Schalke unterliegt Chelsea:Mourinho spielt ein bisschen Jo-Jo

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Hinten stehen und auf Fehler warten: Die Schalker reagieren nach ihrer Champions-League-Pleite fast beleidigt auf die Strategie von Trainer José Mourinho und seines FC Chelsea. Doch angesichts der Effizienz des Gegners muss das junge Schalker Team vor Neid erblassen.

Von Andreas Morbach, Gelsenkirchen

Im Mai 2004 hatte José Mourinho in der blau-weißen Mehrzweckhalle auf dem Berger Feld seinen Premierentitel in der Champions League gefeiert - mit dem FC Porto, beim 3:0 gegen Monaco. Jetzt, neuneinhalb Jahre später, war Mourinho zurück im Pott. Als Coach des FC Chelsea, mit einem 3:0 über seine Schalker Gastgeber. Bei der Rückkehr an die Stätte seines ersten Triumphes musste er eine dringende Durchsage loswerden. Der 50-jährige Fußballweise aus Portugal sprach: "Aufgrund meiner Erfahrung war ich nach dem ersten Spiel nicht in der Hölle, und deshalb bin ich jetzt auch nicht im Himmel."

Das erste Spiel, damit meinte er das 1:2 Mitte September gegen Basel. Eine Heimpleite, fast eine Sensation, die Mourinhos Tiefkühlkicker mit zwei klaren Siegen in Bukarest und Gelsenkirchen aber schon wieder glattgebügelt haben. Auch wenn es den Schalkern schwer fiel, die Drei-Tore-Differenz zu akzeptieren. Allen voran Horst Heldt.

Entscheidung: Fernando Torres (blaues Trikot) trifft zum 0:2 gegen den Schalker Torwart Timo Hildebrand (l.) und Atsuto Uchida (r.). (Foto: Friso Gentsch/dpa)

Normalerweise ist der Manager um eine pfiffige Analyse nicht verlegen, diesmal allerdings musste er in seinem Hirn erst einmal Ordnung schaffen. "Ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll - ohne dass es blöd klingt, nach einer 0:3-Niederlage", hob Heldt dann irgendwann an, bevor er sich zu dem eher vagen Statement entschloss: "Es wäre auch ein anderes Ergebnis drin gewesen."

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Nach dem Auswärtssieg beim FC Arsenal in der Champions League zeigt sich Dortmunds Trainer Jürgen Klopp sehr angetan von seinem Treffen mit Arsene Wenger. Schalkes Chefcoach Jens Keller ägert sich indes darüber, dass die Heimniederlage gegen den FC Chelsea zu hoch ausgefallen ist.

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Heldt meinte einen günstigeren Ausgang für seine Klub. Jedoch musste auch er erkennen, dass die im Vergleich zu Chelsea höhere Quote an Torschüssen, Ecken und Ballbesitz nur nette Randerscheinungen sind, wenn man gleichzeitig stets das Gefühl hat, dass der Gegner nur ein bisschen Jo-Jo mit einem spielt. So wie es Mourinhos abgebrühtes Team mit den Schalkern tat - wobei deren Schlafmützigkeit bei Fernando Torres' Führungstor nach nur fünf Minuten das Naturell der Londoner früh befeuerte.

"Chelsea wollte ja nichts. Die wollten vor dem 0:1 nichts, die wollten nach dem 0:1 nichts. Die haben kein Pressing gemacht, sondern einfach nur auf unsere Fehler gewartet", sagte Heldt nach dem Spiel geradezu beleidigt. Andererseits konnte er eine gewisse Ehrfurcht vor der klinisch reinen Spielweise der Engländer nicht leugnen, als er feststellte: "Chelsea hat das Spiel verschleppt, langsam gemacht. Die Spieler sind liegen geblieben, wenn sie liegen bleiben mussten." Vor allem aber: "Sie waren effizient und schnell, wenn sie erkannt haben, dass wir Fehler machen. Da waren sie uns voraus."

Angesichts der geballten Erfahrung, die der Tabellenzweite der Premier League in kultivierter Sachlichkeit an den Tag legte, mussten die Schalker mit ihrem jungen Team vor Neid erblassen. An der Weisheit des fortgeschrittenen Fußballeralters mangelt es ihnen im Fahrwasser der längerfristigen Ausfälle von Leistungsträgern wie Klaas-Jan Huntelaar, 30, oder Jefferson Farfán, 28, gewaltig. Zumal das lädierte linke Knie von Kevin-Prince Boateng - in Gelsenkirchen längst ein Politikum - inzwischen dazu führt, dass Trainer Jens Keller seinen angeschlagenen Häuptling vom zentralen Mittelfeld in den Angriff verpflanzt hat. Damit Boateng nicht so viel laufen muss.

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Den Schalker Fans tränten die Augen, als sie sahen, wie wenig der 26-Jährige, der sein linkes Bein schon in der Anfangsphase erkennbar nachzog, am Dienstagabend zustande brachte. Da halfen auch der Eifer und die glänzenden technischen Fähigkeiten von Top-Talent Max Meyer nur bedingt weiter. Die Grundhaltung der Engländer hatte der junge Mann dafür komplett durchschaut.

"Chelsea hat uns spielen lassen, bis wir Fehler gemacht haben. Und dann haben sie eiskalt zugeschlagen", erörterte der 18-Jährige grimmig. Ebenso wie Offensivkollege Julian Draxler, der nach den ersten Schalker Punktverlusten und Gegentoren in dieser Champions-League-Runde gedanklich aber schon einen Schritt weiter war. Beim Revierderby gegen den BVB nämlich, am Samstag an gleicher Stätte. "Wir werden aus dieser Niederlage unsere Lehren ziehen", versprach Draxler, der weiß: "Dortmund hat ähnliche Qualitäten wie Chelsea. Aber darauf sind wir vorbereitet und wollen es am Wochenende dann besser machen."

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