Erste Schwimmfinals in London:So schnell wie die schnellsten Männer

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Die deutschen Athleten hatten sich ja freigenommen an diesem Abend. Die 4x100-Meter-Freistilstaffel der Frauen hatte sich morgens verzockt, Paul Biedermann war über 400 Meter Freistil einfach nur schlecht geschwommen. In beiden Wettbewerben hatten sich die Deutschen zu Kandidaten erklärt, nun mussten sie das Ausscheiden deuten.

Lutz Buschkow, der Leistungssport-Direktor des Deutschen Schwimm-Verbands (DSV), sagte über die Frauen-Staffel: "Es gab die interne Ansage: Britta sollte als Startschwimmerin 90 bis 95 Prozent geben, Silke Lippok und Lisa Vitting sollten dann volle Kraft schwimmen, und Daniela Schreiber einen taktischen Endspurt hinten raus. Das ist natürlich zünftig in die Hose gegangen." Den Wettbewerb gewann am Abend dann Australien vor den Niederlanden und den USA.

Biedermanns Heimtrainer Frank Embacher erklärte die Leistung seines Schwimmers so: "Besonders ärgert mich, dass ich ihm eine andere Maßgabe gegeben habe, als er gewohnt war. Ich habe ihm empfohlen, insgesamt etwas ruhiger und mehr über die Beine zu schwimmen. Dadurch ist dann aber der gewohnte Endspurt auf der letzten Bahn ausgeblieben."

Biedermann musste also ins Olympische Dorf zurückfahren, er wollte sich ein paar Stunden zurückziehen und in ein Kopfkissen beißen. Ob er damit schon fertig war, als das Finale begann, das ist nicht überliefert. Er hätte sehen können, wie sich der Chinese Yang Sun und der Südkoreaner Taehwan Park gegenseitig an ihre Grenzen trieben. Sun gewann, verlor aber gegen den Paul Biedermann von 2009 - der war damals ein Weltrekordzeit geschwommen - um sieben Hundertstelsekunden.

Es gab an diesem Abend nur eine Schwimmerin, die das Duell gegen einen Weltrekord gewann: Shiwen Ye siegte über 400 Meter Lagen in 4:38,43 Sekunden. Skurril dabei: Die 16 Jahre alte Chinesin schwamm ja die gleiche Strecke wie zuvor Lochte und Phelps. Für die abschließenden 100 Meter benötigte sie 58,68 Sekunden. Zum Vergleich: Phelps war nur 36 Hundertstel Sekunden schneller, Lochte gar nur drei.

Ye schwamm also auf die letzten 100 Meter fast so schnell wie die schnellsten Männer. "Wir haben gutes Training in China", sagte sie danach, "in China ist Schwimmen sehr wichtig." Aha.

In London sind von ihr derzeit noch keine Plakate zu sehen - ob es in China welche von ihr gibt, ist noch nicht herausgefunden worden.

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