Gehaltsobergrenze:Schalke sendet Botschaften nach innen und außen

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Schalke muss sparen - bald aber Großverdiener wie Sebastian Rudy wieder bezahlen, der zuletzt an die TSG Hoffenheim verliehen war (rechts im Spiel gegen Alessandro Schöpf). (Foto: Bratic/Nordphoto/imago)

Die geplante Gehaltsobergrenze von 2,5 Millionen Euro beim Revierklub ist nicht mit einer missionarischen Absicht verbunden - sie könnte aber anderen Vereinen als Muster dienen.

Von Philipp Selldorf, Gelsenkirchen/Köln

"Scheinheilig" seien all diese Diskussionen zur verordneten Einkommensbegrenzung im Profifußball, hat Uli Hoeneß am Wochenende dem BR mitgeteilt, und wie das seine Art ist, bediente er sich dabei der rhetorischen Form des Lassen-Sie-sich-das-ein-für-allemal-gesagt-sein: "Salary Cap können Sie vergessen, weil das überhaupt nicht durchführbar ist." Und überhaupt, so setzte Hoeneß fort, werde der Fußball alsbald wieder "prosperieren" wie in den guten alten Zeiten vor der Corona-Krise.

Die von Hoeneß nun verworfene Diskussion über eine Gehaltsgrenze für Fußballprofis war während der zweimonatigen Spielpause aufgekommen. Speziell in Deutschland wurde Unmut über die Finanzpraxis der Fußballvereine laut. Dass Klubs - trotz seit 15 Jahren steigender Umsätze und Medienerlösen in Rekordhöhe - wegen des kurzfristigen Einnahmeausfalls in Konkursgefahr gerieten, stellte die Funktionstüchtigkeit des Systems in Frage und ließ auch führende Vertreter der Branche nachdenklich werden.

DFL-Geschäftsführer Christian Seifert erklärte der FAZ: "Wenn es möglich ist, Managergehälter zu deckeln, dann muss es auch möglich sein, Gehälter von Beratern und Spielern zu deckeln." Allerdings sei es Sache der Europäischen Union, die rechtlichen Möglichkeiten dafür zu schaffen, erst dann könne es eine einheitliche Lösung für die konkurrierenden großen Ligen geben. Seifert: "Sollten neue Signale seitens der Politik gesendet werden, gebe ich Ihnen Brief und Siegel, dass Uefa-Präsident Aleksander Ceferin zur EU fährt und dort sagt: Lasst uns über Salary Caps, über die Begrenzungen von Ablösesummen und Beraterhonoraren sprechen. Und ich bin der Erste, der ihn begleitet."

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Als jetzt die Verantwortlichen des FC Schalke 04 entschieden haben, vor der Abfertigung neuer Spielerverträge eine Gehaltsgrenze einzuführen, die 2,5 Millionen Euro nicht überschreiten darf, haben sie nicht im Sinn gehabt, die Fußballwelt zu bekehren und dafür mit gutem Beispiel voranzugehen. Diese Selbstverpflichtung ist eine Reaktion auf die wirtschaftlichen Verhältnisse in Gelsenkirchen, die schon vor der Corona-Krise angespannt waren, nun aber prekäre Zustände erreicht haben. Zwar meldete der Klub soeben, er werde zur neuen Saison "in Sachen Ärmelsponsoring ein neues Kapitel aufschlagen", doch ein neuer Premium-Werbepartner ersetzt nicht die Verluste, die allein durch die fehlenden Zuschauereinnahmen entstehen. Knapp zwei Millionen Euro kommen dem Klub da pro Spiel abhanden. Und Seifert hat nun verkündet, dass auch zu Beginn der neuen Saison nicht mit der Rückkehr der Fans gerechnet werden kann.

Den Geist des Klubs wiederzubeleben, das ist der ideelle Überbau des Konzepts

Schalke 04 will mit der hausinternen Gehaltsregel Botschaften nach innen wie nach außen senden. Den eigenen Spielern, die zurzeit auf 30 Prozent ihrer Einkünfte verzichten (die Hälfte davon erstattet der Verein zu einem späteren Zeitpunkt), wird signalisiert, dass die eingesparten Summen nicht in die Sommertransfers fließen sollen. Und jene Spieler, die Schalke verpflichten möchte, sollen wissen, woran sie sind. Womit man sich dann auch ein Bekenntnis zu diesem sehr besonderen, aber manchmal besonders schwierigen Klub erhofft. Den Geist des Klubs wiederzubeleben, das ist der ideelle Überbau des Konzepts, weshalb sich die Botschaft auch an die zuletzt gründlich verprellte Anhängerschaft richtet. Die Fans sollen erfahren, dass ihr Klub nicht existenzbedrohend weiterwirtschaftet wie bisher.

Schalke hat in den vergangenen zehn Jahren mehrmals das Management gewechselt, aber das Gehaltsniveau des Kaders blieb unter den wechselnden Kommandos konstant - hoch. Dass der ehrenwerte, aber recht handelsübliche Verteidiger Matija Nastasic mehr als vier Millionen Euro Jahresgehalt erhält, das darf man schon für bedenklich halten. Selbst ein erfahrener Spezialist wie Christian Heidel, der Mainz 05 mit geringen Mitteln in der Liga etabliert hatte, ließ sich in Gelsenkirchen zu gefährlichen Manövern verleiten.

Dem keineswegs einzigartigen Mittelfeldspieler Max Meyer bot er unter öffentlichem und internem Druck einen Multimillionen-Vertrag an - und war dann heilfroh, als Meyer die Zusagefrist verstreichen ließ. Was Heidel ein halbes Jahr später, im Sommer 2018, nicht davon abhielt, 16 Millionen Euro Ablöse für Nationalspieler Sebastian Rudy zu bezahlen - obwohl dessen Position im Kader hinreichend besetzt war. An diesen Kosten und dem Jahresgehalt in Höhe von circa sechs Millionen Euro hat der Verein immer noch und wohl auch weiterhin schwer zu tragen. Im Moment sieht es nicht so aus, dass die TSG Hoffenheim den zuletzt ausgeliehenen Rudy dauerhaft übernimmt.

Mit einer missionarischen Absicht ist die Schalker Gehaltsreform nicht verbunden, sie könnte aber dem einen oder anderen Klub als Muster dienen. Das würde natürlich noch keine Regulierung des Marktes bedeuten, wäre aber vielleicht ein erster Schritt dazu. Und womöglich kommt dann tatsächlich der Tag, an dem Uefa-Präsident Ceferin und DFL-Chef Seifert in Brüssel vorsprechen werden.

© SZ vom 30.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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