Sebastian Vettel gewinnt in Singapur:Blitzschnell zurück im Titelrennen

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Sebastian Vettel siegt beim Nacht-Grand-Prix von Singapur und verkürzt seinen Rückstand auf den WM-Führenden Fernando Alonso auf 29 Punkte. Für die anderen Deutschen läuft es schlechter - Michael Schumacher rammt nahezu ungebremst den Toro Rosso von Jean-Eric Vergne. Und wird bestraft.

Philipp Schneider

Die Verkehrsampeln in der Nacht von Singapur waren gerade erst auf Grün gewechselt, als Pastor Maldonado die Gänge hochjagte in seinem Cockpit, zweiter Gang, dritter, vierter, fünfter, wild blinkten die rötlichen Anzeigen an seinem Lenkrad, dann wieder hinunter in den zweiten Gang, es ging doch schließlich durch diese tückische erste Kurve beim Formel-1-Grand-Prix in Singapur, wo Sebastian Vettel ganz sicher angreifen würde.

Harte Arbeit in Singapur: Sieger Sebastian Vettel. (Foto: Getty Images)

Und Maldonado war jetzt der Gejagte. Die erste Kurve in Singapur sind in Wahrheit drei Kurven: es geht nach links, dann ein bisschen nach rechts, dann wieder nach links. Und als es das letzte Mal nach links ging, da blickte Maldonado nach innen, und er sah: den vom Flutlicht beschienenen Rennwagen von Sebastian Vettel. Tja. Zu langsam, zu spät, Maldonado ließ ihn ziehen. Es war ein kleines Manöver, auch ein riskantes. Doch weil es schließlich gelang, darf Sebastian Vettel nun wieder hoffen, um die Weltmeisterschaft mitzufahren. Weil auch nach diesem Manöver das ganze Rennen nur noch für ihn lief.

Zwei Stunden später reckte er seine behandschuhte Faust in die Luft, in Richtung der Feuerwerksraketen, die am Himmel detonierten; dann parkte er seinen Wagen, und ja, er fuhr mit der warmen Hand über sein Arbeitsgerät. In zärtlicher Geste streichelte er das Chassis, er war so dankbar, dass kein Teil versagt hatte. Nicht einmal die doofe Lichtmaschine.

Es war erst Vettels zweiter Saisonsieg, doch weil hinter ihm der Brite Jenson Button im McLaren noch vor dem WM-Führenden Fernando Alonso im Ferrari über die Ziellinie gefahren war, beträgt Vettels Rückstand (165 Punkte) in der Gesamtwertung nur noch 29 Punkte auf Alonso (194). "Das Rennen hier ist ein Killer", fand Vettel, "es gibt so viele unebene Stellen, dass man stolz sein kann, hier zu gewinnen."

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Der Venezolaner Maldonado hatte sich im Qualifying zu Vettels Leidwesen zunächst den zweiten Startplatz hinter Lewis Hamilton (McLaren) gesichert. Vettels größte Sorge dürfte also gewesen sein, dass er Ewigkeiten ausgebremst werden würde bei seiner Aufholjagd auf Hamilton - doch der wurde in Runde 23 erst langsam, dann immer langsamer. Er rollte gerade noch so von der Strecke, dann stieg Hamilton aus, verschränkte trotzig die Arme hinter dem Rücken und schlich von der Piste. Getriebeschaden. Und plötzlich also war Vettel der Führende.

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Vor dem Rennen waren auch die Reifen ein großes Thema gewesen. Das sind sie natürlich immer, aber in Singapur, bei extrem schwülen Bedingungen, auf einem derart kurvenreichen Stadtkurs, da sind sie entscheidend. "Die Unterschiede in Sachen Reifenperformance sind hier die größten", sagte etwa Alonso. "Es liegen eineinhalb bis zwei Sekunden zwischen den beiden Mischungen", womit er die superweichen und die weichen Mischungen meinte. Und Vettel hatte seine superweichen Reifen beim Start ja richtig gefordert, schon in Runde elf musste er an die Box. Dass er dennoch mit zwei Stopps auskam, das war entscheidend. Und Michael Schumacher?

Er hatte gemeinsam mit seinem Teamkollegen Nico Rosberg einen ganzen Satz der supersoften Reifen geschont, als er beim Abschlussqualifying keine gestoppte Runde gefahren war. Er wollte das überlegene Gummi nutzen, um im Rennen aufzuholen. Doch zunächst hing Schumacher fest auf den Plätzen zehn oder neun. Er fuhr also gerade einmal so mit - bis, ja bis zu diesem Aussetzer, der eines Michael Schumachers eigentlich nicht würdig ist.

Nahezu ungebremst rammte Schumacher in der 40. Runde seinen Mercedes in das Heck des Toro-Rosso-Piloten Jean-Eric Vergne. Autoteile flogen in die Luft, es sah wild aus. Doch beide Fahrer stiegen unverletzt aus, Vergne klopfte Schumacher sogar noch auf die Schulter. Alles tipptopp. "Ich habe definitiv nicht zu spät gebremst", sagte Schumacher zunächst, "etwas Merkwürdiges" sei wohl geschehen. Später gestand er seinen Fehler aber den Rennkommissaren - beim kommenden Rennen wird er zur Strafe zehn Startplätze zurückversetzt.

Nach dem Crash folgte dann die zweite Safety-Car-Phase, und von der ersten hatte vor allem Alonso profitiert: Nachdem erst Narain Karthikeyan die Mauer touchiert und dann Maldonado seinen Wagen mit technischen Problemen abgestellt hatte, war Alonso auf Platz drei vorgerückt. Und Vettel mag langsame Safety-Car-Phasen nicht mehr sonderlich, seit er bereits zweimal in dieser Saison Schwierigkeiten mit der Lichtmaschine seines Wagens hatte - weil die wiederum keine langsamen Geschwindigkeiten mag.

Aber am Sonntag hielt der Wagen von Vettel, an einem Tag, an dem es auch etwas für das Rennen an sich zu melden gab: Singapur bleibt im Rennkalender bis 2017. Die Veranstalter unterzeichneten einen Vertrag mit Formel-1-Boss Bernie Ecclestone.

© SZ vom 24.09.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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