2. Bundesliga:Klub kritisiert Verhalten der Polizei

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Polizeieinsatz vor dem Gästeblock im Millerntorstadion. (Foto: Blatterspiel/Jan Huebner/Imago)

Beim Zweitligaspiel FC St. Pauli gegen Hannover 96 kommt es zu schweren Zusammenstößen zwischen der Polizei und den Gästefans. Es stelle sich die "dringende Frage nach der Verhältnismäßigkeit", schreibt der Heimklub.

Der FC St. Pauli hat mit Entsetzen auf die Gewalt im Gästeblock von Hannover 96 beim Zweitliga-Topspiel reagiert. Zugleich übte der Klub in einer Stellungnahme einen Tag nach der Freitagspartie Kritik am Verhalten der Polizei. Vor allem den Einsatz von Pfefferspray aus dem Innenraum sehe der Verein kritisch.

"Dadurch wurden Unbeteiligte verletzt und es stellt sich die dringende Frage nach der Verhältnismäßigkeit", schrieb der FC St. Pauli: "Wir hatten uns auf ein Fußballfest zweier starker Teams gefreut, aber was von diesem Abend bleibt, sind verstörende Eindrücke, die Fußball- und Fankultur schwer beschädigen und hoffentlich nicht zu weiteren Eskalationen führen", wurde Klub-Präsident Oke Göttlich zitiert.

Die Ursache für die Ausschreitungen am Freitagabend sei weiter unklar. Ein männlicher Fan wurde Polizeiangaben zufolge im Gästefanblock "erheblich attackiert". Als die Polizei eingriff, kam es im Block zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Fans und Einsatzkräften. Die Partie war wegen der Vorkommnisse für etwa fünf Minuten unterbrochen und dann fortgesetzt worden.

Nach Angaben der Hamburger Polizei vom Samstag waren bei den Auseinandersetzungen mindestens 15 Fans und 17 Polizisten verletzt worden. "Diese Zahl dürfte aber unter anderem wegen des Einsatzes von Pfefferspray deutlich höher liegen", schrieb der FC St. Pauli. Die Fanhilfe Hannover habe über weit mehr Verletzte im Auswärtsblock berichtet. Laut Fanhilfe sei die Streitsituation im Block bereits geklärt gewesen, als die Polizei entschied, den Block zu stürmen. Nach Polizeiangaben musste ein Fan in einem Krankenhaus behandelt werden, ein Polizist habe mehrfache Brüche erlitten. "Eine derartige Gewaltorgie seitens der Polizei bei Fußballspielen haben wir so noch nicht erlebt", sagte ein Sprecher der Fanhilfe. Im Anschluss an die Partie seien Einsatzkräfte von Fans des FC St. Pauli im Stadtviertel mit Flaschen, Steinen und Pyrotechnik angegriffen worden, teilte die Polizei mit.

"Mehr Polizei sorgt nicht für mehr Sicherheit, im Gegenteil", sagt Soziologe und Fan-Forscher Pilz

"Ich kann mir nicht vorstellen, unter welchen Bedingungen es eine kluge Idee sein soll, in einen vollen Block mit Fußballfans zu stürmen. Da ist Eskalation vorprogrammiert", sagte Fan-Vertreter Dario Minden vom Bündnis "Unsere Kurve". Das Verhältnis zwischen Polizei und Fans ist angespannt. "Die Situation ist festgefahren, eine Lösung in einer Art Fan-Polizei-Dialog ist leider realitätsfern", sagte Minden: "Auf Fanseite gibt es gar nicht die Vertretungsstrukturen und sicherlich oft auch überhaupt kein Interesse an einem Dialog, während auf der anderen Seite eine Polizei steht, die oft rechtswidrig handelt." Die Polizei sieht das anders. "Wir haben es hier nicht mit Fankultur zu tun, sondern mit Gewalttätern", sagte Hamburgs Polizeipräsident Falk Schnabel.

Schon nach den gewaltsamen Ausschreitungen beim Niedersachsen-Duell zwischen Hannover und Eintracht Braunschweig in der Vorwoche hatte Fan-Forscher Gunter Pilz den Sinn des massiven Auftretens der Polizei bezweifelt. "Mehr Polizei sorgt nicht für mehr Sicherheit. Im Gegenteil: Mehr Polizei provoziert auch mehr Gewalt", sagte der Sportsoziologe der Braunschweiger Zeitung. Laut Jonas Gabler, wie Pilz Fan-Forscher, hat sich der Konflikt in den vergangenen Jahren zugespitzt. Das massive Auftreten der Polizei würde bei Fans das Gefühl hinterlassen, dass die Polizei nicht differenziert vorgehe. Fan-Vertreter Minden sagt: "Leider bekommt man als aktiver Fußballfan oft das Gefühl, dass die Polizei hier nicht als Teil der Lösung, sondern als Teil des Problems auftritt."

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