Bei der Staatsanwaltschaft München II steht am 1. August ein wichtiger Wechsel an: Der Strafverfolger Hajo Tacke, 55, wird neuer Leiter der Behörde und kurz bevor der Neue kommt, wurden die Ermittlungen in dem wohl spektakulärsten Fall der letzten Jahre abgeschlossen.
In dem "Strafverfahren gegen Ulrich H. wegen Steuerhinterziehung", heißt es in einer Pressemitteilung, die am Dienstagnachmittag verschickt wurde, sei jetzt Anklage erhoben worden. Unter Hinweis auf "besondere Geheimhaltungspflichten" in solchen Steuerstrafverfahren würden keine Einzelheiten mitgeteilt.
Der Nachname des Angeschuldigten Uli Hoeneß war also abgekürzt worden, die Höhe der angeblich hinterzogenen Steuern wurde nicht angegeben und die von der Staatsanwaltschaft vermuteten Tatumstände blieben außen vor. Das ist so üblich, wenn das Steuergeheimnis ins Spiel kommt.
"Jeder Steuerpflichtige muss sich darauf verlassen können", dass "Vertraulichkeit und Verschwiegenheit" gewahrt blieben, hat neulich der Präsident des Bundesfinanzhofs, Rudolf Mellinghoff, in einem Interview unter Bezug auf den Fall Hoeneß betont.
Aber im Fall mit dem Aktenzeichen 68 Js 3284/13 läuft eigentlich nichts, wie es gewöhnlich läuft. Seit April schwirren Mutmaßungen und Gerüchte umher - und das meiste, was so behauptet wird, stimmt nicht. Warum kam seine Selbstanzeige ans Licht, wer hat geplaudert? Hoeneß ließ zwar Strafanzeige gegen Unbekannt wegen Geheimisverrats erstatten, doch das Leck wurde bislang nicht gefunden.
Es ist ein seltsamer und komplizierter Fall geblieben und beim Sortieren der Ereignisse können vielleicht die Vorgeschichte und die Chronologie ein wenig helfen. Seit gut zehn Jahren unterhielt Hoeneß ein heimliches Konto fürs Spekulieren bei der Vontobel Bank in Zürich. Zwanzig Millionen Mark lagerten zunächst auf dem Konto.
Fünf Millionen hat er von dem früheren Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus bekommen. Angeblich soll die Bank Hoeneß einen Kredit über weitere 15 Millionen Mark gewährt haben, für den ebenfalls Louis-Dreyfus bürgte. Hoeneß zahlte das Geld zurück, und wettete vor allem auf Devisengeschäfte. Steuern zahlte er dafür nicht.
Er gewann viel, er verlor auch viel und als die Bundesregierung im vergangenen Jahr ein Steuerabkommen mit der Schweiz plante, soll sich Hoeneß entschlossen haben, den sogenannten Abgeltungsbetrag zu zahlen. In dem Steuerverfahren bestätigte jedenfalls die Bank, Hoeneß habe bereits im Herbst 2012 eine Berechnung des potenziell anfallenden Abgeltungsbetrages in Auftrag gegeben.
Ergebnis der Bank sei eine geschätzte Einmalzahlung in Höhe von 6,3 Millionen Euro gewesen. Im Fall Hoeneß hätte der Fiskus bei Zustandekommen des Abkommens wegen einiger Besonderheiten mehr Geld bekommen als nach dem Scheitern des Abkommens. Aber der Fall Hoeneß ist nicht die Regel. Im Fall Hoeneß soll es um eine Steuerschuld in Höhe von 3,2 Millionen Euro gehen.
Im Dezember 2012 will sich Hoeneß entschlossen haben, eine Selbstanzeige abzugeben, da das Steuerabkommen nicht zustande kam. Als Zeugen für diesen Plan hat er ausgerechnet einen Steuerfahnder benannt, der in Altersteilzeit ist. Die Sache zog sich hin. Da waren die Weihnachtsfeiertage, da ging der zuständige Bankberater in Urlaub - alles schien ruhig.