Reiter von Eckermann in Riad:Das Springreiten hat wieder ein Traumpaar

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Eine Idealrunde nach der anderen: King Edward trägt den Schweden Henrik von Eckermann zum Sieg beim Weltcupfinale in Riad. (Foto: Zohra Bensemra/Reuters)

Ein sensibles Pferd, dessen Reiter es ganz genau inspiziert: In der zurzeit dominanten Mannschaft Schwedens sind Henrik von Eckermann und sein Fuchs King Edward die Goldfavoriten für Olympia in Paris.

Von Gabriele Pochhammer, Riad

Auch Traumpaare sind sich nicht immer einig. Kurz bevor Henrik von Eckermann, 42, beim Weltcupfinale in Riad zum letzten entscheidenden Parcours antrat, schreckte lautes Poltern die Umstehenden auf. Die Stangen des Probesprungs auf dem Abreiteplatz lagen wie Mikado-Stäbchen im Sand, Eckermanns Pferd, der 14-jährige Fuchs King Edward, war auf die Knie gegangen, hatte sich aber wieder hochgerappelt. Der Reiter stand daneben und inspizierte sein Pferd. Alles gut gegangen, nichts passiert. Ein kurzzeitiges Missverständnis, die Distanz hatte nicht gepasst.

Wenig später ritt Eckermann seine fünfte und letzte Nullrunde, gewann mit dem Idealergebnis von null Punkten zum zweiten Mal den Weltcup und die Rekordsiegprämie von 345 000 Euro. "Keine Sorge, wir müssen jetzt ganz ruhig bleiben", habe er versucht, seinem Pferd zu vermitteln. "Das war mental für uns beide schwierig", gab er danach zu, es helfe, wenn Pferd und Reiter sich vertrauen: "Denn King Edward ist sehr sensibel."

Die nächste Zeit darf das Pferd auf Sand trainieren - somit barfuß

Es ist lange her, dass ein Paar den Springsport mehrere Jahre so dominiert hat wie der Schwede Henrik von Eckermann und King Edward: Mannschaftsolympiasieger 2021, Einzel- und Doppelweltmeister 2022, Weltranglistenerster, Team-Europameister 2023. Dass er den cleveren Fuchs unter den Sattel bekam, verdankt er seinem Sohn Noah, dessen Geburt sich vor Olympia in Tokio ankündigte; die Mutter, die international erfolgreiche Schweizer Springreiterin Janika Sprunger, pausierte vorübergehend. Noch heute telefoniert Eckermann vor wichtigen Starts mit seiner Frau zu Hause, berät sich, wie er die Hindernisse angehen soll. "Schließlich kennt sie King Edward genauso gut wie ich", sagt er: "Und es ist wichtig, dass man jemanden hat, der voll hinter einem steht, auch wenn's mal nicht klappt."

Seine Lehr- und Wanderjahre verbrachte Eckermann bei Ludger Beerbaum in Riesenbeck, heute lebt die Familie auf der eigenen Anlage in den Niederlanden. Bei den Olympischen Sommerspielen in Paris wird Eckermann derjenige sein, den es zu schlagen gilt. Bis dahin erhält King Edward eine lange Pause, dann einige wenige Turniere, alle auf Sandboden. Er läuft dort barfuß, also ohne Hufeisen, das ist auf Rasen nicht möglich. Eckermann selbst, für einen Springreiter mit 1,86 Metern relativ groß, hält sich an der Rudermaschine fit. "Wir brauchen keine Kraft in den Armen, sondern im Rumpf, damit wir den Körper benutzen können, um dem Pferd zu helfen. Außerdem mentale Stärke, um schnelle Entscheidungen treffen zu können."

Kollege Fredricson und sein Schimmel sind zusammen flotte 70 Jahre

Auch in der Teamwertung sind die Schweden nach ihrem Sieg in Tokio Favoriten auf Gold, dank Peder Fredricson, Olympiazweiter in Tokio, inzwischen 52 Jahre alt und seit Jahrzehnten eine Stütze des gelb-blauen Teams. In Riad wurde er auf dem bereits 18-jährigen Catch Me Not Dritter hinter dem Franzosen Julien Epaillard, 46. Bei der Parcours-Begehung ist er meist der Erste in der Arena und der Letzte, der geht - in der Hand einen Zettel, auf dem er sich Distanzen und Beobachtungen notiert. "Ich habe halt ein schlechtes Gedächtnis, dann muss ich später nicht bei anderen nachfragen", sagt er. Der Mann hat eine Turnierroutine, von der er kaum abweicht.

Dazu gehört es, sich ein anderes Pferd auszusuchen, das dem eigenen möglichst ähnlich ist und sich dessen Parcours vorher anzuschauen. Bei einem wichtigen Turnier wie dem Weltcupfinale nimmt Fredricson sein Pferd mehrmals täglich selbst an die Longe. Zu Hause bekommt der Schimmel jetzt auch eine lange Pause, darf mit seinem vierbeinigen Freund auf die Weide gehen. "Ein älteres Pferd muss ja nichts mehr dazulernen", sagt Fredricson, "es muss nur spritzig gehalten werden." Das gelte auch für ihn selbst. Er stürzte vor einem Dreivierteljahr schwer mit einem jungen Pferd, verletzte sich im Halswirbelbereich und musste mehrere Wochen pausieren. "Ich war froh, als ich merkte, wie die Kraft allmählich in den Körper zurückkehrte", sagt er. Wenn Fredricsen seinem Schimmel in Versailles in den Parcours galoppiert, zusammen flotte 70 Jahre, dann muss die Jugend der Welt sich beeilen, die beiden einzufangen.

Nur drei Plätze: Bei den Deutschen läuft das Rennen um Olympia

Der deutsche Bundestrainer Otto Becker konnte am Ende nur mit einem seiner drei Reiter, Hans-Dieter Dreher, 52, auf dem zwölfjährigen Holsteiner Schimmel Elysium zufrieden sein. Nach vier fehlerlosen Runden fiel er am Ende wegen zwei Abwürfen im letzten Parcours auf Platz fünf zurück, für den es immerhin noch 105 000 Euro gab. Drehe habe "hier einen tollen Job gemacht", sagt Becker, und so ein Satz zählt im Olympiajahr natürlich doppelt, weil das Rennen um die drei Paris-Plätze begonnen hat. Die beiden Fehler nahm Dreher auf seine Kappe, er hatte sich an einem Steilsprung verschätzt, hinzu kam ein Abwurf in der Dreifachen Kombination. "Mein Pferd war nervig heute, er wusste, es geht um was", erläuterte Dreher. Denn trotz seiner imponierenden Statur ist der Schimmel im Inneren ein Seelchen und mit seinem großen Galoppsprung habe er es in der Halle schwerer als andere.

Christian Ahlmann auf Mandato wurde Dreizehnter und war mit 15 000 Euro noch im Geld. "Ich hatte zwar nicht mit einem vorderen Platz gerechnet, aber etwas mehr hatte ich mir doch erhofft", sagte er. Marcus Ehning erreichte mit Coolio Rang 19, drei Abwürfe in der letzten Runde ließen ihn im Klassement weit zurück. "Ich habe das Pferd noch nicht so lange", sagte er, "da fehlt uns noch die Feinabstimmung." Gefeiert wurde trotzdem. Am Freitag wurde Ehning 50 Jahre alt, aus Borken waren seine Frau Nadia und die vier Kinder angereist.

Die schwedische Fahne flatterte auch über dem Dressurweltcup. Der in Deutschland lebende Patrick Kittel gewann auf Touchdown die Kür mit 81,661 Prozent vor der Dänin Nanna Skodborg Merrald auf Don Olymbrio (81,429) und Isabell Werth auf Quantaz (81,804). Die hohe Favoritin Charlotte Fry wurde - regelkonform - disqualifiziert, weil ihr Hengst Everdale Blutspuren im Maul hatte.

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