Schweiz gewinnt zum Auftakt:Und keiner spricht übers Bändeli

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Fast wie nach einem Eigentor: Breel Embolo reagiert auf seinen Treffer zum 1:0. (Foto: John Patrick Fletcher/Action Plus/Imago)

Politische Debatten? Wollen die Schweizer in Katar nicht führen. Nach einem dürftigen 1:0 gegen Kamerun, bei dem Breel Embolo gegen sein Geburtsland trifft, stellen sich allerdings ein paar sportliche Fragen.

Von Felix Haselsteiner, Al-Wakra/München

Immerhin rein phonetisch betrachtet klingt die Debatte, die die europäische Fußball-Öffentlichkeit derzeit führt, in der Schweiz wesentlich lieblicher. Die One-Love-Binde hatte eigentlich auch der Schweizer Kapitän Granit Xhaka tragen sollen, dann aber hatte die Fifa das Bändeli verboten. Das Bändeli-Gate klingt so nett, dass dazu Kuhglocken in der Vorstellung klingeln und man fast vergessen könnte, wie schwach der Schweizer Verband in der Folge reagierte: Während andere Mannschaften die Entscheidung kritisierten oder gar alternative Protestaktionen vor Anpfiff einübten, wurden bei der Pressekonferenz vor dem Schweizer Auftaktspiel keine Fragen zum Thema beantwortet. "Fußball hat jetzt Priorität Nummer Eins", sagte Xhaka nur.

Rein fußballerisch gab es vor dem Auftaktspiel der Schweizer gegen Kamerun auch genug zu erzählen. Von Xhaka, dem einst kritisierten Kapitän, der beim FC Arsenal in der Form seines Lebens ist, von einer Schweizer Mannschaft, die sich dieses Mal selbstbewusst gibt und in Gruppe G nur Brasilien vor sich sieht; und auch von Kamerun, das sich spektakulär knapp qualifizierte, vom legendären Rigobert Song trainiert wird und bei dieser Weltmeisterschaft vor allem auf Eric Maxim Choupo-Moting im Sturm hofft - der ebenfalls in der Form seines Lebens ist.

Das Fazit nach dem 1:0 am Donnerstagnachmittag lautet allerdings, dass beide Mannschaften rein fußballerisch eine eher dürftige Vorstellung darboten. Vielleicht könnte es im strategischen Eigeninteresse liegen, künftig mehr über Dinge neben dem Platz zu reden.

Die Schweizer, bei denen der Gladbacher Yann Sommer rechtzeitig zur WM wieder fit wurde und sein Comeback im Tor gab, versuchten von Anfang an, die Kontrolle zu übernehmen, ließen aber gute Zuspiele im Strafraum vermissen, weshalb sie in der ersten Halbzeit zu keinem Torschuss kamen. Kamerun auf der anderen Seite hätte die Gelegenheit zur Führung gehabt: Bryan Mbeumo vom FC Brentford übersah den besser postierten Choupo-Moting, Karl Toko-Ekambi von Olympique Lyon hatte ebenfalls gute Gelegenheiten.

Ihren Status als sehr geheimer Geheimfavorit untermauern die Schweizer nicht gerade

Das 1:0 erzielte dann allerdings die Schweiz, mit dem ersten Torschuss nach der Pause. Xherdan Shaqiri hatte auf der rechten Seite viel Platz und konnte in den Strafraum passen - zu Breel Embolo, der sich einst mit 17 Jahren entschieden hatte, nicht für sein Geburtsland Kamerun zu spielen, sondern für die Schweiz. Embolo musste aus sieben Metern nur noch vollenden, verzichtete dann allerdings auf einen Torjubel. "Es war ein schöner Erfolg für die Mannschaft, aber auch besonders für mich und meine Familie", sagte Embolo nachher.

Die Geschichte des 25-Jährigen könnte sich möglicherweise als liebliche Alternativstory zum sportlichen Fazit bei den Eidgenossen anbieten. Gegen offensiv gute, aber defensiv keineswegs unschlagbare Kameruner hatten die Schweizer lange Zeit ihre Mühen, ihren Status als sehr geheimer Geheimfavorit untermauerten sie in al-Wakra allerdings nicht gerade. Das 1:0 allerdings reichte für drei Punkte, die die Schweiz in eine komfortable Ausgangsposition vor dem Spiel gegen Brasilien bringen.

Abseits der politischen Debatten um Binde bzw. Bändeli, die die Schweizer nicht führen wollten, und der sportlichen Debatten um fußballerische Qualität, die sie in den kommenden Tagen wohl führen werden müssen, ist das ein rein statistischer Aspekt, über den immerhin einmal niemand diskutieren kann.

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