Die Frage, ob der Deutsche Schwimm-Verband (DSV) seinen Leistungssport-Direktor Thomas Kurschilgen, 62, fristlos kündigen durfte, muss nun vom Landgericht Kassel entschieden werden. In einer Güteverhandlung am Donnerstag konnten sich die Parteien nicht auf einen Vergleich einigen. "Mein Ruf muss wiederhergestellt werden", sagte Kurschilgen. "Dafür benötige ich ein Urteil."
Der DSV hatte Kurschilgen im März 2021 mit Verweis auf eine "erhebliche Pflichtverletzung" freigestellt. Gründe hatte der Verband nicht öffentlich gemacht, allerdings erschlossen sich diese durch die zeitliche Nähe zu einem Bericht des Spiegel über sexuelle Übergriffe durch den Würzburger Langstrecken-Bundestrainer Stefan Lurz. Der Spiegel hatte berichtet, Kurschilgen sei Hinweisen einer Schwimmerin nicht nachgegangen. Vor Gericht wurde nun klar, dass auch der DSV diesen Vorwurf erhebt: Kurschilgen habe durch Untätigkeit "Missbrauch an Minderjährigen Vorschub geleistet".
Kurschilgen habe mit einem unbegründeten Förderantrag Gelder erschlichen, heißt es nun auch
Kurschilgen hält seinen Rauswurf für eine Intrige des im November 2020 neu gewählten DSV-Präsidiums. Er legte dar, dass er sich nicht nur an die im Präventionskonzept des DSV vorgegebenen Schritte gehalten, sondern noch mehr unternommen habe. Allerdings wurde deutlich, dass der DSV in den letzten Wochen weitere Kündigungsgründe nachgeschoben hat. Kurschilgen habe mit einem unbegründeten Förderantrag Gelder erschlichen, heißt es nun auch. Hintergrund ist, dass Kurschilgen beim Bundesinnenministerium Mittel für die Tätigkeit des Trainers Norbert Warnatzsch beantragte. Da dieser in der DDR im Rang eines Majors der Staatssicherheit gestanden sei, sei der Antrag nicht zulässig gewesen, argumentiert der DSV. Ein dritter Kündigungsgrund wurde vom DSV so kurzfristig angegeben, dass er vor Gericht noch nicht thematisiert wurde.
Sollte der mit einem Vertrag bis Ende 2024 ausgestattete Kurschilgen recht bekommen, steht eine Gehaltweiterzahlung von bis zu 500 000 Euro im Raum. Inwieweit das den DSV in Existenznöte bringen würde, wollte Vizepräsident Wolfgang Rupieper in Kassel nicht kommentieren.