Felix Neureuther machte bei Ansicht der Ergebnistafel ein ähnliches Gesicht wie später Hargin. Völlig konsterniert reagierte der deutsche Vorzeigefahrer auf das Ausscheiden in der ersten Runde gegen diese Außenseiter.

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Veronique Hronek hatte ihr Duell gegen Mielzynski nach einem Fahrfehler kurz vor dem Ziel verloren. Linus Strasser war 0,01 Sekunden langsamer als Phil Brown. Viktoria Rebensburg profitierte von einem Sturz von Candace Crawford und verkürzte. Neureuther gewann zwar mit 0,23 Sekunden Vorsprung vor Trevor Philp und glich aus zum 2:2. In der Addition der Zeiten des schnellsten Mannes und der schnellsten Frau war Kanada jedoch um 0,05 Sekunden besser.

Die Enttäuschung im Ziel war groß. "Wenn man an den Start geht, will man um Medaillen fahren", sagte Neureuther. "Das ist ärgerlich, wir haben uns so viel vorgenommen", fügte Rebensburg an. Die erste Medaille für den Deutschen Skiverband bei der WM in Amerika war dahin. Richtig schlimm erwischte es Veronique Hronek. Sie war zwar nicht gestürzt, doch verursachte ihr Fehler anschließend so viel Druck auf ihr linkes Knie, dass das Kreuzband riss. In dem Gelenk hatte sie bereits 2013 einen Innen- und Kreuzbandriss gehabt. Sie soll bereits am Mittwoch nach Hause fliegen. Eine Operation durch Mannschaftsarzt Ernst-Otto Münch ist in der kommenden Woche vorgesehen.

Debatte im Zielraum um die Aufstellung

Als Hronek auf dem Weg ins Krankenhaus war, entfaltete sich im Zielraum eine Debatte um die Aufstellung des deutschen Teams. Wäre es nach Neureuther gegangen, wäre Hronek wohl gar nicht gestartet. "Ich sag mal so", erklärte er und wog seine Worte ein, zwei Sekunden ab: "Wenn man eine Lena Dürr am Start hat, die Moskau gewonnen hat, die eine Slalomfahrerin ist, dann kann man das vielleicht nicht immer ganz so nachvollziehen. Sie ist beim Einfahren auch schon gut gefahren. Naja."

Auch Maria Höfl-Riesch hinterfragte die Aufstellung. "Es ist natürlich schon so, dass Lena Dürr, auch wenn sie nicht die Traumsaison im Slalom fährt, doch die mit Abstand beste Slalomläuferin ist von den dreien", sagte die dreimalige Olympiasiegerin, die bei der WM als Expertin für die ARD arbeitet. "Lena Dürr kann dieses Format sehr gut bewältigen. Warum sie da nur als Ersatzfrau aufgestellt worden ist, das müssen wir nochmal nachforschen."

Dürr hat 2013 den Parallelslalom in Moskau gewonnen, der damals zum Weltcup zählte. Doch seither ist Dürr wie alle anderen deutschen Slalom-Fahrerinnen in den Niederungen einer Formkrise verschwunden. Keine hatte die Qualifikationsnorm für die WM geschafft, Dürr durfte überhaupt nur wegen des Teamwettbewerbs mit nach Amerika fliegen. Dennoch nominierten die Trainer dann mit Rebensburg und Hronek zwei Fahrerinnen, die im Weltcup zuletzt mit guten Ergebnissen nur in den Speed-Disziplinen auffielen.

Frauen-Cheftrainer Markus Anwander rechtfertigte die Aufstellung: "Kann sein, dass der Felix da nicht glücklich drüber ist. Aber die Trainer stellen auf, das war unsere Entscheidung. Die Niki (Veroniqie Hronek, Anm.d.Red.) hat einfach den besseren Eindruck hinterlassen in der letzten Zeit. Es hat sich ja auch bewahrheitet, dass sie das im Griff hat - bis zu dem Zeitpunkt, wo sie ausgeschieden ist."

Hronek hat gegen die Slalom-Spezialisten Mielzynski das Rennen bis etwa sechs, sieben Tore vor Schluss offen gehalten, war dann in Rückstand geraten und hatte zum Schluss vielleicht zu viel riskiert.

Vor den Riesenslaloms und Slaloms bei Männern und Frauen ist der DSV damit weiterhin ohne Medaille. Das war durchaus absehbar nach den Ergebnissen des bisherigen Winters. Dennoch steigt nun der Druck vor allem auf Neureuther, die Bilanz am Ende zu retten.

Sein starker Technik-Partner Fritz Dopfer hatte den Start im Teamwettbewerb abgesagt. Beim Vor-WM-Trainingslager des Verbands in Park City sei es ihm "in den Rücken geschossen", wie er berichtete. "Er ist noch nicht so weit", verlautete es dem deutschen Mannschaftsquartier.

Offiziell soll Dopfer am Freitag trotz seiner Rückenbeschwerden im Riesenslalom und am Sonntag im Slalom starten, beide Male gehört er zu den ersten Anwärtern auf eine Medaille. Doch droht ihm nun ein ähnliches Schicksal wie Neureuther bei Olympia in Sotschi vor einem Jahr, als der 30-Jährige nach einem Autounfall kurz vor Beginn der Wettbewerbe über Nackenschmerzen klagte. Neureuther startete zwar, war aber weit von seinem Leistungsvermögen entfernt.

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Oder gelingt dem 21-jährigen Linus Strasser die Überraschung? Der war zuletzt in Schladming beim Nachslalom in die Weltelite gefahren mit einem fünften Platz. Zu seiner Niederlage gegen den Kanadier Brown erklärte er: "Ich bin richtig schlecht gestartet, bin dann gut ins Fahren gekommen, verliere mein Duell um zwei Hundertstel, das ist schon sehr, sehr schade." Vor allem im Hinblick auf den Slalom am Sonntag machte er aber keinen geknickten Eindruck. "Da gilt's dann, am Start bereit zu sein."

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