WM-Aus für deutschen Schiedsrichter Siebert:Aus Mangel an Autorität?

Lesezeit: 2 min

Im Meinungsaustausch: Schiedsrichter Daniel Siebert und Uruguays Luis Suárez. (Foto: Rodrigo Jiménez/Imago)

Nach dem DFB-Team muss auch der deutsche Schiedsrichter Daniel Siebert aus Katar nach Hause fahren. Auslöser für die Abberufung war die schwierig zu leitende Partie Uruguays gegen Ghana.

Von Javier Cáceres, Al-Rayyan

Die letzten Spiele der Fußball-Weltmeisterschaft werden nahezu ohne deutsche Beteiligung stattfinden. Nach dem deutschen Nationalteam, das in der Vorrunde scheiterte, ist nun auch für Schiedsrichter Daniel Siebert Schluss. Das sah nach Ohrfeige aus: Ein Referee aus einem großen Mitgliedsverband der Fifa, dessen Mannschaft ausgeschieden ist, wäre ein natürlicher Topkandidat fürs Finale. Vorausgesetzt, er hätte seine Sache gut gemacht.

Gemessen an den Hymnen, die Siebert von seinen direkten Vorgesetzten in der Heimat hörte, machte er sie sogar sehr gut. "Aus ganz Europa waren gerade mal zehn Schiedsrichter nominiert", unterstrich Lutz Michael Fröhlich, Chef der deutschen Schiedsrichter, am Donnerstag. Siebert sei "mit seinen jungen 38 Jahren schon dabei und hatte es gleich auch mit der ausgesprochen schwer zu leitenden Partie Uruguay gegen Ghana zu tun". Und: Er habe "seine Stärken und Talente eingebracht und deutlich dargelegt", betonte Fröhlich. Nach Hause musste er dennoch. So wie etwa auch der iranische Referee Alireza Faghani, der unter anderem das Spiel Uruguay gegen Portugal pfiff.

SZ PlusMeinungWM in Katar
:Diesem Turnier triefen die Debatten aus allen Poren

Selten war ein sportliches Großereignis politisch so aufgeladen wie diese Fußball-WM. "One Love", Protestgesten, iranische Frauen, tote Arbeiter, das Gas. Und in der Flut an Diskussionen gewinnt am Ende nur einer: Gianni Infantino.

Essay von Philipp Schneider

Das ist in diesem Zusammenhang eine Erwähnung wert, weil die Summe der kontroversen Entscheidungen bei den Spielen Uruguays gegen Portugal und Ghana wohl zum K. o. des zweimaligen Weltmeisters führten.

Bei der Partie gegen Portugal verhängte Faghani einen Elfmeter gegen Uruguay, wegen eines Handspiels, das angeblich laut Fifa nicht strafbar war. José María Giménez hatte sich im Fallen auf dem Boden abgestützt und den Ball an den Arm geschossen bekommen.

Beim Spiel gegen Ghana gab es erst einen Elfmeter für Ghana und dann zwei Szenen, in denen Uruguay einen Elfmeter forderte (nach möglichen Fouls an Darwin und Cavani). Bei zwei Szenen wurde Siebert vom Videoschiedsrichter Bastian Dankert an den TV-Schirm beordert; bei der letzten Szene nicht. Und diese war nicht eindeutig: Die früheren Referees Manuel Gräfe (Deutschland), Urs Meier (Schweiz) und Javier Castrilli (Argentinien) urteilten: Elfmeter.

Fröhlich, Patrick Ittrich und Eduardo Iturralde (Spanien) waren gegenteiliger Ansicht. Dafür hätte Iturralde bei der Attacke auf Darwin gepfiffen. Warum Siebert nun gehen musste, während Dankert wohl als Back-up bleiben darf? Eine Spekulation unter Referees lautet: Weil er als Autorität versagte. Nach dem verschossenen Elfer für Ghana hatte sich Uruguays Fede Valverde vor dem Fehlschützen aufgebaut und ihm ins Gesicht gebrüllt. Das hätte eigentlich eine gelbe Karte und einen indirekten Freistoß geben müssen.

So oder so: Die Uruguayer fühlten sich doppelt betrogen. Ihr Ärger war umso größer, als sie wegen eines Tores Unterschied ausschieden. Sie protestierten, bedrängten Siebert und sein Team nach Ende des Spiels, Cavani warf den VAR-Bildschirm um. "Hätte ich die Bilder gesehen, hätte ich noch mehr protestiert", bekannte Diego Godín.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusElfmeterschießen bei der WM
:Das größte Drama im Fußball

Die Spanier versagen im Elfmeterschießen gegen Marokko und scheiden im Achtelfinale aus. Was haben sie falsch gemacht? Wie man Elfmeter versenkt und welche Rolle der Kopf dabei spielt: eine Analyse mit Grafiken.

Von Felix Haselsteiner und David Wünschel

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: