Hoeneß verlängert beim VfB:Schöne Sätze fürs schwäbische Gemüt

Lesezeit: 3 min

Sebastian Hoeneß übernahm den VfB in akuten Abstiegsnöten. (Foto: Tom Weller/dpa)

Der VfB Stuttgart gewinnt auch gegen Union und wandert Richtung Champions League. Nachricht des Tages ist trotzdem die Vertragsverlängerung von Trainer Sebastian Hoeneß - der nicht nur damit eine Botschaft an die Fans sendet.

Von Christoph Ruf

Es herrschte mal wieder sehr, sehr gute Stimmung in Stuttgart-Bad Cannstatt. So wie eigentlich immer, wenn der VfB Stuttgart eines seiner Heimspiele gewinnt, was ihm beim 2:0 gegen Union Berlin in dieser Spielzeit nun schon zum zehnten Mal im 13. Versuch gelungen ist. Im Mittelpunkt der Feierlichkeiten stand diesmal aber nicht der Stürmer Serhou Guirassy, der wieder mal das 1:0 erzielt (19.) hatte, auch nicht Chris Führich, der das zweite Tor mit einem ebenso platzierten wie stahlharten Schlenzer beisteuerte, den nicht nur Robin Gosens von Union "Weltklasse" fand. Im Mittelpunkt stand auch nicht Maximilian Mittelstädt, der mit Führich eine hoch explosive linke Seite bildete und an fast allen gefährlichen Situationen beteiligt war.

Nein, an diesem Abend ging es ganz eindeutig um den Trainer: Sebastian Hoeneß. Denn der hatte am Morgen einen neuen Vertrag unterzeichnet, der ihn nun bis Sommer 2027 an die Schwaben bindet. Was natürlich erstmal die Frage aufwarf, ob das nicht eine etwas billige Finte sei, ein Trick, um eine hohe Ablöse zu erhalten, falls Hoeneß im Sommer doch zu einer der deutschen Adressen mit noch mehr Prestige und Geld wechselt? Eher nicht. Denn Hoeneß gab vor dem Spiel noch ein paar Interviews. Eines davon dem vereinseigenen TV, das ihn vor dem Anpfiff von der Anzeigentafel herunter schöne Sätze fürs schwäbische Gemüt sagen ließ: "Liebe VfB-Fans, es gibt gute Nachrichten. Unser gemeinsamer Weg geht weiter", sagte Hoeneß, woraufhin Tausende klatschten. Noch deutlicher wurde er beim Sender Dazn: "Wenn ich wirklich mit dem Gedanken spielen würde, mich im Sommer zu verändern, dann hätte ich den Vertrag jetzt wahrscheinlich nicht verlängert", sagte er. Und auch das war ebenso logisch wie erhellend.

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Nahezu parallel verkünden der VfB Stuttgart und der FC St. Pauli die Vertragsverlängerungen mit ihren Trainern Sebastian Hoeneß und Fabian Hürzeler. Das dürfte Auswirkungen bis nach Leverkusen und München haben.

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Alle Spekulationen, ob Hoeneß denn nun in der kommenden Spielzeit den FC Bayern, Bayer Leverkusen oder vielleicht doch gleich eine dann noch zu gründende Weltauswahl trainieren wird, müssen nun also vorerst ruhen. Und das ist nach Lage der Dinge eine wirklich gute Nachricht für den VfB. Denn der VfB hat ziemlich genau in dem Moment begonnen, zu sich und einer zu ihm passenden Spielweise zu finden, als Hoeneß im April 2023 die Geschäfte übernahm.

Umgekehrt ist auch Hoeneß am VfB gewachsen. Und natürlich hat er dort auch den Erfolg, der dafür sorgt, dass Fans klatschen, wenn Trainer ihre Verträge verlängern. Am Schluss seiner immerhin auch zwei Jahre währenden Zeit bei der TSG Hoffenheim hatte er diesen Erfolg nicht mehr. Allerdings hat er sein Auftreten seit der Zeit im Kraichgau auch - und offenbar bewusst - verändert. Verfocht er dort bei öffentlichen Äußerungen oft eine reine Vermeidungsstrategie, die gelegentlich auf Kosten der Substanz ging, ist er heute einer der am besten kommunizierenden Trainer der Liga. An der Aufgabe, als Fast-Absteiger der vergangenen Saison eine entfesselte Mannschaft nicht kleinzureden, ohne dabei jemals großmäulig oder selbstverliebt zu wirken, wären vermutlich auch erfahrenere Kollegen in dieser Spielzeit gescheitert. Hoeneß schafft den Spagat seit Saisonbeginn meisterhaft, lobte auch am Freitag das Team und mahnte dennoch an, dass "Siege niemals selbstverständlich sein dürfen, auch wenn wir gerade relativ oft gewinnen". Und ob er sich nun eine Ausstiegsklausel in seinen neuen Vertrag hat schreiben lassen (wovon man gemäß Branchenlogik ausgehen kann) oder nicht - ein echtes Bekenntnis zum VfB ist diese Vertragsunterschrift allemal. Hoeneß sieht sich in Stuttgart "auf einem guten Weg".

Auch Union hatte seine Chancen - spielte aber die Schlussphase in Unterzahl

Das kann man so sehen, wenn man nach 25 Spielen schon erstaunliche 53 Punkte hat - und einen recht großen Abstand auf Rang fünf. Die Stuttgarter müssten schon einige Spiele verlieren, um am Ende der Saison nicht auf einem Champions-League-Rang zu stehen. Und das letzte Mal verloren haben sie am 20. Januar. Die meisten Spiele gewann der VfB dabei so souverän, dass der gegnerische Trainer nur höflich gratulieren konnte.

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Das tat am Ende auch Unions Trainer Nenad Bjelica, der den Platzverweis von Andràs Schäfer nach Foul an Josha Vagnoman allerdings zu hart fand; und der auch recht hatte, als er von einem "von den Chancen her ausgeglichenen Spiel" sprach. Yorbe Vertessen (3.), Kevin Volland (33./49.) und Lucas Tousart (42.) hatten gute Möglichkeiten - und vergaben sie. Auch der VfB hatte aber noch drei, vier weitere Abschlüsse, von denen zwei an (noch) besseren Tagen vielleicht im Netz gelandet wären. Doch auch wenn Hoeneß pflichtschuldig monierte, dass man in der letzten Viertelstunde ein wenig die Stringenz habe vermissen lassen - genau so wie sein VfB darf man durchaus spielen, wenn man 2:0 gegen einen dezimierten Gegner führt. Und wenn man für den Rest der Saison noch etwas vorhat.

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