Supercup:Frankfurt verliert mit Würde gegen Real Madrid

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Hängender Kopf, aber trotzdem stolz: Frankfurts Cheftrainer Oliver Glasner verlor zwar den Supercup mit seinen Frankfurtern, er ist aber immer noch Europapokalsieger. (Foto: Arne Dedert/dpa)

Gegen meist souveräne Spanier ärgert sich die Eintracht über vergebene Chancen, dann entscheiden Alaba und Benzema die Partie für den Favoriten - Reals Hegemonie in großen Spielen hält damit an.

Von Javier Cáceres, Helsinki

Die finnische Hauptstadt Helsinki ist auch eine dieser Städte, in denen es weiße Nächte gibt; sie beginnen mit dem Tag der Sommersonnenwende. Am Mittwoch lag er schon etwas länger zurück - und doch war Helsinki so weiß wie wohl nie zuvor in diesem Sommer. Oder genauer: das Olympiastadion, das im Stadtteil Töölö liegt.

Die Fans der Eintracht auf den Tribünen waren wie in der vergangenen, triumphalen Europa-League-Saison ganz in Weiß erschienen; die von Real Madrid sowieso. Ausweislich der akustischen Signale, die durch das Rund gingen, bestand kein Zweifel an der Übermacht der Frankfurter. Auf dem Rasen freilich bestand kein Zweifel, wer im europäischen Supercupfinale von Helsinki die Hegemonie hatte. Real Madrid siegte mit 2:0 (1:0). Es war für die Spanier nicht nur der fünfte Supercup, sondern der 98. Titel überhaupt.

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"In so einem Spiel willst du natürlich den Titel holen", sagte Frankfurts Sebastian Rode etwas enttäuscht bei Dazn. "Das hat halt nicht gereicht heute. Gegen den Champions-League-Sieger musst du die Chancen nutzen, das haben wir nicht geschafft." Real-Trainer Carlo Ancelotti meinte anerkennend: "Wir hatten am Anfang Probleme."

Die Eintracht hatte sich in jenen Anfangsminuten darauf konzentriert, die Temperatur der Madrilenen zu eruieren. Den Ball überließen sie den Favoriten. Mit Bedacht. Zum einen trugen sie noch das 1:6 vom Freitag gegen den FC Bayern in den Kleidern, wirkten aber recht bald gut erholt und kess. Zum anderen konnten sie keine Ahnung haben, wie es um die Wettbewerbshärte der noch vom Sommerurlaub gebräunten Madrilenen bestimmt war. Für Real war die Partie in Helsinki das erste Pflichtspiel der Saison.

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Doch Real Madrid ist und bleibt selbst dann Real Madrid, wenn sich das Team eben noch im Liegestuhl entspannte. Es kennt in Finalspielen keine Gnade. Das letzte Mal, dass Madrid ein Endspiel gegen einen nichtspanischen Gegner verlor, liegt bald 22 Jahre zurück. Seit der Weltpokal-Niederlage gegen Boca Juniors aus Buenos Aires im November 2000.

Wenn Real Madrid ein europäisches Finale bestreitet, gewinnen sie meistens auch. So wie diesmal in Helsinki (Foto: Kai Pfaffenbach/Reuters)

Es half den Frankfurtern nichts, dass die ersten gefährlichen Szenen auf ihr Konto gingen. Rafael Santos Borré, der kolumbianische Stürmer, der im Elfmeterschießen im Europa-League-Finale gegen die Glasgow Rangers als Letzter verwandelt hatte, deutete an, dass ihm die großen Spiele besonders liegen. Er war es, der bei den ersten Schüssen aufs Tor der Frankfurter assistierte, mit blitzgescheiten Pässen in die Tiefe, erst auf Ansgar Knauff, dann auf Kamada.

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Dass Knauff im Abseits stand, war insofern unerheblich, als nach seinem Schuss das hängen blieb, was sich auch beim Abschluss von Daichi Kamada zeigen sollte: Real Madrids Torwart Thibaut Courtois tauchte ab und parierte beide Schüsse mit Bravour. Unter den Augen von diversen Altstars übrigens, die das bislang einzige Pflichtspielduell zwischen Real Madrid und der Eintracht bestritten hatten: Hier José Emilio Santamaría, dort Erwin Stein und Dieter Stinka, die beim legendären Europapokal-Endspiel von Glasgow im Jahr 1960 dabei waren.

Real siegte damals mit 7:3. Ebenfalls im Stadion war ein weit jüngerer Ex-Eintracht-Profi: Martin Hinteregger, der im Sommer zurückgetreten war, und von den Eintracht-Fans ausgiebig gefeiert wurde, ehe er sich ans Mikro eines Rechtsauslegersenders aus Österreich begab.

Frankfurts Team sah sich die Feierlichkeiten der Spanier an - immerhin bleibt nun die Champions League. (Foto: Arne Dedert/dpa)

Dass er ihnen sportlich fehlte, war bei den folgenden Chancen der Madrilenen zu sehen. Erst kratzte Frankfurts Verteidiger Tuta einen Schuss von Vinícius von der Linie, dann war es Torwart Kevin Trapp, der mit einer Glanztat einen Schuss des Brasilianers soeben um den Pfosten lenken konnte. Auf Kosten einer Ecke, die sich als fatal erwies, weil die Abwehr der Frankfurter komplett neben sich stand: Toni Kroos flankte von der Eckfahne auf Karim Benzema, der von zwei Frankfurtern nicht am Kopfball gehindert werden konnte. Von der Grundlinie legte Vinícius per Kopf zurück an den Fünfmeterraum. Und dort stand der frühere Münchner David Alaba einsam und allein, um den Ball zum 1:0 über die Linie zu drücken (37.).

Danach zeigte Madrid der Eintracht erst recht auf, dass die Früchte in der Champions League auf Höhe des 72,71 Meter hohen Turms hängen, der zu Ehren der Siegerweite des Speerwurf-Olympiasiegers von 1932, Matti Järvinen, errichtet wurde. Benzema und Casemiro schüchterten die Frankfurter mit weiteren Chancen vor der Pause ein, Vinícius und Casemiro taten es danach. Und der Ball verschwand im Mittelfeld der Madrilenen. Trainer Carlo Ancelotti nennt es aus gutem Grund "das Bermuda-Dreieck".

Zur 58. Minute wechselte Trainer Oliver Glasner Mario Götze und Kolo Muani ein, später kam auch Lucas Alario, doch an der Dominanz der Madrilenen änderte sich nichts. In der 65. Minute traf Benzema aus zentraler Position zum 2:0, Torwart Trapp sah dabei im übertragenen Sinne nicht gut aus, die Abwehr noch weniger. Der Franzose hat nun 324 Tore; eins mehr als Raúl González Blanco.

Real Madrid wollte mehr - und sich vor allem keine Blöße zeigen. Auf dem Rasen geschah nichts mehr von Belang, mit Ausnahme der späten Einwechslung von Antonio Rüdiger für Kroos. Die Eintracht verlor in Würde. Und Real Madrid kann weiter vom übergeordneten Ziel dieser Saison träumen: sechs Titel in einem einzigen Jahr zu gewinnen wie es zuletzt der FC Bayern und zuvor der FC Barcelona getan haben.

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