Dritte Liga:Bodenständig

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Torschützen unter sich: Unterhachings Aaron Keller (links) gegen den Regensburger Christian Viet. (Foto: Sven Leifer/Foto2press/Imago)

Aufsteiger Unterhaching holt einen Punkt bei Absteiger Regensburg - mit Glück und dank Torwart René Vollath. Das größte Problem in der neuen Saison könnte für die verjüngte SpVgg die körperliche Unterlegenheit werden, vor allem in der Luft.

Von Christoph Leischwitz

In der Nachspielzeit war René Vollath umringt von Getränkebechern - Unmutsbekundungen aus der gegnerischen Fankurve. Doch der Torwart der SpVgg Unterhaching ließ sich nicht beirren, im Gegenteil: Er nutzte die Gelegenheit, um noch mehr Zeit rauszuschlagen, indem er Becher, die überhaupt nicht in seinem Weg lagen, in aller Ruhe hinter die Torauslinie beförderte. In seinem Fall darf man sogar ihn selbst fragen: Ihre Routine tut der Mannschaft gut, oder? "Ich denke, das hat man heute gesehen", antwortete Vollath wenig später im Kabinengang des Jahn-Stadions zu Regensburg. Vollath ist übrigens gebürtiger Oberpfälzer. Aber im Moment sei er "einfach nur leer", er sprach von einem "extrem intensiven Spiel" und von einem "krassen Abnutzungskampf" - den Haching ohne ihn wohl kaum mit einem Punkt beendet hätte.

In der vergangenen Regionalliga-Saison war es gar nicht so sehr aufgefallen, wie viel Ruhe Vollath ausstrahlen kann. Jetzt aber ist diese dringend nötig. "Ein gelungener Auftakt", urteilte dann auch Hachings Präsident Manfred Schwabl. Das Drittliga-Startduell zwischen seinem bayerischen Aufsteiger und dem bayerischen Absteiger endete mit einem 1:1 (1:1) - und der Erkenntnis: Die Saison könnte für Haching unheimlich anstrengend werden. Aber die Mannschaft hat auch das Zeug dazu, ihren Fans viel Spaß zu bereiten. Von denen übrigens, zumindest für Hachinger Verhältnisse, am Samstag recht viele im Auswärtsblock standen.

Hachings Altersschnitt ist seit den Aufstiegsspielen um vier Jahre gesunken

Natürlich: Favorit Jahn Regensburg ärgerte sich hernach mehr über dieses Remis, die Oberpfälzer hatten Riesenchancen vergeben. Aber: Die Mischung aus Jung und Alt scheint zu stimmen bei den Hachingern: Sie hatten nicht nur die becherwerfenden Fans geärgert, sondern auch die Gegenspieler. Besonders deutlich wurde das beim Ausgleich, gerade einmal vier Minuten nach der Regensburger Führung durch Christian Viet. Da schlug Vollath, 33, einen weiten Ball auf den 19-jährigen Aaron Keller, der einen kurzen Regensburger Abwehr-Blackout kaltschnäuzig nutzte. "Ich bin ein Spieler, der generell sehr viel nachdenkt", sagte der junge Schweizer - deshalb habe er sich für den Start in den Profifußball vorgenommen, möglichst wenig nachzudenken. Vor dem Tor klappte das schon mal. Keller übrigens kam wie der Jungprofi Boipelo Mashigo vom Fußballinternat in Bad Aibling, das dank einer Kooperation lange Hachings U23 ersetzte.

In Unterhaching sagen sie immer, die Ausbildung der Talente sei das Wichtigste, aber in der vergangenen Saison hatten sie doch vor allem die Alten rangelassen, um den Aufstieg klarzumachen. Während der Altersschnitt in den beiden Aufstiegsspielen gegen Energie Cottbus bei über 30 Jahren lag, so lag er am Samstag nur noch bei 26. Die Jungs aus dem eigenen Stall dürfen sich austoben, einige Routiniers halten den Laden zusammen. "Wir sind alle Schüler und Lehrer zugleich", das hatte Trainer Marc Unterberger, 34, zwei Tage vor dem Auftakt gesagt. Wobei, einer wie Vollath ist natürlich nur Lehrer. Er musste seinen Vorderleuten in Regensburg auch unentwegt etwas mitteilen, dem Innenverteidiger Raphael Schifferl zum Beispiel, der neu im Team ist und mit der Manndeckung der alten Schule noch nicht so klarkommt.

Das größte Problem in der neuen Saison könnte für Unterhaching die körperliche Unterlegenheit werden. Das Spiel in Regensburg war ähnlich intensiv wie die Aufstiegsmatches gegen Cottbus. Während aber gegen die Lausitzer in zwei Partien am Ende nur zwei gelbe Karten zu Buche standen, waren es in Regensburg nach 90 Minuten schon sechs - der 20-jährige, etwas ungestüme Ben Westermeier hatte nicht nur Hachings ersten Ballkontakt der Saison, sondern nach wenigen Sekunden wohl auch eine der schnellsten gelben Karten der Drittliga-Geschichte. Einige der Verwarnungen waren auch dunkelgelb. "Unsere Spieler waren in den Luftzweikämpfen deutlich unterlegen", analysierte Unterberger. "Wir wollten das Spiel weiter auf den Boden verlagern, das ist uns in vielen Phasen heute überhaupt nicht gelungen." Dann schnappte sich Unterberger am Pressepodium eine Getränkeflasche des Jahn-Sponsors und nahm einen Schluck. Egal, ob leere Becher oder volle Flaschen: Die Hachinger kommen zu Beginn der Saison schon recht cool daher.

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