VfB Stuttgart nach dem Sieg über Dortmund:Schwäbischer Spirit

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Beim VfB Stuttgart herrscht gute Laune - nicht nur wegen der Rückkehr des Stürmers Serhou Guirassy (2. v. r.). (Foto: Tom Weller/dpa)

Der Sieg über Borussia Dortmund ist ein klares Statement des VfB Stuttgart: Sebastian Hoeneß' Mannschaft lässt sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen - und überzeugt längst nicht nur wegen Stürmer Serhou Guirassy.

Von Felix Haselsteiner

Womöglich führt die Spur noch einmal an den Elfmeterpunkt und von dort aus ins Reich des Konjunktivs. In der zwölften Minute des Heimspiels gegen Borussia Dortmund stand immerhin schon eine bemerkenswerte statistische Anomalie dieser Stuttgarter Saison fest, als Chris Führich seinen Strafstoß in die Richtung des Dortmunder Tors geschossen ... oder vielleicht auch eher gepasst hatte. Die Stuttgarter hatten damit den dritten Elfmeter in Serie vergeben, und das auch noch gegen den BVB, bei dem seit Oktober 2013 (!) kein Torhüter mehr einen Strafstoß gehalten hatte. In den beiden Ligaspielen zuvor hatten Silas und Deniz Undav verschossen.

An so einer Serie kann auch eine eigentlich bestens funktionierende Mannschaft verzagen. Oder zumindest ein Spieler wie der talentierte Neu-Nationalspieler Führich, dem zurzeit so vieles gelingt, bis auf ebenjenen Elfmeter. Der VfB Stuttgart hätte bemerken können, dass diese wundersame Glückssträhne zum Saisonstart vielleicht nicht die Saisonmitte überdauert, sondern mit drei verschossenen Elfmetern und genügend Punkten endet, damit der Abstieg kein Thema mehr wird - aber nicht mit genügend Punkten, um etwas Großes zu erreichen.

Stuttgart gewinnt gegen BVB
:Guirassy trifft, Füllkrug spricht

Das 2:1 des VfB Stuttgart gegen Dortmund fällt viel knapper aus, als es der Spielverlauf vermuten lässt. Während Serhou Guirassys Tor bei seiner Rückkehr den VfB belohnt, findet Niclas Füllkrug deutliche Worte.

Von Felix Haselsteiner

"Das alles Entscheidende" nannte Trainer Sebastian Hoeneß auf der Pressekonferenz die Reaktion in den 79 Spielminuten nach Führichs vergebenem Elfmeter, er nannte es "den Spirit". Dieser Geist mündete am Ende in ein 2:1 gegen Dortmund, das als blankes Ergebnis zwar nicht triumphal klingt, sich aber bei genauerer Betrachtung als eine Art schwäbisches mission statement liest: Dieser VfB ist eine Mannschaft, die den Fast-beinahe-also-wirklich-ganz-kurz-davor-Meister aus Dortmund nicht nur besiegen kann. Sie kann ihn regelrecht an die Wand spielen.

Die "beste Saisonleistung" hatte Stürmer Deniz Undav in der Partie gegen Dortmund gesehen, "ruhig geblieben" sei man nach den vielen vergebenen Torchancen, die zum Elfmeter noch dazukamen. Und wenn das einer sagen kann, dann Undav, zuletzt so etwas wie der Mann mit dem undankbarsten Job im deutschen Fußball. Den Tor- respektive Superlativjäger Serhou Guirassy sollte er für einige Wochen ersetzen, es gelang ihm angesichts der Umstände mit Bravour, immerhin hat er in acht Bundesligaspielen fünf Tore erzielt, drei in Abwesenheit von Guirassy. Nur waren da eben auch die vergebenen Chancen und diese zwei Niederlagen gegen die Nachbarn aus Hoffenheim und Heidenheim, nach denen man nicht von Undavs Toren redete, sondern auch von Undavs vergebenen Chancen und von Guirassys sehnsüchtig erwarteter Rückkehr.

Unterhält mit attraktivem Fußball - nicht mit Witzen: VfB-Trainer Sebastian Hoeneß. (Foto: Harry Langer/dpa)

Selbstverständlich war das die Geschichte dieses Spiels: die Rückkehr des Torjägers, der gleich den entscheidenden Elfmeter verwandelt, den Bann bricht, den Konjunktiv in einen Indikativ umwandelt und gleich noch ein Ausrufezeichen hinten dran setzt. Führich ehrte Guirassy für seine "Riesenqualität" und hoffte, dass er nun fit bleiben würde. Aber dieses Spiel gegen den BVB, in dem Guirassy erst in der 67. Minute eingewechselt wurde, steht für mehr als dessen Rückkehr.

Im Schatten des Goalgetters ist bei den Stuttgartern eine wahrlich beachtliche Mannschaft gewachsen. Es sagt sich so leicht, dass der Trainer Hoeneß seit seinem Amtsantritt im April (unter anderem mit einem 3:3 gegen Dortmund) eine der besten Bundesliga-Mannschaften geformt hat. Er tat das unter erschwerten Bedingungen, denn ihm sind im Transfersommer gleich drei Leistungsträger weggebrochen, Konstantinos Mavropanos, Borna Sosa und vor allem Wataru Endo. Nicht nur fußballerisch, sondern vor allem in dem von Hoeneß angesprochenen Bereich des Spirits.

"Die Jungs haben Charakter, wir haben eine gute Führungsstruktur."

Der liegt nun in anderen Händen, respektive Füßen und sicherlich nicht nur in denen von Guirassy. Führich zählt dazu, der aufblüht in seiner Rolle als Stamm-Außenspieler. Dan-Axel Zagadou zählt dazu, dem man den Ersatz von Mavropanos nicht wirklich zugetraut hätte, der aber nun zur Stabilität beiträgt, trotz seines Wacklers vor dem Dortmunder 0:1, den Niclas Füllkrug ausnutzte. Atakan Karazor wäre ebenfalls zu nennen, der gemeinsam mit dem alten Hoeneß-Liebling vom FC-Bayern-II und von der TSG Hoffenheim, Angelo Stiller, eine Mittelfeld-Zentrale bildet, die in der Liga nur von der aus Leverkusen übertroffen wird.

Darüber hinaus wirkt das auch fußballerisch alles stimmig. "Die Jungs haben Charakter, wir haben eine gute Führungsstruktur", sagte Hoeneß, der seine Aussagen in einem sachlichen, vernünftigen Ton trifft und sich selten zu humoristischen Glanzlichtern hinreißen lässt. Ein wenig blass wirkt er daher neben anderen, kultigen, bunteren Bundesliga-Charakteren auf ihren Trainerbänken.

Aber die Moderation ist neben der taktischen Finesse Hoeneß' größte Stärke. Weil er sich seine Nüchternheit recht unbeirrt beibehält, wie ein guter Wettermoderator. Ganz egal, ob er ein Tief mit Tabellenplatz 18 moderieren muss wie noch im April, oder ein schwüles Rekord-Hoch zum Saisonstart. Oder eine Zukunft, die nach dem elften Spieltag für Stuttgart einen fußballerisch angenehm milden Winter verspricht.

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